Lenningen. Mehr als 30 Asylsuchende, für deren Unterbringung die Gemeinde zuständig ist, sollen nicht auf einem Fleck leben. Das ist der Wille von Lenninger Rat und Verwaltung. Wie sich aus den emotionalen Standortdiskussionen für die vorläufige Unterbringung ableiten lässt, entspricht das auch dem Ansinnen der Bevölkerung.
„Wir wünschen uns, dass möglichst viele Flüchtlinge in privatem Wohnraum unterkommen“, erklärte Lenningens Bürgermeister Schlecht zum wiederholten Mal in der Gemeinderatssitzung am Dienstag. So könne Integration am ehesten gelingen. Zu erwarten ist, dass die Gemeinden vom zweiten Halbjahr an verstärkt Flüchtlinge im Rahmen der Anschlussunterbringung zugewiesen bekommen. „Für 2016 gehen wir davon aus, dass wir mit den eigenen Unterkünften hinkommen“, prognostizierte Schlecht. Doch weil trotz Leerstand das Angebot an privatem Wohnraum recht mager ist und die zu erwartenden Flüchtlinge in den nächsten Jahren in gemeindeeigenen Häusern nicht unterzubringen sind, wurden nun in sechs Ortsteilen bestehende Gebäude oder Freiflächen auf ihr Potenzial abgeklopft. Eine Bebauung soll an verschiedenen Orten auf den Weg gebracht werden:
In Brucken kommt die Fläche des sogenannten „Leki-Areals“ in Frage, in dem in den 90er Jahren bereits Flüchtlinge gelebt hatten. Wie Schlecht sagte, hat die Verwaltung mit einer Vertreterin der Grundstückseigentümer schon ein Vorgespräch geführt. Demnach besteht offenbar die Bereitschaft, das Gebäude zu verkaufen. Im vorderen Teil wären eine erhebliche Sanierung oder ein Abriss nötig, im hinteren Teil müssten noch planungsrechtliche Vorgaben geschaffen werden.
Als geeignet für den Bau einer Flüchtlingsunterkunft hält die Gemeinde ein Grundstück an der Eisenbahnstraße in Unterlenningen. Eine notwendige Bebauungsplanänderung ist laut Schlecht möglich. Erforderlich wäre für den Standort wegen der angrenzenden Bahnlinie aller Voraussicht nach ein Lärmgutachten.
Unter Berücksichtigung, dass die Bereitschaft des Deutschen Roten Kreuzes Lenninger Tal Räume im Rathaus in Hochwang nutzt, könnte das Gebäude saniert werden, damit darin mehr als die jetzigen vier bis fünf Asylsuchenden unterkommen könnten.
In Schlattstall fasst der Gemeinderat ein schräg gegenüber des großen Parkplatzes in der Ortsmitte liegendes Grundstück ins Auge, in Gutenberg zwei insgesamt rund 2 500 Quadratmeter große Flächen an der Ulmer Straße am Fuß der Steige. Für das Gebiet müsste allerdings erst ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Im Ortsteil Schopfloch erscheint dem Gemeinderat ein Areal neben der Metzgerei Dietz im Härtwasen als geeignet.
„Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass wir nur mit dem Finger schnippen müssen, um alles hinzubekommen“, sagte Schlecht. Weil die Gemeinde nicht weiß, ob und wann die Vorschläge umgesetzt werden können, werden sie parallel angeschoben. Wann jeweils gebaut werden kann, hängt unter anderem von Auflagen der Behörden ab. Relativ zügig könnten die Vorhaben in Hochwang und Schlattstall verwirklicht werden.
In Oberlenningen haben sich Rat und Verwaltung nicht auf die Suche nach Flächen für die Anschlussunterbringung gemacht, weil in diesem Ortsteil bereits überproportional viele Flüchtlinge leben beziehungsweise wohnen werden, wenn das Projekt an der Höllochstraße realisiert wird.
Weiterhin möchte die Gemeinde dazu aufrufen, privaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. „Wir dürfen die Kosten aber nicht aus dem Blick verlieren“, so der Bürgermeister. „Für ein Haus, in das zehn Leute reingehen, können wir nicht 400 000 Euro auf den Tisch legen.“ Als Kenngröße nannte er 600 000 Euro für eine Unterkunft, in der 30 Menschen unterkommen.
Für Ratsmitglied Dr. Ulrich Jaudas war die Gemeinde bei der Flüchtlingsunterbringung bisher die Getriebene. „Das ist ein Ansatz, damit sie das Heft des Handels wieder in die Hand nimmt“, sagte er. Falk Kazmaier regte an, noch einmal zu überlegen, wie Asylsuchende privat untergebracht werden könnten. Karl Boßler plädierte dafür, lieber eine Planung umsonst zu machen, um bei Bedarf Alternativen zu haben. Für Georg Zwingmann sind kleine Einheiten der Schlüssel zur Integration. Jürgen Raus Ansatz ist, sich nicht auf die sechs Standorte zu beschränken, sondern generell abzuklären, was machbar ist. Er könnte sich vorstellen, dass Gebäude später als Sozialwohnungen nutzbar sind. Diesen Optimismus teilte Schlecht nicht. Er warnte davor, die Gemeinde jeglicher Entwicklung zu berauben und wehrte sich gegen den Vorwurf, zu spät reagiert zu haben. Einhellig stimmte das Gremium dem Verwaltungsvorschlag zu.