Lenninger Tal

Rathauschef dribbelt in der Nationalelf

Lenningens Bürgermeister Schlecht reist nach Armenien – Treffen drehen sich nicht nur um Fußball

König Fußball gehört die Leidenschaft von Lenningens Rathauschef Michael Schlecht. Mit der Nationalelf der Bürgermeister tritt er am Sonntag in Jerewan gegen Amtskollegen aus Armenien an.

Rathauschef dribbelt in der Nationalelf
Rathauschef dribbelt in der Nationalelf

Lenningen. Die WM 2014 in Brasilien fand ohne Michael Schlecht statt. Nicht, dass der Lenninger Schultes mit Jogis Jungs unterm Zuckerhut in Rio auflaufen wollte. Doch die deutsche Bürgermeister-Elf trat in Brasilien ebenfalls gegen das runde „Leder“ und bejubelte im berühmten Maracanã-Stadion den Viertelfinal-Sieg des DFB-Teams gegen Frankreich. „Aus Termingründen konnte ich leider nicht dabei sein“, sagt Michael Schlecht im Rückblick bedauernd.

Wenn die Nationalelf der Bürgermeister in den nächsten Tagen in Jerewan Fußball spielt, ist der Lenninger wieder mit von der Partie. Heute hebt der Flieger gen Armenien ab. Am kommenden Sonntag erfolgt der Anpfiff der Begegnung mit den armenischen Kommunalpolitikern. Eventuell wird auch noch ein Spiel gegen Vertreter der Deutschen Botschaft in Jerewan ausgetragen. Angestoßen hatte den Besuch einer von Schlechts Mitspielern, der im Kontakt zum hessischen Honorarkonsul von Armenien steht.

„Ich bin gespannt, wie sich das Land präsentiert“, sagt der Lenninger Verwaltungschef und betont, dass sich bei derlei Treffen beileibe nicht alles um den Fußball dreht. Im Vorfeld habe man beispielsweise viel über den im Ersten Weltkrieg von der Türkei an den Armeniern verübten Völkermord gehört. Zudem stehe in Armenien eine Verwaltungsreform an. Vielleicht gebe es auch Gespräche mit Botschaftsvertretern, mit Kollegen und Angehörigen des Parlaments.

Die Reise finanziert Schlecht aus der Privatschatulle und opfert ein paar Tage Urlaub. „Nur um anderthalb Stunden Fußball zu spielen, würde ich das nicht machen.“ Für den Bürgermeister haben die Begegnungen einen völkerverbindenden Hintergrund. „Die Unterschiede in der täglichen Arbeit zu sehen, hilft auch fürs eigene Geschäft“, so der Lenninger, der seit 2010 Stammspieler der Mannschaft ist. „Wenn man sich – wie bei der EM 2012 – mit den polnischen und ukrainischen Kollegen unterhält, kommt man auf den Boden“, sagt Michael Schlecht. Auch könne man sich Ideen holen. „Hut ab vor manchen Gemeinden in den neuen Bundesländern“, so der Rathauschef. „Sie haben dort oft eine vorbildliche Kinderbetreuung.“

Insgesamt sind in der Bürgermeisterauswahl derzeit elf Bundesländer vertreten. „Wir sind etwas südlastig“, räumt Michael Schlecht ein. Begünstigt wird das durch den Wahlmodus in den nördlichen Ländern, der Bewerbern eher im vorgerückteren Alter zum Sprung auf den Chefsessel im Rathaus verhilft. Mit 48 Jahren bewegt sich Michael Schlecht knapp unter dem Durchschnitt. „Wir betreiben zwar keinen Hochleistungssport mehr, aber das Alter reduziert nicht den Ehrgeiz, gewinnen zu wollen“, sagt der Mittelfeldspieler. „Um fit zu sein, versuche ich, morgens regelmäßig in den Wald zu kommen.“

Viel wichtiger, als zu gewinnen, ist für Michael Schlecht, dass die Mannschaft als Einheit auftritt. Neulinge würden deshalb zwar spielerisch geprüft. Sie müssten aber auch menschlich passen. Die Treffen seien immer auch Anlass, Jugendliche in irgendeiner Form zu unterstützen. In Deutschland beispielsweise werden SOS-Kinderdörfer gefördert. Im Ausland wird über Ansprechpartner vor Ort sichergestellt, dass das Geld nicht versickert.

Ursprünglich Handballer, kam Michael Schlecht über einen Freund erst mit 19 Jahren zum Fußball. Seine Stürmerqualitäten bewies er damals mit 30 Treffern in zehn Spielen. Mit dem SC Geislingen stieg er in die Oberliga, der damaligen dritten Liga, auf. Bei den VfB-Amateuren ging er schließlich auf Tuchfühlung mit den Profis. Aus der ganz großen Fußballer-Karriere wurde jedoch nichts.

Im Dress der Nationalelf macht Michael Schlecht Fußball für sich im wahrsten Sinn des Wortes zur schönsten Nebensache der Welt. Bleibt zu hoffen, dass er nicht ähnlich rüden Attacken ausgesetzt sein wird wie bei der EM in Polen vor drei Jahren, damit er ohne Blessuren die Gemeinderatssitzung am Dienstag nächster Woche wird leiten können.