Bad Boll. Ein Festival der Lichtkunst hat die Kulturregion Stuttgart für drei Wochen vom 16. September bis zum 9. Oktober initiiert. Bad Boll ist der kleinste Ort in dieser Lichterkette, die von Stuttgart bis Schwäbisch Hall und Bad Urach reicht. Regionalrätin Dorothee Kraus-Prause, Mitglied im Vorstand der Kulturregion, hat die Botschaft an ihren Heimatort gebracht. Wie seit Jahren schon. Das Festival bringt der Kur-Gemeinde Lichterglanz und Berührung mit der internationalen Kunstszene.
Ein Japaner und ein Schweizer sind die Akteure in Bad Boll. Hitoshi Kuriyama hat für die Stiftskirche eigens eine Lichtinstallation entwickelt, berichtet Dorothee Kraus-Prause. Im Altarraum werden mundgeblasene und gasbefüllte Röhren leuchten, ganze Röhren und auch zerbrochene, um so auf die Ganzheit zu verweisen. Wie das genau aussieht, wird der Künstler vor Ort festlegen. Ursprünglich war gedacht, den Aufgang zur Stiftskirche zu illuminieren, weil das Thema ja „Aufstiege“ heißt. „Das eignet sich nicht“, sagt Kraus-Prause.
Ein Aufstieg ist es am Tempele, wo Andre Bless aus Winterthur seine Kunst spielen lässt. Er plant eine bewegte Leuchtschrift auf den Stufen. Dafür genügt ein Beamer, den er in ein Klimagehäuse packt. Bless war im Mai schon vor Ort, hat am Szenario getüftelt und denkt auch darüber nach, die Säulen einzubeziehen, sagt Kraus-Prause. Welche Texte, welche Illumination – das wird sich auch hier erst noch herausstellen.
So schön das klingt: Weil das Tempele im Naturschutzgebiet liegt, hat die Naturschutzbehörde im Göppinger Landratsamt Anstoß genommen. Das Licht dürfe Tiere nicht stören. Dorothee Kraus-Prause hofft, dass das ausgeräumt werden kann. Die Veranstalter haben mit einem Gutachten reagiert, das besagt: „Die Lichtstärke ist so gering, dass man keine großen Bedenken haben muss.“ Es gebe ja auch den Betrieb am Schützenhaus unweit davon, mit Autos und Licht und Schießen.
Bürgermeister Hans-Rudi Bührle bekräftigt: „Dort oben ist genug Rummel. Was an Licht zusätzlich kommt, ist nicht viel.“ Bei der Stiftskirche traf die Kunst-Initiatorin auf offene Ohren. „Kirchengemeinde und Pfarrer waren ausgesprochen aufgeschlossen.“ Der Gemeinderat auch: Er stellt 2 000 Euro zur Verfügung.
Am Samstag, 17. September, wird das Lichtkunstfestival eröffnet. Und zwar in Bad Boll um 20 Uhr am Tempele, um 21.30 Uhr in der Stiftskirche. Der Japaner wird dort am Sonntag, 18. September, in einer Matinee mit Orgelmusik seine Kunst vorstellen. Jeden Abend von etwa 20 bis 23 Uhr sind die Bad Boller Kleinode illuminiert. Musik und Literatur setzen weitere Akzente. Am 24. September gibt’s Jazz in der evangelischen Stiftskirche, Anfang Oktober einen literarischen Spaziergang zum Tempele mit Albrecht Esche sowie einen Themenabend mit dem örtlichen Arbeitskreis Kultur, der das Lichtkunstfestival nach Kräften unterstützt. In den traditionellen Bertatag am 3. Oktober sind die Projekte natürlich auch eingebunden.
Begeistert ist Dorothee Kraus-Prause, dass der japanische Künstler in Bad Boll fünf Wochen Station macht und Anfang September einen Workshop für zehn Jugendliche anbietet. Das zielt in erster Linie auf Waldorfschüler. Denn Henning Hauke, Künstler und Lehrer an der Waldorfschule, wird in dieser Zeit Nachbar des Gastes aus Japan sein, der im Alten Schulhaus, im ehemaligen Atelier von Klaus Heider, logiert und dort auch arbeitet.