Lenninger Tal

Schüler laden hier ihre Sorgen und Nöte ab

Schulsozialarbeit Karin Reiff, Dilan Inan und Esmahan Cenk sind für die Kinder und Jugendlichen an den Lenninger Schulen eine wichtige Stütze. Von Anke Kirsammer

Dilan Inan (links) und Esmahan Cenk (rechts) haben als Schulsozialarbeiterinnen offene Ohren für die Probleme von Lenninger Grun
Dilan Inan (links) und Esmahan Cenk (rechts) haben als Schulsozialarbeiterinnen offene Ohren für die Probleme von Lenninger Grundschülern. Karin Reiff ist die Ansprechpartnerin am Oberlenninger Schulzentrum. Foto: Jean-Luc Jacques

Die einen werden in Chats gemobbt, die anderen schwänzen die Schule, haben zu Hause Probleme oder schlicht Streit mit den Klassenkameraden. - Fälle, in denen Schulsozialarbeiter wichtige Ansprechpartner sind. Seit sieben Jahren ist Karin Reiff Anlaufstelle am Oberlenninger Schulzentrum. Damit betreut sie 700 Kinder und Jugendliche, die die Förder-, die Werkreal- oder die Realschule besuchen. „Die Schüler kommen inzwischen direkt zu mir“, sagt sie. Schon Fünftklässler klopfen wegen ihren Sorgen bei ihr an.

Immer mehr Realschüler leiden unter dem Leistungsgefälle in den Klassen. Das liegt nicht nur an der weggefallenen verbindlichen Grundschulempfehlung. Verschärft wurde das dadurch, dass an den Realschulen inzwischen auch der Hauptschulabschluss gemacht werden kann, in der fünften und sechsten Klasse aber selbst die schwächeren Kinder auf dem „mittleren Niveau“ unterrichtet werden.

Vermehrt kommen auch Lehrer auf Karin Reiff zu, die Unterstützung in ihren Klassen brauchen. Dabei geht es beispielsweise um die Einführung von Regeln, die Klassengemeinschaft, den Umgang mit Konflikten oder Ausgrenzung. „Viele Schüler haben keine eigene Meinung mehr“, hat die Schulsozialarbeiterin festgestellt. Wenn sie mit den Klassen arbeitet, ist ihr Ziel, demokratisches Handeln einzuüben.

Netzwerke gewinnen gemäß Karin Reiff an Bedeutung: Innerhalb des Bildungszentrums kooperiert sie mit Schul- und Lernbegleitern, Sonderpädagogen und Mitarbeitern des Jugendhauses. Wichtig sind für sie zunehmend aber auch außerschulische Partner wie das Jugendamt, Beratungsstellen, Psychologen und Ärzte.

Ein Schwerpunkt liegt in Projekten: So gestaltet eine Handvoll Siebt- und Achtklässler der Werkrealschule einmal pro Woche einen Nachmittag mit Gleichaltrigen der Verbundschule in Dettingen. Das wecke Verständnis füreinander. „Die gemeinsamen Aktivitäten machen viel Freude“, betont die Schulsozialarbeiterin. Als i-Tüpfelchen plant sie mit den Teilnehmern im Sommer eine fünftägige Fahrt.

„Digitale Helden“ wiederum ist ein Online-Kurs, in dem Schüler und Pädagogen zu Experten ausgebildet werden. Sie lernen den kritischen Umgang mit digitalen Medien und sensibilisieren Mitschüler und Eltern. Darin geht es um den sicheren Zugang zum Internet, um Cybermobbing, Sexting und soziale Netzwerke.

Derlei Themen spielen auch bei der Arbeit der beiden Schulsozialarbeiterinnen an den Lenninger Grundschulen eine Rolle: „Klassenchats sind nicht mehr aus dem Schulalltag wegzudenken“, sagt Esmahan Cenk, die in Oberlenningen beschäftigt ist. Die Grundschüler seien mit WhatsApp und Co aber häufig überfordert. „Es entstehen immer wieder Konflikte, die Kinder wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.“ Ihnen Regeln auch dafür beizubringen, sieht sie deshalb als eine ihrer Aufgaben an.

Unter der Überschrift „Soziales Kompetenztraining“ erarbeitet auch Dilan Inan an den Grundschulen in Unterlenningen und Schopfloch mit den Kindern Lösungen für deren Probleme und Konflikte. Ähnlich wie an den weiterführenden Schulen geht es an den Grundschulen unter anderem darum, die Kinder fit zu machen für die Demokratie. So diskutieren sie im Klassenrat regelmäßig ihre Anliegen. Ausgebildete „Pausenengel“ begleiten auf den Schulhöfen die Pausenaufsicht der Lehrer. Darüber hinaus machen die Schulsozialarbeiterinnen Angebote wie einen Freundschafts- oder Fußballklub, gemeinsames Kochen, Basteln oder Spielen.

„Der Druck auf die Familien ist größer geworden“, sagte Karin Reiff auf die Frage von Gemeinderätin Alice Kurz, die sich nach der Situation in den Familien erkundigt hatte. Mediale Vorbilder hätten einen großen Einfluss. „Die Selbstfindung junger Menschen ist extrem schwierig geworden.“ Bürgermeister Michael Schlecht hob die Bedeutung der Schulsozialarbeit hervor. „Es ist wichtig, dass wir die Leute, die später das Leben gestalten sollen, darauf vorbereiten.“ Das Sozialministerium überlege, ob die Förderung weiterlaufe. „Wer hier spart, spart an der falschen Stelle“, so Schlecht.

Der Beratungsbedarf ist hoch

Seit 2013 gibt es am Lenninger Schulzentrum Schulsozialarbeit. Karin Reiff bekleidet dort eine ganze Stelle. Trägerin ist die Bruderhausdiakonie. Um präventiv wirken zu können, hat die Gemeinde im September 2017 auch an den Grundschulen Schulsozialarbeit installiert. Esmahan Cenk ist mit einer 50-Prozent-Stelle Anlaufstation an der Grundschule Oberlenningen. Ebenfalls mit einer halben Stelle betreut Dilan Inan die Grundschulen in Unterlenningen und Schopfloch.

Viele Schüler nutzen die Anlaufstellen: An der Grundschule Oberlenningen kamen im aktuellen Schuljahr bislang 88 Kinder in die offene Sprechstunde. Daraus entstanden 21 Beratungen. Mit Eltern und Lehrern hatte Esmahan Cenk jeweils sechs Beratungsgespräche. 54 Beratungsgespräche mit Schülern und jeweils neun mit Eltern und Lehrern hatte Dilan Inan in Unterlenningen und Schopfloch. ank