Weilheim und Umgebung

Auf Redemarathon folgt „Lalula“

Klangcollage vom Feinsten zum 50-jährigen Bestehen der Jugendhilfe-Einrichtung Ziegelhütte

Die Schüler der Ziegelhütte beeindruckten die Zuschauer mit ihrem schauspielerischen Können.Fotos: Sabine Ackermann
Die Schüler der Ziegelhütte beeindruckten die Zuschauer mit ihrem schauspielerischen Können.Fotos: Sabine Ackermann

Bissingen. „Kroklowafzi? Semememi!“ Christian Morgensterns sinnfreies Gedicht „Das große Lalula“ interpretieren vier Jugendliche der

Jugendhilfe-Einrichtung Ziegelhütte mit großartiger Mimik und Körpersprache.

Ein Theaterprojekt mit Vorwarnung? „Sie erwartet ein sinnfreies Stück, die Szenen haben keinen erkennbaren Sinn“, begrüßt Jens-Peter Wagler die Kulturbegeisterten im gut gefüllten Raum. Nach dem Rede-Marathon zum Jubiläum „50 Jahre Ziegelhütte“ präsentieren vier Jugendliche eine ganz andere Art von Sprache. Michelle, Noreen und Lucian, alle 16  Jahre alt, sowie die ein Jahr ältere Bianca haben sich für „Das große Lalula“ von Christian Morgenstern entschieden. 46 Worte ohne Bedeutung, Belang oder Inhalt. Und das soll funktionieren? „Kroklokwafzi? Semememi! Seiokrontro – prafriplo. Bifzi, bafzi; hulalemi quasti basti bo. Lalu lalu lalu lalu la! Hontraruru miromente zasku zes rü rü? Entepente, leiolente klekwapufzi lü? Lalu lalu lalu lala la! Simarat kos malzlpempu silzuzankunkrei! Marjomar dos, Quempu Lempu Siri Suri Sei ! Lalu lalu lalu lalu la!“ Vor 111 Jahren schrieb der 1914 verstorbene Meister des Sprachspiels diese Verse, die irgendwie an die Wortspielereien eines Kleinkinds erinnern.

Dennoch versteht es das junge Quartett meisterhaft, das große Lalula lebendig werden zu lassen. Betont akzentuiert und mit offensichtlicher Spielfreude geraten die Silben in Bewegung, beginnen zu hüpfen, mal lachend, mal leise murmelnd und fragend, dann wieder laut, voller Verzweiflung schreiend. Nicht die Sprache ist der Bestandteil der Verständigung, des Verstehens oder Begreifens, nein, es sind genau genommen die Gesten, Körperhaltung, kleinen Fingerzeige und das Mienenspiel. Die Akteure karikieren, ziehen manches ins Lächerliche, verspotten oder rühren an und lassen es mittels Pyrotechnik bisweilen auch richtig krachen. Wochenlang geübt, stammen die Ideen zu den einzelnen Szenen von den Heranwachsenden selbst. Unterstützt wurden sie dabei von Jens-Peter Wagler und Anke Ruwwe, die teilweise auch mitspielen.

Zu Beginn brauen Hexen einen Giftcocktail, dann hüpft ein Frosch aus dem Brunnen, worüber sich die Prinzessin freut. Ein Pärchen vor dem Traualtar ist zu sehen, schön romantisch, bis die hysterische Geliebte auftaucht. Der Clou: Während sich die zwei Frauen angiften, schnappt sich der Bräutigam ein drittes Mädel und zieht von dannen. Dann ist da auch noch ein betagtes Pärchen auf der Bank, zuvor wird die Oma von einer Pflegerin mit Tabletten versorgt, die sie allerdings heimlich in den Mülleimer spuckt, nuckelnde Babys auf dem Boden, eine Frau mit hochmodernem Apple-Laptop nebst strickendem Mann, eine Putzfrau sowie die trinkfreudige Streunerin, die sich mit einem Polizisten auf „süffige Art“ versteht. „Alle Jugendlichen müssen ein Projekt machen. Bei uns dauert das sieben Wochen am Stück, von 8  bis 17 Uhr“, verrät der Projektleiter „das Gesetz für alle Schüler“. Insofern haben sich Arbeit und Mühen gelohnt und es gibt tosenden Beifall für die toll umgesetzten Szenen. Chapeau!

Info

Es gibt noch zwei Aufführungen des Theaterstücks: am heutigen Freitag um 20 Uhr und am morgigen Samstag um 18 Uhr. Sie finden statt im Theatersaal der Ziegelhütte, Randeck 4, in Bissingen. Der Eintritt ist frei. Anmeldung werden erbeten unter der Telefonnummer 0 70 23/74 67-0 oder per E-Mail an info-zh@mh-zh.de

Auf Redemarathon folgt „Lalula“
Auf Redemarathon folgt „Lalula“