Die Anreise für Olatunji Akomolafe, genannt Komo, hat sich wieder einmal gelohnt: Stolze 6 000 Euro kann er für sein Village Pioneer Projekt (VPP) mit nach Nigeria nehmen. Jungen Menschen auf dem Land wird dadurch eine Perspektive geboten, damit sie nicht in die Städte abwandern. Das beginnt mit der Schulbildung und geht dann in die berufliche Ausbildung über. Ganz klar steht die Landwirtschaft und die damit verwandten Bereiche im Fokus. „Das ist der einzige Weg, eine Vielzahl von Menschen in den ländlichen Gebieten zu halten“, ist die Erfahrung von Komo, Chief des großen Dorfs in seiner Heimat im Westen Nigerias und Agrar-Ingenieur. Studiert hat Komo in Deutschland, wo er seine Frau Elvira kennengelernt hat. Regelmäßig ist er deshalb in Waiblingen anzutreffen, von wo er in Deutschland die Werbetrommel für VPP rührt und Spenden sammelt.
Die Anreise nach Oberlenningen hielt sich daher in überschaubaren Grenzen. Seit 20 Jahren unterstützen die Achtklässler der Karl-Erhard-Scheufelen-Realschule im Rahmen des Unterrichtsfachs WVR (Wirtschaften-Verwalten-Recht) das Landwirtschaftsprojekt unter der Federführung von Karl-Heinz Ritter. Zum letzten Mal konnte er mit seinen Schülern den Scheck an Komo überreichen - Ende des Schuljahrs geht der Lehrer in Pension. „Ich wollte WVR mit dem sozialen Gedanken verbinden“, erklärt Karl-Heinz Ritter. Das Geld, das die Schüler bei Aktionen erwirtschafteten - sei es beispielsweise beim Verkauf von Waffeln, Kuchen oder selbst gezimmerten Vogelhäuschen - sollte einem guten Zweck zugute kommen. Da traf es sich gut, dass Helena und Hans-Jürgen Ertelt aus Brucken gute Kontakte zu Komo hatten. Die eigenen Kinder und die afrikanischen Adoptivkinder des Ehepaars waren Schüler der Lenninger Realschule, und so wurde beschlossen, VPP zu unterstützen. Im ersten Jahr, 1998, war nur die 8a beteiligt. Die Klasse konnte jedoch schon rund 511 Euro an Komo weitergeben. Das Ergebnis wurde im folgenden Jahr von der 8b fast verdreifacht: knapp 1 330 Euro. Der Spitzenbetrag von 7 300 Euro kam 2015 zustande, beteiligt daran waren drei Klassen. In all den Jahren kamen so exakt 89 824,11 Euro zusammen.
Komo hat konkrete Pläne, was in diesem Jahr bei VPP realisiert wird. Das Geld aus Lenningen fließt dabei in den Schulhausbau. Damit die Schüler bei den heißen afrikanischen Temperaturen einen kühlen Kopf bewahren, braucht es vor allem ein entsprechend gedämmtes Dach.
In Nigeria leben 70 Prozent der Menschen auf dem Land. Damit das so bleibt, dafür setzt sich Komo mit vollem Einsatz ein. „Bildung von unten und landwirtschaftliches Wissen - das ist Hilfe zur Selbsthilfe“, überschreibt er sein Konzept. Um die Landflucht gar nicht aufkommen zu lassen, will er jungen Menschen Bildung und Arbeit anbieten. Bevor er eine Schule baut, wird ein Brunnen gebohrt, denn eine gute Wasserversorgung gibt es kaum auf dem Land. Nach der Schulzeit haben die jungen Frauen und Männer Berufsmöglichkeiten in der Landwirtschaft und im Handwerk. Dabei legt Komo großen Wert darauf, dass heimische Arten angepflanzt werden und die Alten ihr afrikanisches Wissen an die Jungen weitergeben - sei es in der Medizin, im Handwerk und damit auch im Werkzeugbau. Bananen, Papaya, Kakao, Aloe Vera, Maniok, Kokosnüsse oder Palmfrüchte können auf den Farmen geerntet werden. Auch Schweine und Hasen werden gezüchtet. „Fleisch kommt bei uns sehr selten auf den Tisch, das ist was Besonderes“, sagt Komo.
Ganz wichtig sind jedoch kulturelle Angebote und Aktivitäten. Es gibt Bibliotheken, und in jedem VPP-Aufenthaltsraum steht ein Fernseher, in dem Interessierte internationalen Fußball anschauen können, denn die Nigerianer kennen sich gut im europäischen Fußball aus. „Attraktionen braucht das Land“, ist seine Erfahrung. Er hat Schulbusse gekauft, damit die weit entfernt wohnenden Kinder keine stundenlangen Fußmärsche zur Schule zurücklegen müssen. Die Rektoren bekommen Motorräder zur Verfügung gestellt, die Lehrer Fahrräder. „Damit sie schnell zur Schule kommen“, sagt Komo.