Weilheim und Umgebung

„Das ist ein Mädelsding“

Hobby Zwölf junge Frauen gehören der Prinzengarde Wiesensteig an. Ihre Hauptauftritte haben sie bei den örtlichen Prunksitzungen. Doch auch beim Teckboten-Presseball zeigen die Tänzerinnen ihr Können. Von Heike Siegemund

Prinzengarde FG Wiesensteig 20. Januar 2018 Wiesensteig
Prinzengarde FG Wiesensteig 20. Januar 2018 Wiesensteig

In der Turnhalle der Wiesensteiger Grundschule schwingen die Mädels der Prinzengarde ihre Beine nach oben, hüpfen in den Spagat, präsentieren eindrucksvolle Hebefiguren und Pyramiden und haben bei all der Anstrengung noch das zauberhafteste Lächeln im Gesicht. Ja, Gardetanz ist schweißtreibend, auch deshalb, weil die Mitglieder Perfektionistinnen sind und jeder Schritt passen muss - das bemerkt man als Zuschauer dieses Trainings relativ schnell.

„Wir tanzen total gern in der Prinzengarde. Das ist ein Mädelsding. Schon als Kinder wollten wir dabei sein und die tollen Kostüme tragen“, schwärmt Ann-Kathrin Stolz aus Neidlingen, ehemalige Weltmeisterin im Inline-alpin-Slalom. Die 26-Jährige ist das älteste Mitglied der Prinzengarde und die Einzige, die nicht aus Wiesensteig kommt. Viele ihrer Freunde aus dem Kirchheimer und Weilheimer Raum besuchen zwar gerne Faschingspartys, aber mit Prunksitzungen und den dortigen Auftritten auch von Gardetänzerinnen könnten sie eher weniger anfangen. „Der Fasnets-Humor ist ein besonderer“, weiß Ann-Kathrin Stolz. „Man muss das Gen dafür haben.“ Das bestätigen die Wiesensteiger Gardetänzerinnen Saskia Schmid und Sina Herrmann: „Wir brennen alle für die Prinzengarde. In die Fasnet wächst man einfach rein.“

Apropos Prunksitzungen: In der Fasnetshochburg Wiesensteig eröffnet die örtliche Fasnetsgesellschaft die närrische Saison stets mit zwei Prunksitzungen, zu der jedes Jahr zahlreiche Menschen ins Residenzschloss strömen. Auch jetzt waren die Veranstaltungen schon Wochen vorher ausverkauft. Bei diesen Sitzungen mit jeweils vierstündigem Programm gibt es unter anderem Büttenreden sowie Auftritte des Elferrats, der Wiesensteiger Theaterfreunde und der Prinzengarde. „Das sind unsere Hauptauftritte, bei denen wir unsere neuen Tänze, einen Garde- und einen Showtanz, zum ersten Mal zeigen“, sagt Ann-Kath­rin Stolz. In den Wochen zuvor werde intensiv geprobt - bis zu dreimal wöchentlich, was manchmal eine Herausforderung darstelle, weil einige der Gardemitglieder studieren und sich deshalb unter der Woche nicht in Wiesensteig aufhalten.

Bis vor Kurzem wurden die zwölf Frauen noch von einer Trainerin angeleitet, die im September jedoch Zwillinge bekommen hat und deshalb ausfällt. „Die Tänze haben wir in dieser Saison zum ersten Mal zusammen entwickelt“, erzählt die Neidlingerin, die der Prinzengarde seit 15 Jahren angehört und die, wie die anderen Mitglieder auch, früher bei der kleinen Garde (sechs bis neun Jahre) und der mittleren Garde (zehn bis 16 Jahre) mitgetanzt hatte. Die Tänzerinnen können also alle auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen, was ihnen beim Ausdenken der Choreografien und der Themen für die Showtänze hilft.

