Weilheim und Umgebung

Das geistliche Wort

Der Philosoph Sören Kierkegaard erzählt folgende Begebenheit: Ein Zirkus in Dänemark gerät in Brand. Der Direktor schickt daraufhin den Clown, der schon zur Vorstellung umgezogen ist, in das benachbarte Dorf, um Hilfe zu holen, da die Gefahr besteht, dass über die abgeernteten und ausgetrockneten Felder das Feuer auch auf das Dorf übergreifen wird. Der Clown eilt in das Dorf und bittet die Bewohner, sie mögen schnellstens zu dem brennenden Zirkus kommen und löschen helfen. Aber die Dörfler halten das Geschrei des Clowns lediglich für einen gelungenen Werbetrick, um sie möglichst zahlreich in die Vorstellung zu locken; sie applaudieren und halten sich die Bäuche vor Lachen. Dem Clown ist gar nicht zum Lachen zumute. Er möchte weinen und er versucht vergebens, den Dörflern klarzumachen, dass dies keine Vorstellung sei und auch kein Trick, sondern bitterer Ernst. Sein Flehen steigert das Gelächter nur, und man ist sich einig: Dieser Clown spielt seine Rolle wirklich gut! Dann geschieht, was geschehen muss: Das Feuer greift tatsächlich auf das Dorf über und jede Hilfe kommt zu spät, sodass Dorf und Zirkus gleichermaßen verbrennen.

„Wer Ohren hat, zu hören, der höre“, so lesen wir es bereits in der Bibel. Richtig zuzuhören scheint eine Kunst zu sein. Die einen wollen nicht hören, wie ich es aus dieser Erzählung herauslese, andere können nicht, weil sie gefangen sind in ihrem Umfeld. Wir haben solche Phänomene sicher auch bereits bei uns selbst bemerkt, wie es manchmal eben gehen kann.

Wie dem auch sei, richtig zuzuhören will gelernt sein, und meiner Meinung nach kann man dazu auch etwas tun. Man kann versuchen, sich in seinen Gesprächspartner hineinzuversetzen. Man kann versuchen, gleichsam in seinen oder ihren Schuhen zu laufen und weitere Möglichkeiten auszuloten. Das braucht Empathie. Doch es wäre eine Chance, seinen Erfahrungsbereich zu erweitern. Wenn Jesus sagt „wer Ohren hat, zu hören, der höre“, dann dürfen wir unseren Erfahrungsbereich erweitern, auf dass wir Neues kennenlernen. Wir werden vielleicht nicht dazu beitragen können, dass ein ganzes Dorf vom Feuer verschont wird. Doch manches Überraschende wird sich schon ergeben, wenn man versucht, sich gedanklich in seine Mitmenschen hineinzuversetzen. Nicht immer bestätigt sich, was man immer schon dachte.

Edgar Tuschy Evangelische Kirche, Notzingen