Weilheim und Umgebung

Alter Baustoff modern interpretiert

Nachhaltigkeit Erwin Thomas hält einen Vortrag „Lebens(T)räume – mehr Wohlempfinden durch Bauen mit Holz“ in der Limburghalle. Von Sabine Ackermann

Den Österreicher Erwin Thoma verbindet ein inniges Verhältnis zum Baustoff Holz.Foto: Sabine Ackermann
Den Österreicher Erwin Thoma verbindet ein inniges Verhältnis zum Baustoff Holz.Foto: Sabine Ackermann

Dass die Limburghalle brechend voll werden würde, damit hatten Jürgen und Annette Fink nicht gerechnet. Doch das Wagnis der Inhaber des Weilheimer Familienunternehmens Holzbau Fink haute hin, obwohl nicht gesungen wurde, keiner Witze riss oder gar ein Drama die Herzen bewegte. Nein, im Grunde drehte sich alles „nur“ um Wald, Bäume und Holz.

Langweilig? Ganz und gar nicht. Mit vielseitigem Wissen, Erfahrung und rhetorischem Talent schaffte es der Referent, Forstingenieur Erwin Thoma, zwei Stunden lang, die Besucher zu fesseln. Warum? Weil man ihm gerne zuhört und ihm jedes Wort glaubt, wenn er sich mit fast demütiger Begeisterung vor der Natur verneigt, so auch vor dem durchdachten „Mysterium“ Holz.

„Lassen sie uns über den Holzbau reden, an einem Abend wie diesen an die Wurzeln gehen“, so Erwin Thoma in österreichischer Mundart, die zur Freude aller gut verständlich ist. Dann geht er in die Kindheit und Jugend, erzählt, wie er damals schon darüber nachdachte, was passiert im Frühling, wenn ein Baum sein Leben beginnt? Aus einem Samenkorn kommt das erste „Blattl“ raus und dann macht es das, was wir alle machen: „Tief Luft holen“. Aus Luft wird Holz und daraus der Wald. Die Fotosynthese sei quasi der Stoffwechselvorgang der Pflanzen, sie wandeln Wasser, Kohlendioxid sowie Licht in Sauerstoff und Glucose um, erklärt der Fachmann. Letztgenannter „Einfachzucker“ werde für das Wachstum benötigt, Sauerstoff sei für die Bäume Abfallprodukt. „Das CO2-Molekül verschwindet, zerfällt. So ist es der Natur gelungen, eine Revolution zu beginnen, in Sekundenbruchteilen war der ganze Planet grün“, berichtet Erwin Thoma fasziniert von den Bäumen, „die es hundert Mal länger als uns Menschen gibt“.

Seine Liebe zur Natur lässt ihn mit Anfang Zwanzig den Beschluss fassen, Förster zu werden. „Bäume sind uns so nahe, dass es schon fast beklemmend ist - nur, wir wissen es nicht“, betont der 57-Jährige, der auch mal augenzwinkernd ins Private überstreift. „Mit dir gehe ich überall hin“, sagte einst seine Freundin, und so wundert es nicht, dass er jahrelang mit Frau und Kind inmitten eines riesigen Mischwalds des Karwendels in Tirol lebte. „Selber Brot backen, Haare schneiden und einmal im Monat Großeinkauf - für seine Frau sei es damals eine große Herausforderung gewesen. Im Herbst ist es früh dunkel geworden, im Frühjahr hat man ein Kind gekriegt, das ist zweimal passiert“, scherzt der Vater von drei erwachsenen Kindern.

Dann, eines Tages, klopften zwei Geigenbauer zuerst an die Blockhaustür, später an Hunderte der gewaltigen Baumriesen, um das optimale Holz für ihre Instrumente herauszuhören. Sie wurden fündig und spielten der Familie Thoma auf ihrer daraus gefertigten Violine nach einem Jahr ein Ständchen vor. Das hat den Naturfreund sehr berührt.

Etliches von seinem umfassenden Erfahrungsschatz hat der vielfache Buchautor schon recht früh in seinen Tagebüchern festgehalten. „Opa, du musst mir das lernen, irgendwann stirbst du“, sagte Erwin Thoma einst zum Großvater. Er gab den Försterberuf auf, studierte Betriebswirtschaft sowie Forst-Ingenieurswesen und gründete mit dem 80-Jährigen ein Unternehmen. Dessen Wissen übte großen Einfluss auf seine Denkweise aus. Die handwerklichen Traditionen setzte der in Bruck an der Großglocknerstraße geborene Visionär in seiner industriellen Fertigung von puristischen Häusern aus Mondholz auf moderne Weise um. Heute kann das 120 Mitarbeiter starke Unternehmen über 1 000 Projekte in 33 Ländern vorweisen, baut energieautarke Häuser, ohne dass dabei Abfall entsteht oder eine Heizung benötigt wird. Zudem betreibt er das europaweit mit Abstand größte Mondholz-Sägewerk. Die Bäume werden ausschließlich in der Zeit der Saftruhe bei abnehmendem Mond geerntet. Für seine Häuser hat der Österreicher zahlreiche Auszeichnungen erhalten, unter anderem den Salzburger Innovationspreis sowie die bislang einzige Gold-Zertifizierung für ein Baumaterial.