Weilheim und Umgebung
Das Rathaus will Konjunkturmotor sein

Haushalt Die Gewerbeeinnahmen von Bissingen sinken um eine Drittel. Trotzdem hält die Gemeinde am größten Investitionsplan ihrer Geschichte fest und will damit die Wirtschaft ankurbeln. Von Thomas Zapp

Die Zeichen stehen auf Sparen, auch die Gemeinde Bissingen kommt in Zeiten von Corona- und Wirtschaftskrise nicht daran vorbei. Zwei Mal musste das Haushaltsergebnis im laufenden Jahr nach unten angepasst werden, dementsprechend fällt auch der Haushaltsplan für 2021 aus: Mit einem negativen Ergebnis. „Die Hilfen von Land und Bund sorgten dankenswerter Weise für eine Verbesserung der düsteren Aussichten in 2020“, sagt Bürgermeister ­Marcel Musolf. Diese sind für das kommende Jahr aber nicht zu erwarten. Nicht nur das, auch die wichtigste Einnahmequelle der Gemeinde sprudelt nicht mehr so, wie man es zuletzt gewohnt war: „Stand heute wird es bei der Gewebesteuer ein Drittel weniger sein als in den guten Jahren 2017 oder 2019“, sagt Bürgermeister Marcel Musolf. Statt knapp zwei Millionen sind es jetzt nur knapp 1,3 Millionen.

„Grundstein für digitale Zukunft“

Wer nun aber glaubt, dass Bissin­gen den Gürtel bei Investitionen enger schnallt, sieht sich getäuscht. Dennoch will der Schultes die Gemeinde zum „Konjunkturmotor“ machen. Nicht weniger als 8,5 Millionen sind in den kommenden drei Jahren im Kernhaushalt an Investitionen vorgesehen. „Ein Investitionsprogramm in dieser Größenordnung hat Bissingen bislang noch nicht gesehen“, kündigt Marcel Musolf an. Wegen Corona habe man kein einziges Propjekt gestoppt, fügt er hinzu.

Das Geld fließt unter ­anderem in die energetische Verbesserung mehrerer Gebäude, ins ­Aufstellen von Ladesäulen, in die ­Beteiligung an der ­Energieagentur und in eigene Förderaktivitäten, um einen „sig­nifikanten, eigenen Beitrag“ zum Klimaschutz zu leisten.

Mehr als eine Million will Bissingen in die Erneuerung der Teckstraße und des Alten Rathauses investieren, dazu fließen 300 000 Euro als erste Rate in die Renonvierung des Feuerwehrmagazins, und auch ein schnelleres Internet spielt bei den Zukunftsinvestitionen eine Rolle. Das schnelle Glasfaserkabel soll künftig nicht nur mitverlegt werden, sondern ab 2022 in einem eigenen Ausbauprojekt großflächig ausgebaut werden. „Hier sind bei Bund und Land Fördersummen in Höhe von 2,9 Millionen Euro beantragt“, sagt Musolf. Nicht weniger als der „Grundstein für eine digitale Zukunft bis in alle Haushalte“ soll gelegt werden. Die Bedeutung der digitalen neuen Infrastruktur vergleicht der Bissinger Rathauschef mit der Verlegung der ersten Wasserleitung durch den Ort im Jahr 1926. Dann gibt es natürlich auch das neue Gewerbegebiet Fürhaupten, dessen ersten Entwurf der Gemeinderat gerade erst verabschiedet hat und mit dessen Bau Ende kommenden Jahres begonnen werden könnte, sofern in der Planung und Zustimmungsphase für die Planer alles „glatt“ läuft. Der Bedarf hat bei der Prüfung 2014 die ausgewiesene Fläche von vier Hektar deutlich überstiegen. Aber das war vor Corona. „Wir gehen davon aus, dass die Fläche sehr konservativ berechnet ist“, zeigt sich Marcel Musolf dennoch optimistisch, dass auch nach der Krise in der Gemeinde genügend Nachfrage nach Gewerbefläche bestehen wird.

Generell gibt sich Bissingen größte Mühe, die Geldbeutel seiner knapp 3500 Einwohnerinnen und Einwohner zu schonen. So ist die für 2021 eigentlich fest eingeplante Grundsteuererhöhung verschoben worden. Auch die Wasser- und Abwassergebühren bleiben im kommenden Jahr konstant. Das Credo heißt „Belastungen für die Bürgerschaft so weit wie möglich vermeiden.“ Allerdings heißt aufgeschoben nicht aufgehoben: 2022 soll es eine Erhöhung geben, das gebietet der Haushalt.

Was Bissingen in diesen schwierigen Zeiten zugutekommt, ist die Sparsamkeit in den guten konjunkturellen Zeiten. So können für die geplanten Investitionen mehr als 1,3 Millionen aus den liquiden Mitteln entnommen werden, und am 31. Dezember 2021 werden dann immer noch 924 000 Euro auf dem Gemeindekonto sein.

Aber auch Schulden werden gemacht, was angesichts immer noch niedriger Zinsen ein überschaubares Risiko bedeutet. Jeweils mehr als eine halbe Million Euro werden 2021 und 2022 aufgenommen, was angesichts der Entnahme aus eigenen Mitteln bescheiden ist. „Dennoch ermög­licht diese Vorgehensweise, dass die eigene Liquidität nicht bereits im Jahr 2022 vollständig aufgebraucht sein wird. Denn auch hier gilt es, vorausschauend zu handeln“, betont Marcel Musolf. Er ist optimis­tisch, dass die Abstimmung über den Haushaltsplan im Gemeinderat Ende Januar positiv ausfallen wird.