Weilheim und Umgebung

Als Fußball noch ein Kampfsport war

Jubiläum Am 1. Mai vor 125 Jahren wurde im Gasthaus Krone der TSV Holzmaden gegründet. In schwierigen Zeiten kann der 700 Mitglieder starke Verein auf neue Formate und alte Freundschaften bauen. Von Thomas Zapp

Drei Mal hat der TSV den Teckbotenpokal ausgerichtet, hier eine Aufnahme des Organisationsteams aus dem Jahr 2008.
Drei Mal hat der TSV den Teckbotenpokal ausgerichtet, hier eine Aufnahme des Organisationsteams aus dem Jahr 2008. Foto: Archiv
Das Sportgelände in Holzmaden. Foto: Jean-Luc Jacques
Das Sportgelände in Holzmaden. Foto: Jean-Luc Jacques

Im Jahr 1896 hatte Deutschland noch einen Kaiser und in Athen fanden die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit statt. Der heutige „König Fußball“ fristete damals noch ein Schattendasein und hatte eher den Ruf einer britischen „Kampfsportart“. So verwundert es nicht, dass das runde Leder bei der Gründung des TSV Holzmaden am 1. Mai vor 125 Jahren bei Hermann Knaupp im Gasthaus „Krone“ in der Friedhofstraße noch keine Rolle spielte, sondern die Leichtathleten und Turner den Ton angaben. Laut Protokoll traten damals 16 Mitglieder und zehn „Zöglinge“ dem Verein bei.

Die Fußballabteilung kam erst 30 Jahre später und wurde von den damals dominierenden Turnern misstrauisch beäugt. „In der Chronik steht, dass man dafür sorgen sollte, „dass der Turnbetrieb dadurch keinen Schaden erleiden sollte“, erzählt Rainer Stephan, seit mehr als 40 Jahren Funktionsträger im TSV und im Jubiläumsjahr für die Vereinschronik zuständig. Die Fußballer kamen zwar spät, sorgten aber dafür, dass 1927 der erste Sportplatz an der Aichelberger Straße entstand und zwei Jahre später sogar eine Turnhalle, die heute noch steht. Es sollte 40 Jahre dauern, bis der TSV an selber Stelle ein richtiges Vereinsheim bekam.

Die Sportkameraden beim festlichen Umzug durchs Dorf. Foto: pr
Die Sportkameraden beim festlichen Umzug durchs Dorf. Foto: pr

Doch all das war nicht nur relativ klein, sondern lag auch am Ortsrand. Umso reizvoller schien daher die Idee eines Sportzentrums im Herzen von Holzmaden. Die ersten Pläne für die Gemeindehalle und einen Sportplatz auf dem Brühl kamen 1961 auf den Tisch. Aber auch damals brauchten Entscheidungen in der Kommunalpolitik ihre Zeit: Eingeweiht wurde die Anlage 35 Jahre später, dafür mit einem perfekten Timing: Pfingsten 1996 wurde auf den Monat genau das 100-jährige Vereinsjubiläum gefeiert. Die langjährigen Mitglieder geraten heute noch ins Schwärmen. „Die Feier ging über vier Tage, mit einem großen Umzug durch den Ort und 2000 Leuten im Festzelt, so etwas wird es nie wieder geben“, sagt Rainer Stephan: Ein Jahr Planung und ein finanzielles Risiko, das sei heute kaum noch einer bereit zu tragen. Außerdem werden die Auflagen immer kostspieliger. Damals kos­tete der Eintritt 20 Mark, um auch Bands wie die „Alpenrebellen“ zu finanzieren.

1996 war ohnehin ein besonderes Jahr: Auch das neue Vereinsheim wurde damals gebaut. Dass der Verein zu seinem 100. in voller Blüte stand, verdankte er auch der Mehrzweckhalle, die schon 1982 auf dem Brühl erbaut worden war. „Das gab einen enor­men Schub für den Verein“, erinnert sich der erste Vorsitzende Herbert Kirschmann. In der Halle konnte sich auch über mehr als zwei Jahrzehnte die TSV-Tanzgruppe unter der Leitung von Catherine Dring einen Namen machen, auch die Tischtennis- und Badminton-Spieler sowie die Turnerinnen und Turner fanden dort eine sportliche Heimat.

Aktuell gehören 700 Mitglieder zum TSV Holzmaden, was fast einem Drittel der ganzen Gemeinde entspricht. Ein Großteil davon gehört zur Fußballabteilung, die vor allem im Jugendbereich erfolgreich ist. „Da läuft es wirklich gut“, sagt Herbert Kirschmann, der selbst mehr als 20 Jahre aktiv war. „Ich hab Linksaußen angefangen und mich dann ins Mittelfeld vorgearbeitet“, erzählt er lachend. „Der Herbert war ein guter Kicker“, sagt Rainer Stephan anerkennend. Für Stephan ging es nicht ganz so sehr um die sportlichen Ambitionen, wie er augenzwinkernd erzählt, sondern mehr um die Kameradschaft. Besuche in Bad Abbach oder der französischen Partnergemeinde Connantre waren eine willkommene Gelegenheit, „mal rauszukommen“.

Die TSV-Tanzgruppe mit Catherine Dring (Mitte). Foto: pr
Die TSV-Tanzgruppe mit Catherine Dring (Mitte). Foto: pr

In Corona-Zeiten ist auch das Vereinsleben zum Erliegen gekommen, was Herbert Kirschmann einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Doch frische Formate machen Hoffnung: Die neue Abteilung Gesundheitssport mit Leiterin Martina Schili mobilisiert sogar online bis zu 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Das freut Kirschmann: Er lebt für den Verein und gehört mit Martin Kirschmann und Rainer Stephan zum „erlesenen“ TSV-40er-Club der Mitglieder mit mindestens 40 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit. Dazu zählt seit Januar auch Schriftführer Gerhard Reinert. Dass der Verein in Corona-Zeiten so gut dasteht, ist auch ein Verdienst des langjährigen Vorstands. „Wir haben nie Streit gehabt, sonst hätte ich es auch nicht so lange gemacht“, sagt Herbert Kirschmann, der mit seinen Vorstandskollegen das Motto zum Bau des Sportplatzes 1927 beherzigt hat: „Großes Werk gedeihet nur durch Einigkeit.“

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