Lenninger Tal

Safran gibt Pralinen den Kick 

Anbau Beate Bientzle aus Unterlenningen erntet inmitten von Streuobstbäumen das „rote Gold“. Vom Pflanzen der Knollen bis zum Öffnen der Blüten ist pure Handarbeit angesagt. Von Anke Kirsammer 

Die geringe Ausbeute macht Safran zum teuersten Gewürz der Welt: In jeder Blüte wachsen nur zwei bis drei Narben. Foto: Jean-Luc Jacques
Beate Bientzle baut in Unterlenningen auf einem Feld Safran an. Foto: Jean-Luc Jacques

Es ist einer der Morgen, an denen Kirchheim im Nebelgrau versinkt, während das Lenninger Tal in bunten Herbstfarben erstrahlt. Umgeben von Streuobstbäumen recken sich auf einem kleinen Acker in Unterlenningen fliederfarbene Blüten der Sonne entgegen. Purpurrot spitzen aus dem Kelch Narben heraus. Kostbare Safranfäden – zwei oder drei Stück pro Blüte –, die süßlich duften und viel mehr können, als den Kuchen „gel“ zu machen. Die Konditormeisterin Beate Bientzle verfeinert ihre Pralinen mit dem edlen Gewürz. „Pistazien oder Walnüsse passen gut“, sagt sie.

Vorsichtig müssen die Safranfäden aus der Blüte herausgeholt werden. Foto: Jean-Luc Jacques

Vor fünf Jahren begann sie, in ihrem Hausgarten Safran anzubauen. Noch immer wachsen die Pflänzchen in einem überschaubaren Beet neben Lauch, Auberginen und Himbeeren. „Es ist absolut wunderbar, dass es hier klappt“, sagt sie. Fürs Gedeihen braucht Safran durchlässige Böden. Die kalkhaltige Erde am Fuß der Alb eignet sich sehr gut. Doch in diesem Jahr wurden die Blüten kleiner. – Zeit, den Safran demnächst zu versetzen.

 

Ist es nicht toll, dass man den Safran jetzt, wenn fast nichts mehr wächst, erntet?
Beate Bientzle

 

Zeit war es für Beate Bientzle nach dem geglückten Versuch auch, sich in größerem Stil an den Anbau zu machen. Der Biolandbauer Arnim Kächele stellte ihr ein kleines Feld zur Verfügung. Dann galt es, Steine zu klauben, die Fläche von Gras und Quecken zu befreien und die Erde von Hand auszugraben. „Es war diesen Sommer für mich und meine Helfer viel Arbeit“, erzählt Beate Bientzle. „Aber ich bin in der Natur. Hier kann ich entspannen“, sagt die ausgebildete „Waldbademeisterin“ und blickt schwelgerisch auf die Flanken der Schwäbischen Alb. Alles war im August schließlich fürs Pflanzen vorbereitet. Doch dann machte ihr das Regenwetter einen Strich durch die Rechnung. Zentimeter hoch stand das Wasser in den Furchen. Geduld war angesagt, bevor sie die an Tulpenzwiebeln erinnernden Knollen endlich setzen und mit einer dicken Schicht Erde bedecken konnte. Zügig trieben die Pflanzen aus.

 

Die Blüten, die über Nacht sprießen, sehen denen von gewöhnlichen Krokussen zum Verwechseln ähnlich. „Ja, Safran ist eine Krokusart“, bestätigt Beate Bientzle. Jeden Morgen fährt sie raus, um die frischen Blüten abzuknipsen, bevor sie sich mit den ersten Sonnenstrahlen öffnen. Zur Haupternte in den vergangenen Wochen waren es bis zu 500 Stück am Tag. Gewinnen lassen sich daraus insgesamt nur rund 2,5 Gramm des teuersten Gewürzes der Welt. „Ist es nicht toll, dass man den Safran jetzt, wenn fast nichts mehr wächst, erntet?“, sagt sie fasziniert. Antizyklisch verhält sich die Pflanze, die überwiegend im Iran angebaut wird, auch im Winter: Dann wuchert sie bis zu einem halben Meter hoch. Im Frühjahr lässt sich das vertrocknete Gras abrechen. Die Mutterknollen bilden Tochterknollen aus. In der nächsten Saison winkt eine noch üppigere Ernte.

Die Safranknollen erinnern an Tulpenzwiebeln. Foto: Jean-Luc Jacques

„Die Blüten öffne ich abends zuhause meditativ“, sagt Beate Bientzle. Um nur allerbeste Qualität zu bekommen, kappt sie an den Safranfäden den unteren hellen Teil. Anschließend trocknet sie die Fäden im Dörrautomat bei weniger als 40 Grad über mehrere Stunden. „Manche rösten Safran oder trocknen ihn in einem warmen Raum. Dadurch entwickelt sich jeweils ein ganz anderes Aroma“, erklärt sie. Einen Unterschied macht auch das Alter. Während frischer Safran blumig riecht, entfalten die Narben nach Monaten ein an Rauch erinnerndes Bukett. Zwar verkauft Beate Bientzle die Fäden in Tütchen, doch empfiehlt sie, sie in einem dunklen Glas trocken zu lagern.

Walnüsse passen laut Beate Bientzle besonders gut zu ihren Safranpralinen. Foto: Jean-Luc Jacques

Die Konditormeisterin rät, auch weil Safran ab einer Dosis von zehn Gramm tödlich sein kann, äußerst sparsam damit zu würzen. Risotto etwa schmecke hervorragend mit Safran. Sie selbst verleiht mit dem leicht bitter schmeckenden Gewürz ihren Pralinen den Kick. Für ein Kilo Masse gibt sie zehn bis zwölf Fäden in die Sahne. Nach zwei Stunden ist das Aroma übergegangen. Erst dann wird die Masse mit den übrigen Zutaten erhitzt. „Zum Abrunden nehme ich etwas Orangengeist“, verrät sie. Weniger ist mehr. Das gilt nach anstrengenden Jahren auch für ihre Arbeitszeiten: In den Genuss der knackigen, innen vom Safran goldgelb gefärbten Pralinen kommt nur, wer samstags auf den Kirchheimer Wochenmarkt geht. Es ist der einzige Markt, auf dem Beate Bientzle ihre Köstlichkeiten verkauft. Daneben beliefert sie noch ein Geschäft in Esslingen. Wenn sie dann zurück nach Lenningen „ins Paradies“ fährt und zu einem Espresso eine ihrer Pralinen genießt, ist ihr Glück perfekt. 

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