„Das Highlight der Prunksitzungen ist unser Showtanz gegen Mitternacht. Der kommt immer gut an“, erzählt Ann-Kathrin Stolz. Dabei handle es sich um einen modernen Tanz zu einem speziellen Motto und zu passender Musik, auch mit Hip-Hop-Elementen, Wurf- und Hebefiguren und Pyramiden. Das Motto in diesem Jahr lautet „Zirkus“. Bei den Kostümen, die von einer Schneiderin aus Neidlingen genäht werden, handle es sich um „eine Mischung aus Clown und Zirkusdirektor“: Ein roter Frack mit Goldbordüre wird kombiniert mit einer schwarz-weiß-gestreiften Hose, geringelten Socken, Halskrause und großer Perücke mit Hütchen.

Die Wiesensteiger Prinzengarde will keine reine Marschgarde sein, wie man sie aus dem Fernsehen kennt, betont Ann-Kathrin Stolz. Die Schritte und Bewegungen dieser Garden sind ihr und den anderen zu steif, weshalb sie verstärkt auf Akrobatik setzen. „Allerdings können wir deshalb nicht an Wettbewerben teilnehmen, die der Bund Deutscher Karneval ausschreibt.“

Doch die Mädels aus Wiesensteig haben einen anderen Weg gefunden, ihr Können unter Beweis zu stellen: Neben den Auftritten bei der Fasnet in Wiesensteig und der Region nehmen sie am „Dance Festival“ in Rechberghausen und an den Duisburger Tanztagen teil. „Wir haben den Anspruch entwickelt, nicht nur an der Fasnet aufzutreten“, sagt Ann-Kathrin Stolz. So sind die Mädels zum Beispiel mittlerweile auch bei Geburtstagen, bei Firmenjubiläen oder Weihnachtsfeiern zu sehen. Freuen dürfen sich außerdem die Besucher des Teckboten-Presseballs 2018 im Herbst: Auch dort tritt die Wiesensteiger Prinzengarde mit ihrem Showtanz auf.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA
OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Fünf Fragen an Ann-Kathrin Stolz aus Neidlingen

OLYMPUS DIGITAL CAMERA
OLYMPUS DIGITAL CAMERA

1.Seit wann gibt es die Wiesensteiger Prinzengarde?

Genaue Daten liegen uns nicht vor. Aber die erste Prunksitzung in Wiesensteig fand im Jahr 1972 statt. Die Fasnet wurde zwar davor auch schon gefeiert, aber es gab noch keine Aufführungen bei Sitzungen. Wir vermuten, dass damals eine Tanzgruppe gegründet wurde, aus der sich die Prinzengarde entwickelte.

2.Wie kommt man dazu, Mitglied in der Prinzengarde zu werden?

Meine Mutter, die früher in der Kindergarde tanzte, ist gebürtig aus Wiesensteig. Außerdem war mein Onkel früher Vorsitzender der Wiesensteiger Fasnetsgesellschaft, und meine Tante ist Mitglied bei den Fils­talhexen. Deshalb war ich schon als Kind immer bei der Fasnet mit dabei. Von klein auf bin ich vom Fasnetsvirus infiziert worden. Jemand, der nicht mit der Fasnet aufwächst, kann das wahrscheinlich gar nicht verstehen.

3.Ist die Prinzengarde denn ein Hobby fürs ganze Jahr?

Auf jeden Fall. Direkt nach der Fasnetssaison gehen die Proben weiter. Neue Schritte einzustudieren, braucht seine Zeit. Wir treffen uns deshalb regelmäßig mindestens einmal pro Woche. Außerdem tanzen wir ja auch bei Veranstaltungen außerhalb der Fasnet.

4.Ist Gardetanz richtiger Sport?

Gardetanz ist Hochleistungssport. Man ist immer in der Sprungbewegung. Das ist wie schnelles Joggen. Es sieht vielleicht einfach aus, aber viele arrhythmische Bewegungen, wie zum Beispiel in den Spagat springen, schnell wieder aufstehen und weitertanzen, ist sehr anstrengend.

5.Welche Voraussetzungen muss man für den Gardetanz mitbringen?

Man braucht eine gute Kondition, Kraft, Körperspannung und Gleichgewichtssinn. Außerdem muss man sehr gelenkig sein.