Lenningen. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, durch das Martina Votek an diesem „Schmotziga Doschdig“ geht: Am Morgen hatte die erste Zunftmeisterin der „Lenninger Hexa“ sich ihr Kostüm übergestreift, das Gesicht geschminkt und den spitzen Hut aufgesetzt. „Da stehst du und bist ein anderer Mensch“, sagt sie noch ganz beseelt. „Das macht was mit einem. Ich wollte mich gar nicht mehr zurückverwandeln.“ Doch am späten Vormittag, wenn der „Schmotzige“ sonst erst richtig zum Laufen kommt und die Närrinnen durch die Geschäfte ziehen, war gestern alles schon wieder vorbei.
Holen sich die 25 „Hexa“ normalerweise am Morgen mit großem Tamtam den „Segen“ des Schultes, so stattete Martina Votek Bürgermeister Michael Schlecht in voller Montur dieses Jahr alleine einen Besuch ab. Natürlich durfte an Weiberfasnet die Schere nicht fehlen. Ratsch - war die Krawatte ab und wurde feierlich am Hexenbesen befestigt. Erstmals gehörte zum Kostüm auch eine Maske. Zwar keine schauerliche, sondern ein zum „Hexa“-Outfit passender Mundschutz.
„Wir vermissen euch“, prangt nun am Oberlenninger Rathaus. Vier einsame Strohhexa machen klar, wer hier bis Aschermittwoch eigentlich das Sagen haben müsste. Seit 2006 ist kein Rathaussturm in Lenningen ausgefallen. Die Rote Wurst und die Party auf dem Marktplatz sind sonst genauso obligatorisch wie der vorherige Umzug, in den sich fantasievoll verkleidete Kinder und andere Zünfte mit Pauken und Trompeten einreihen. „Es ist unheimlich traurig“, dass all das ausfällt, sagt Martina Votek. Noch dazu hätten der frisch verschneite Ort und ein stahlblauer Himmel den perfekten Rahmen abgegeben.
„Wir machen das Beste draus und werden kreativ“, sagt die Zunftmeisterin. Mit Videos und Botschaften in den sozialen Medien retten sich die Narren durch die „fünfte Jahreszeit“. Und am Abend wird virtuell gefeiert. „Ich hoffe doch, dass da alle geschminkt und im Kostüm vor ihren Bildschirmen sitzen.“ Anke Kirsammer