Lenninger Tal

„Vom Wasser haben wir‘s gelernt“

Der Denkmaltag am 13. September steht unter dem Motto „Handwerk – Technik – Industrie“

Der Denkmaltag lädt ein, Stadt, Land, Lauter zu erwandern wie einst der Müller, talauf-, talabwärts, und stets dabei bedacht, Orte von „Handwerk – Technik – Industrie“ zu entdecken. Das empfiehlt das Denkmaltag-Motto.

„Vom Wasser haben wir‘s gelernt“
„Vom Wasser haben wir‘s gelernt“

Lenninger Tal. Das Wasser treibt das Mühlrad an, damit die Gewerke mahlen, sägen, stampfen, pressen, reiben, schleifen, polieren, pumpen. Die Energiequellen im Lautertal und die Schöpf- und Pumpbrunnen sorgten stets für Lebens- und Arbeitsbedingungen. Ab dem 16. Jahrhundert entwickelten sich aus den ehemaligen Lehenmühlen die vorindustriellen Handwerksbetriebe durch die bürgerliche „Ehrbarkeit“ und durch die Handelsstraßen zu städtischen Märkten. Die alten Mühlen mit mehreren Werken konnten durch „Gänge“ umgerüstet werden zu Mahl-, Säge-, Öl-, Gips-, Schleif-, Loh- und Papiermühlen. Gewerbe und industrielle Betriebe finden sich am Lauter-Ursprung in Schlattstall und Gutenberg, in Ober- und Unterlenningen, dann treibt die Lauter die Bruckener und Owener Turbinen an. Sie fließt langsamer talabwärts zu den Dettinger Wasserkraftwerken am Triebwerkskanal der ehemaligen Tuchfabrik nach Kirchheim.

Diese Betriebe entwickelten sich aus den naturbedingten Gegebenheiten, durch Aufkauf von Mühlen und Wasserrechten, Bündelung von Grundbesitz, Bau oder Erneuerung von Mühlkanälen und innovativen Wasserkraftanlagen. In Oberlenningen führen seit 1893 die Kanäle der Papierfabrik Scheufelen zu den Turbinen am Kugelbergle und seit 1923 zum T 13 am Wachtelberg. Wasserkraft konnte in elektrische Energie umgewandelt werden. Mit fortschreitenden technischen Erfindungen verdrängten neue Arbeitsplätze in den Fabriken manch alten handwerklichen Beruf. Durch den Bau der „Lenninger Thalbahn“ erschlossen sich moderne Verkehrs- und Transportwege, Handel und Gewerbe entwickelten sich. Gewerkschaften, Krankenkassen und Genossenschaftsbanken förderten das Wohl der lohnabhängigen Bevölkerung.

In dem nach Süden hin schmäler werdenden Lenninger Tal und durch die Realteilung im Erbfall blieb jedoch der oft kleine landwirtschaftliche Betrieb stets eine zweite Lebensgrundlage. So war auch in Kriegs- und Krisenzeiten die soziale ländliche Struktur beständig, traditionsbewusst. Und doch war die wachsende Bevölkerung aufgeschlossen für neue Lebensformen durch ein aufblühendes Vereinsleben und zunehmende Bildungschancen. Die seit Generationen tradierte Lebensweise machte manchen fleißigen, fromm-nüchternen Handwerker zum Tüftler, Techniker, zum Fabrikanten. „Das sehen wir den Rädern ab, die gar nicht gerne stille stehn“, besingt das Wanderlied den stetigen Wandel, den Fortschritt. Handwerkerklassen, technische Museen und IHK-Ausbildungsprogramme fördern diesen Fortschritt. Die lokalen Gewerbeschauen und Ausbildungsmessen bekunden das. Der weltweite Wettbewerb fordert Innovationen, aber auch Opfer von Arbeitsplätzen. Das Handwerk freilich hat noch immer einen „goldenen Boden“: Handwerkerfleiß bleibt hoch geschätzt und Nachwuchs dringend gefragt.

Denkmaltage wollen Impulse geben, Kulturgüter zu bewahren, und zu Ideen anzuregen für deren Erhalt und Nutzung. Längst sind nicht nur Kirchen, Schlösser oder Fachwerkhäuser Kultur stiftende Bauten. Die technische Entwicklung und die Industrialisierung der vergangenen 200 Jahre haben ganze Landschaften und Orte geprägt mit Industriebauten von architektonischem und sozialgeschichtlichem Wert. Von namhaften Architekten wie Philipp Jakob Manz oder Ludwig Eisenlohr gibt es im Lenninger Tal denkmalgeschützte Industriebauten. Handwerkskammern im wörtlichen Sinn mit Werkzeug, Gerätschaft und Maschinen aus großväterlicher Zeit sind derzeit noch verschlossen. Beispiele finden sich etwa in den Räumen der ehemaligen Leuze-Baumwollspinnerei in Unterlenningen, in den Werkstätten eines Lenninger Wagners und einer ehemaligen Schreinerei. Die private Sammlung historischer Technik bei Metallbau Dangel ist längst eine lohnende Ausflugsadresse, selbstverständlich nach entsprechender Anmeldung.

Die Räder der technischen Entwicklung in die digitale industrielle Epoche drehen sich immer schneller. Vielerorts gibt es nicht nur romantische Mühlenwanderwege, sondern bereits Industriepfade. Das wäre auch im Lenninger Tal denk-würdig.

Am Sonntag, 13. September, öffnen in Lenningen die Kirche Sankt Martin ab 10 Uhr, mit einer Führung um 14.30 Uhr, und die Schopflocher Johanneskirche mit einem musikalischen Gottesdienst um 10 Uhr ihre Türen. Auch das Oberlenninger Schlössle bietet von 11 bis 17 Uhr Führungen durch den Fachwerk-Renaissancebau an.

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