Weilheim und Umgebung

Appell lautet: Mut zu Veränderungen

Tradition Beim Zehntweintrunk in der Limburghalle fordert Bürgermeister Johannes Züfle mehr Zukunftsoffenheit. Im Städtle stehen kommendes Jahr einige große Projekte im Fokus. Von Bianca Lütz-Holoch

Gastgeber und Zuschauer zugleich ist Bürgermeister Johannes Züfle (ganz rechts) beim traditionellen Zehntweintrunk.Fotos: Markus
Gastgeber und Zuschauer zugleich ist Bürgermeister Johannes Züfle (ganz rechts) beim traditionellen Zehntweintrunk.Fotos: Markus Brändli

Wenn die Stadt Weilheim zu ihrem traditionellen Zehntweintrunk lädt, dann wissen geladene Bürger, Politiker und Ehrengäste bereits, was sie erwartet - zumindest in puncto Rahmenprogramm: Bertoldweine und Bätscher, Geselligkeit und Musik sind feste Bestandteile des Umtrunks, dessen Ursprung im Mittelalter liegt und den Altbürgermeister und Ehrenbürger Hermann Bauer vor fast vier Jahrzehnten in Anlehnung daran ins Leben gerufen hatte.

Spannend wird es jedoch, sobald Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle in der Limburghalle ans Rednerpult tritt. Denn zum einen wirft er traditionell einen Blick zurück aufs vergangene Jahr und gibt einen Ausblick aufs kommende. Zum anderen zeichnet er stets zwei Personen oder Gruppen für ihr Engagement in Weilheim aus. Nicht zuletzt ist auch der Schultes selbst immer wieder für eine Überraschung gut.

„Seit mittlerweile 72 Jahren herrschen in Europa Frieden und Freiheit - das gab es noch nie zuvor“, sagte Johannes Züfle. Das sei keineswegs selbstverständlich. Auch im Kleinen gelte es, weiter daran zu arbeiten: „Lassen Sie uns den Frieden in Weilheim pflegen“, forderte er die Zuhörer auf.

Um den Wohlstand zu erhalten, ist aus Sicht des Bürgermeisters vor allem eines notwendig: Veränderungsbereitschaft. „Was mir Sorge bereitet, ist, dass wir zu Veränderungen nicht mehr bereit sind“, sagte Züfle und kritisierte die „Alles-soll-so-bleiben-wie-es-ist-Mentalität“. Als Beispiel nannte er das Ringen um neue Gewerbe- und Wohnflächen in der Region. „Vielerorts will man gar keine Flächen mehr - man könnte ja gestört werden“, kritisierte der Schultes. Bewegen müssten sich die Menschen etwa auch in Sachen Windkraft. „Da heißt es zwar: Atomstrom und Kohle - nein, danke.“ Dennoch wolle jeder, dass seine eigene Umgebung so bleibt, wie sie ist. Züfle: „Aber so funktionieren Wohlstand und Wachstum nicht.“

Weilheim selbst zeigte sich zukunftsoffen. Als Beispiele nannte Züfle den Breitbandausbau, kostenloses WLAN in der Stadtmitte und den Beschluss, eine Ladestation für Elektroautos zu installieren. Auch neuer Wohnraum wird erschlossen: „Noch diesen Monat wollen wir im Neubaugebiet Gänsweide II Spaten stechen.“ Entscheiden muss der Gemeinderat noch, ob dort auch Flächen für den Sozialen Wohnungsbau bereitgestellt werden.

Im Fokus hat die Stadt auch einige Großprojekte. „Noch in diesem Jahr wollen wir entscheiden, ob wir 2018 beginnen, unser Freibad endlich zukunftsfest aufzustellen“, sagte Züfle. Der Haken: „Die Kosten werden wohl deutlich höher als gedacht.“ Bereits Anfang 2018 sollen zudem die städtebaulichen Entwürfe für die Turnhalle Limburgschule präsentiert und diskutiert werden.

Im Blick hat die Stadt auch den Ausbau der Kinderbetreuung. Anfang 2018 öffnet die neue Kleinkindgruppe in Hepsisau. Parallel wird schon für den Kindergartenneubau in Weilheim geplant.

A propos Kinderbetreuung: „Meine Frau und ich leisten abermals einen Beitrag zur Auslastung von Kindergärten und Schulen“, sagte Johannes Züfle augenzwinkernd und verriet: „Wir erwarten zum vierten Mal Nachwuchs.“

Fester Bestandteil des Zehntweintrunks ist das Dankesagen. „Zwei Beispiele selbstlosen Einsatzes“ würdigte der Bürgermeister stellvertretend für alle Ehrenamtlichen in der Stadt: das Soziale Netz Raum Weilheim und Werner Kauderer. Zum Gelingen des Abends trugen aber auch noch andere bei: Der Chor Salto Vocale sorgte für musikalische Umrahmung, die Landfrauen für die schmackhaften Bätscher, die Freiwillige Feuerwehr für einen Fahrdienst und Mitarbeiter der Stadt für Bewirtung und Dekoration.

Leckere Bätscher gehören zum Zehntweintrunk wie Bertoldweine.
Leckere Bätscher gehören zum Zehntweintrunk wie Bertoldweine.

Für vorbildhaften Einsatz ausgezeichnet

Urgestein und Eckpfeiler der Heimatpflege: Werner Kauderer (links) setzt sich seit Jahrzehnten für den Erhalt der Kulturlandscha
Urgestein und Eckpfeiler der Heimatpflege: Werner Kauderer (links) setzt sich seit Jahrzehnten für den Erhalt der Kulturlandschaft und den Weinbau ein.

Soziales Netz Zehn Jahre nach Vereinsgründung hat Bürgermeister Johannes Züfle beim Zehntweintrunk das Engagement des Sozialen Netzes Raum Weilheim gewürdigt. Der Verein engagiert sich für das Betreute Wohnen zu Hause, berät pflegebedürftige Senioren und deren Angehörige. Auch Treffpunkte für Menschen mit Demenz, Hausbesuche und Wohnberatung gehören zum Programm. 40 ehrenamtliche Mitarbeiter bringen sich aktiv ein. Sie haben allein im vergangenen Jahr 2 180 Besuchsstunden geleistet.

Werner Kauderer Die Landesehrennadel ans Revers gesteckt bekommen hat Werner Kauderer. Johannes Züfle bezeichnete ihn als „Urgestein und unverzichtbaren Eckpfeiler der Heimatpflege“, der sich seit Jahrzehnten für den Erhalt der Kulturlandschaft und den Weinbau einsetzt, sich um die Pflege von Wanderwegen, Limburgkopf und Wachholderheiden kümmert. Werner Kauderer ist seit 1963 Mitglied des Schwäbischen Albvereins, war dort Wanderwart und Vorsitzender. Noch heute sitzt er im Ausschuss. Aktuell ist er Vorsitzender des Vereins der Weinbergbesitzer. Bis 2007 war er im Aufsichtsrat der Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck. bil