Lenninger Tal

Seit sechs Jahrzehnten durch dick und dünn

Einst jüngstes Kirchheimer Ehepaar feiert Diamantene Hochzeit

In Erkenbrechtsweiler darf gefeiert werden: Lore und Bruno Vetter erleben ein sehr seltenes Ehejubiläum. Seit 60 Jahren sind die beiden nun verheiratet, haben viel Freude, sicher aber auch so manches Leid miteinan­der geteilt. Ihr Ehrentag ist der 21. Januar. Da begehen die ­beiden 80-Jährigen ihre ­Diamantene Hochzeit.

Seit sechs Jahrzehnten durch dick und dünn
Seit sechs Jahrzehnten durch dick und dünn

Erkenbrechtsweiler. Verliebt wie am ersten Tag? Ein Herz und eine Seele? Lore und Bruno Vetter schmunzeln und erzählen aus ihrem Alltag. Zusammen sind sie stark, auch jetzt im hohen Alter. Vor allem Lore ist angewiesen auf ihren Bruno, der seit ihrem Schlaganfall vor zweieinhalb Jahren nicht nur Herr im Haus ist, sondern auch viele „Hausfrauen“-Pflichten hat. Betten machen, Wäsche waschen, putzen – unter Lores „Aufsicht“ natürlich, damit auch alles hübsch ordentlich wird!

Lore Vetter leidet seit über 20 Jahren an Zöliakie, die Diagnose war ein herber Schlag für die Erkenbrechtsweilerin, die in jungen Jahren als Schneiderin arbeitete. Doch getreu ihrem Lebensmotto „Immer nach vorne schauen“ hat sie sich nach der Kur damals gleich Rezepte besorgt, kauft seitdem das passende Mehl en gros und leitet bis heute eine Selbsthilfegruppe.

Nach dem Schlaganfall schafften die Vetters dann eben eine kräftige Teigknetmaschine an. Die beiden backen alle vier Wochen im Backhäusle Brot. Um fit zu bleiben, sitzt Lore Vetter jeden Tag auf dem Heimtrainer, da ist sie eisern. „Des muss oifach sei“, bekräftigt die alte Dame.

Ehemann Bruno, ein gelernter Schreiner, hat nur noch wenig Zeit für seine gut ausgestattete Werkstatt im Keller. „Nur, wenn man mal irgendwas braucht oder reparieren muss“, sagt er, ansonsten packt er kräftig im Haushalt an.

Ins Auto setzt er sich noch häufig, das ist gar kein Problem, vor allem, wenn doch immer wieder Arztbesuche in Kirchheim anstehen. Im Regal stehen viele Bücher, da­runter auch eine vollständige Sammlung von Karl-May-Bänden. „Die hab‘ ich mir seinerzeit über den Bertelsmann-Buchclub zusammengesammelt“, erinnert sich der rüstige Rentner.

Bruno Vetter, 1936 in Esslingen zur Welt gekommen, wohnte mit seinen Eltern in den 50er-Jahren in Kirchheim. Bei der Hochzeit seines großen Bruders in Erkenbrechtsweiler hat es bei dem damaligen Teenager „eingeschlagen“ – da ist ihm die Lore über den Weg gelaufen. Wie kommt man jetzt „ran“ an das gleichaltrige Mädle? Unermüdlich fuhr der junge Mann am Wochenende mit seinem Fahrrad von Kirchheim nach Erkenbrechtsweiler, klingelte einfach mal an der Haustür, mischte sich unter die Dorfjugend, und irgendwann wurde Lore seine feste Freundin.

„Wir waren 1956 das jüngste Paar, das in Kirchheim geheiratet hat“, lacht Bruno, „und wir haben damals das Vormundschaftsgericht ausgetrickst“ – die Behörde möge dies 60  Jahre später großzügig verzeihen. 1956 war man mit 20 nämlich noch nicht volljährig. Da gab’s nur einen Weg: „Sorg‘ mal für Nachwuchs“, hat ihm ein Kumpel geraten, „dann müssen sie euch eine Heiratserlaubnis geben“. Und das hat geklappt. Am 21.  Januar 1956 gaben sich Lore und Bruno auf dem Kirchheimer Standesamt das Ja-Wort.

Zwei Jahre später zog die kleine Familie ins elterliche Haus nach Erkenbrechtsweiler. Fünf Kinder kamen zur Welt, drei Buben und zwei Mädchen, insgesamt acht Enkel bilden mittlerweile die nächste Generation. Finanziell kam Familie Vetter „zurecht“. Sie wohnten im Haus von Lores Eltern, später haben sie es übernommen. Vom Moped konnte Bruno in den 60er-Jahren auf einen Ford 12  M umsteigen. Gelegentlich waren Urlaube im Bregenzer Wald drin, später auch in der Schweiz. „Ansonsten haben wir immer viel gearbeitet, fünf Kinder großgezogen – und dann noch der große Garten!“

Das Paar, das nun diamantene Hochzeit feiert, betrachtet das gemeinsame Leben mit all seinen Höhen und Tiefen so: „Es ist ja schon eine Gnade, wenn man das erleben darf, was wir alles erlebt haben“. Da beide viel Kraft aus ihrem Glauben schöpfen, wird das seltene Ehejubiläum am Sonntag in der Neuapostolischen Kirche in Erkenbrechtsweiler feierlich begangen, anschließend geht’s zum großen Familienessen.