Das Tempo auf der Teckbahn ist mit 60 Kilometer pro Stunde nicht gerade rasant. Die Zählung der gesamten Strecke beginnt bei Kilometer 6,3 am Kirchheimer Bahnhof und endet bei Kilometer 17,4 in Oberlenningen. Kurz vor Streckenkilometer 7,0 fährt der Zug über das, was das Brückenportal der Deutschen Bahn als „Eisenbahnüberführung über anderen Wasserlauf“ beschreibt. Die Brücke ist in der schlechtesten Zustandskategorie „ZK4“ eingestuft. „Bei Brücken dieser Zustandskategorie ist eine Instandsetzung nicht mehr wirtschaftlich“, sagt Bahnsprecher Roland Kortz. „In diesen Fällen ist es sinnvoller, die Brücke komplett zu ersetzen.“ Erneuerung sei nach heutiger Planung im Jahr 2026 vorgesehen. Die Zustandskategorie sage aber nichts über die Betriebssicherheit. „Selbst Brücken der schlechtesten Zustandskategorie sind sicher.“
1 086 marode Bahnbrücken in Deutschland hatte die Bundestagsfraktion der Grünen vor Kurzem gemeldet - das fand in der Presse ein reges Echo. Die Deutsche Bahn wehrte sich: Die Daten stammten aus dem Monat April, die Bahn habe damals bereits umfassend informiert, sie unterhalte in Deutschland mehr als 25 000 Eisenbahnbrücken und habe in den letzten beiden Jahren schon 200 Brücken erneuert. Laut der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bahn und Bund sind zwischen 2015 und 2019 rund 28 Milliarden Euro in die Schieneninfrastruktur geflossen, allein aus diesen Mitteln würden 875 Brücken modernisiert.
Doch die 1 086 maroden „ZK4-Brücken“ sind nicht alles. Auch Brücken der Zustandskategorie 3 haben umfangreiche Schäden, die aber die Standsicherheit nicht beeinflussen. Die Teckbahn hat gleich drei solcher Brücken: Es sind die Fachwerkbrücke bei Kilometer 12,9 in Owen und die Stahlbrücken bei Kilometer 7,6 südlich vom Haltepunkt Kirchheim-Süd und bei Kilometer 15,0 in Brucken, die letzte Brücke über die Lauter vor dem Endpunkt.
Nach heutigem Planungsstand, so Bahnsprecher Kortz, seien diese drei Brücken ebenfalls 2026 zur Erneuerung vorgesehen. Das ist kein Zufall, denn Streckensperrungen will die Bahn möglichst bündeln. „Bei der Auswahl wird auch die Entwicklung des technischen Zustandes berücksichtigt“, sagt Kortz, „die Belastung der Strecke und die Geschwindigkeit.“
Die Brücke über die Lauter an Kilometer 12,9 sollte nicht mit ihrem direkten Nachbarn verwechselt werden, der Betonbrücke über die Schießhüttestraße an Kilometer 13,0. Sie wurde 2008 erneuert und ist Zustandsklasse 1, die Bestnote. Warum schleicht der Triebwagen dann trotzdem mit Tempo 20 darüber? Kurz danach kommt ein ungesicherter Bahnübergang. Bekommt dieser endlich Schranken? Nein, sagt Bahnsprecher Kortz, er solle im Jahr 2021 zurückgebaut werden. „Daher ist eine technische Nachrüstung nicht mehr vorgesehen.“
Teckbahn schafft Tempo 120
Warum eigentlich darf die Teckbahn höchstens Tempo 60 fahren? Das liegt nicht an den Brücken, der Oberbau würde deutlich mehr erlauben und der Triebwagen der Baureihe 650 locker Tempo 120 schaffen, sagt dazu Bahnfachmann Roland Kortz. Durch viele Halte ergäbe sich auch bei mehr Tempo kein nennenswerter Fahrzeitgewinn.
Bleibt die Frage, was nennenswert ist: Die sehr ähnliche Tälesbahn nach Neuffen hat ebenfalls fünf Zwischenhalte, die noch dichter aneinanderliegen, und ist dennoch ein ganzes Drittel schneller.