Weilheim und Umgebung

Als Notnagel überlebt kein Geschäft

Der Weilheimer Fachmarkt Stiefelmaier schließt im September und beendet eine 100-jährige Ära

Geplant und gehofft hatte Seniorchef Peter Stiefelmaier ganz anders. Doch jetzt macht er sein Geschäft im Herbst dicht: Die Perspektiven fehlen.

Weilheim. Blättern Historiker im Weilheimer Heimatbuch, entdecken sie die 500-jährige Geschichte des jetzigen Fachmarktes für Holz und Baustoffe der Familie Stiefelmaier. Und bald wird der Stadtarchivar die folgende Mitteilung ins Buch schreiben: Ende September 2016 Aufgabe des Geschäftes.

Der erste Steuerbescheid, damals noch Taxzettel genannt, datiert aus dem Jahr 1509. Zum ersten Mal ist 1590 von der Sägerei die Rede. Damals sägten die Menschen nicht nur auf dem heutigen Grundstück des Fachmarktes, es gab auch eine Loh- und Stampfmühle. Während des Dreißigjährigen Kriegs brannte das Gebäude vollständig ab und erstrahlte 1651 in neuem Glanz.

Kurz vor dem 18. Jahrhundert gelangte die Mühle in bürgerlichen Besitz. Damals verlangte die Gemeinde vom jeweiligen Besitzer ein Drittel des Schnittgeldes. Im Juni 1914 verkaufte der Sägemüller Andreas Etzel die Mühle an Gottlob Stiefelmaier. Dieser musste jedoch nach zwei Monaten in den Ersten Weltkrieg einrücken und die Säge stand zwei Jahre still. Trotz schwerer Kriegsverletzung baute Gottlob Stiefelmaier den Betrieb weiter aus. Die inzwischen vorhandene Elektrizität sorgte für die Unabhängigkeit vom Wasser.

1923 ersetzte der Sägemüller das hölzerne Wasserrad, welches einen stolzen Durchmesser von 6,2 Meter hatte, durch eine Turbine. Im Jahr 1950 legte Sohn Albert Stiefelmaier die Meisterprüfung ab und übernahm die Betriebsführung. Gleichzeitig eröffnete er einen Handel mit Sperrholz. Im Laufe der Jahre dehnte er das Warenangebot immer mehr auf Baustoffe aus. Stiefelmaier erlangte weit über Weilheim hinaus Bekanntheit wegen des umfangreichen Sortiments.

Der weitere Ausbau erfolgte, und eine Lagerhalle kam dazu. 1972 trat Peter Stiefelmaier – der jetzige Seniorchef – als gelernter Baustoff-Kaufmann in den Betrieb ein. Ein Jahr später stieg der Fachmarkt auf die EDV um. Dazu gehörte die Lochkarten-Anlage. Die ersten Bildschirme und Magnet-Festplatten setzte die Firma Stiefelmaier 1976 ein. Im gleichen Jahr gab es den Neubau der Büro- und Ausstellungsräume neben der Lagerhalle. Seit 1980 besteht der Fachmarkt als Stiefelmaier GmbH.

Bis heute betreibt Peter Stiefelmaier mit seiner Mannschaft den Handel mit Holz, Baustoffen, Bauelementen und Isoliermaterial. Sogar das Sägewerk erfüllt noch wichtige Aufgaben. Da der Fachmarkt auch Zuschnitte, Bearbeitung, Zufuhr und den Werkzeugverleih anbietet, kommen Kunden auch aus der weiteren Umgebung von Weilheim „zum Stiefelmaier“.

Einige Baumärkte eröffneten in den vergangenen Jahren in der Region und sind für den Weilheimer Fachmarkt eine große Konkurrenz. Jetzt zieht Peter Stiefelmaier die Notbremse und schließt das Geschäft im Herbst. Mit Sonderaktionen und Rabatten startet er in den Ausverkauf und läutet gleichzeitig das Ende des 100-jährigen Familienbetriebs in Weilheim ein.

„Nach Arbeitsstunden wäre ich 80“

Warum schließen Sie den Betrieb nach 100 Jahren?

Halten die Stammkunden denn nicht zu Ihnen?

Ist die Geschäftsaufgabe der einzige Weg?

Mussten sie damals ins Geschäft Ihres Vaters einsteigen?

Haben Sie Pläne für die Zeit nach der Schließung?