Wer mit dem Fahrrad das Lenninger Tal an der Lauter entlangfährt, wird kurz vor Gutenberg von einem Naturschauspiel überrascht: Das Wasser sprudelt über zahlreiche, moosbewachsene Sinterterrassen und -becken hinunter. Entstanden sind sie durch das kalkhaltige Wasser der Schwäbischen Alb. Am Dienstag hat der Verein Unesco Global Geopark Schwäbische Alb das Phänomen als ersten Geopoint im Landkreis Esslingen eingeweiht. Eine Infotafel lädt nun dazu ein, sich näher mit dem Geotop zu befassen, das durch ausfallenden Kalk entstanden ist.
Höhlen, Vulkanschlote, Maare und Dolinen - die Schwäbische Alb ist reich an bedeutsamen erdgeschichtlichen Objekten. Eine Vielzahl von Geotopen finden sich insbesondere auf Lenninger Markung. Ebenfalls als Geopoints ausgewiesen sind nun der Höllsternbröller in Gutenberg sowie an der Pfulb das „geköpfte“ Tal, die Binsenlache und eine Doline. Insgesamt gibt es im Landkreis Esslingen rund 50 Geotope. Zehn davon sollen Geopoints werden. Wichtig ist, dass sie frei zugänglich sind und der Besuch nicht mit dem Naturschutz kollidiert - einer der Gründe, warum die Sinterterrassen in der Verlängerung der Gutenberger Grünenbergstraße ausgewählt wurden und nicht die Kalktuffterrassen im Donntal.
Vorreiter für das geplante Besucherlenkungskonzept ist der Landkreis Esslingen, unter anderem weil der Geopark dort bislang nicht so präsent ist wie das Label Biosphärengebiet. „Wir wollen das Interesse am Geopark wecken“, erklärte Dr. Siegfried Roth, Geschäftsführer des Vereins Geopark Schwäbische Alb. Zudem gehe es um Regionalentwicklung. „Die Leute sollen hier auch Geld liegen lassen.“
Die Alb habe geologisch so viel zu bieten wie keine andere Landschaft in Deutschland, so Roth. Beispielhaft nannte er das durch einen Meteoriteneinschlag entstandene Nördlinger Ries und das Unesco-Welterbe Limes, weshalb er auch den Slogan vom „Geopark der Superlative“ in den Mund nahm. Geplant sei, die Besucher gezielt zu den Geoinfostellen zu führen. Im Landkreis Esslingen sind sie im Naturschutzzentrum Schopflocher Alb, im Freilichtmuseum Beuren sowie in der Therme angesiedelt. Dort können sich die Besucher näher über die Geo-points informieren. Angewiesen ist die mit nur drei hauptamtlichen Kräften ausgestattete Lenkungsgruppe des Vereins auf Helfer wie die Landschaftsführer des Naturschutzzentrums Schopflocher Alb, Dr. Roland Krämer und Reiner Enkelmann, sowie dessen Leiter Dr. Wolfgang Wohnhas, die als verlängerter Arm Projekte im Sinne des Geoparks anbieten. „Sie überlegen beispielsweise, welche Geotope es verdient haben, Geopoint zu werden“, erläuterte Roth.
Das Naturschutzzentrum ist seit 2011 Infostelle. „Wir sind nicht nur Nordportal des Biosphärengebiets, sondern auch des Geoparks“, erklärte Wohnhas, der auf die strategisch gute Lage verwies. So gehöre das nahe gelegene Randecker Maar zu den 77 bedeutendsten Geotopen in Deutschland. „Wir wollen die Besucher auch für den Erhalt sensibilisieren“, betonte Wohnhas.
Reiner Enkelmann kündigte an, im Zuge der Ausweisung der Geopoints werde ein Faltblatt erarbeitet. Zudem soll nächstes oder übernächstes Jahr ein Buch erscheinen, in dem die geologischen Besonderheiten der Schwäbischen Alb vertieft dargestellt werden.