Weilheim und Umgebung

Der gute Bauer

Demeter-Pionier Karl Tress spricht über seine Vorstellung von Landwirtschaft

Wer biologisch-dynamisch anbaut, begreift die Erde als lebendigen Organismus geistigen Ursprungs, so Karl Tress. In der Ziegelhütte berichtet der 85-Jährige ausführlich von den Anfängen der Demeter-Landwirtschaft.

Karl Tress beeindruckte seine Zuhörer auf der Ziegelhütte.Sabine Ackermann
Karl Tress beeindruckte seine Zuhörer auf der Ziegelhütte.Sabine Ackermann

Bissingen. Seit sechs Jahrzehnten steht er für den Ökolandbau – Karl Tress, weit über die Grenzen hinaus bekannter Demeter-Pionier. Rappelvoll war die Scheune bei der Ziegelhütte, in der er vor überwiegend älteren Zuschauern mit einfachen, aber klaren Worten diese Art von Landwirtschaft verständlich und eindringlich darstellt. „Exakt denken und handeln. In über sechzig Jahren Demeter habe ich Erfahrungen gemacht, freilich auch Fehler, und aus beiden Bereichen gelernt“, verrät Karl Tress – klein, zierlich mit wachem Blick, Bauer mit Leib und Seele, Landwirt von der Schwäbischen Alb mit staatlicher Auszeichnung.

Als 15-Jähriger wurde er von seinen Eltern in den konventionellen landwirtschaftlichen Familienbetrieb bei Münsingen eingespannt, kurze Zeit später lag der Hof in seinen Händen. 1954 fasste er einen weitreichenden Entschluss, wandte sich von der herkömmlichen Bodennutzung und -aufbereitung ab. Entgegen des herrschenden Zeitgeistes sowie unberührt von allen vermeintlich fortschrittlichen Errungenschaften stellte er auf biologisch-dynamische Anbauweise um, prägte diesen Prozess als unermüdlicher Wegbereiter in der Region essenziell. Für seine außergewöhnlichen Leistungen wurde er 1989 vom Land Baden-Württemberg mit der Goldenen Staatsmedaille gewürdigt – wenngleich er von vielen Kollegen belächelt oder gar als Spinner bezeichnet wurde. Doch von der Ablehnung in seinem Umfeld ließ er sich nicht beeindrucken, bis heute steht der 85-Jährige mit voller Überzeugung hinter dem, was er tut: „Ich hatte von Anfang an den festen Willen, ein guter Bauer zu werden, bildete insgesamt über 30 Lehrlinge aus“, betont Karl Tress. Fasziniert hört ihm das Publikum zu.

„Gras ist grün, das sei genetisch veranlagt, heißt es. Legt man aber einen Teppich darüber, wird das Gras binnen weniger Tage weiß. Also, liegt der Grund woanders“, erklärt er dem Publikum. Dann berichtet er von Kälberlähme, vergleichbar mit der Kinderlähmung und verkümmertem Getreide.

„Runter vom Traktor“ prägt noch heute seine Einstellung. „Alles wird immer schneller, besser, technischer. Die Leute wollen immer mehr, nur noch Knöpfe drücken, fertig. Doch Handarbeit gehört dazu, Arbeit ist die sichtbar gemachte Liebe“, bekräftigt der agile Senior. Dann bringt er Rudolf Steiner ins Spiel, verbindet seine Lebensphilosophie mit dessen Anthroposophie sowie den Grundlagen der Demeter-Landwirtschaft. Die Erde könne man nicht als sein Eigentum betrachten. Vielmehr sei jeder dazu aufgefordert, den Boden fruchtbar zu halten und nicht auszubeuten. Kuhmist macht den Boden empfindsamer, beharrlich vermeidet der Landwirt Spritzmittel und Kunstdünger. „Eine Pflanze wird faul, wenn man sie mit Stickstoff füttert“, schildert Karl Tress und ergänzt: „Bekommt sie alles, hat sie es nicht mehr nötig, tiefer zu wurzeln, um das Kali aus dem Erdreich zu lösen.“ Die Folge seien äußerst empfindliche und anfällige Pflanzen. Leider verschweige die Politik Untersuchungen, die belegen, dass der Boden keine Kunstdüngergaben brauche.

Frei sprechend, bis auf einige Ausführungen Steiners, erzählt der gottesfürchtige Schwabe unter anderem von Astralleib, Ätherleib sowie den untersonnigen und obersonnigen Planeten, die allesamt Einfluss auf die Qualität der Früchte und des Getreides haben. Neugierig und unbeirrt stellt sich der Öko-Pionier die Frage: Wovon ernähren sich die Pflanzen? 28  Jahre lang schickte er Bodenproben aus vier Feldern zur Uni Hohenheim zwecks Analyse, mit dem Fazit: Keine Minderung der Nährstoffe. „Die Erde ist umhüllt von einem Mineraldampf aus Millionen von Meteoren, die fortwährend in der Atmosphäre verglühen. Insofern kommen die Nährstoffe, welche von der Pflanze aufgenommen werden, nicht vom Boden, sondern aus der Tiefe des Kosmos“, ist er überzeugt. Die kosmische Landwirtschaftslehre stammt von Rudolf Steiner, er veränderte damals schon den Blick auf die Natur.