Deutschland hat ein Ziel: 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten, das wären 1,25 Millionen pro Tag. Aber wer soll das umsetzen, wenn die Arztpraxen ohnehin schon am Limit arbeiten? Diese Fragen haben sich sowohl ein Hausarzt aus Weilheim und der in Holzmaden wohnende Geschäftsführer eines Praxenverbunds gestellt – und auf ihre Weise beantwortet. Dr. Simon Driesel hat am Mittwoch den Normalbetrieb in der Gemeinschaftspraxis Driesel und Kollegen auf Impfzentrum umgestellt. Der Geschäftsführer der MEDI-MVZ, Wolfgang Fink, lässt am kommenden Wochenende zum dritten Mal im Feuerwehrhaus Holzmaden impfen. Zusammen kommen sie schon auf mehr als 4700 Geimpfte. Und nicht nur das: „Die Resonanz sowohl der Mitarbeiter als auch der Patienten hat mich positiv überrascht“, sagt Simon Driesel.
Dabei hatte er ein anspruchsvolles Programm gestartet: Ohne vorherige Terminvergabe und offen für alle, nicht nur Patienten der Praxis, sondern auch für Externe. Das Verhältnis schätzt Simon Driesel auf etwa 50/50. Mit insgesamt drei Impfteams aus Ärzten und Helferinnen hatte er dadurch vor Ort auch den gesamten bürokratischen Teil zu erledigen und anschließend vor allem für die Erstgeimpften die Ruhephase zu organisieren. „Das war der Flaschenhals“, sagt er, hebt aber auch die Geduld der meisten Patientinnen und Patienten hervor. Vor allem am Vormittag hätten sich Schlangen gebildet, zum Nachmittag habe sich die Lage dann deutlich entspannt. „Wir konnten aber alle bedienen, mussten niemanden nach Hause schicken“, betont er. Außerdem sei alles sehr diszipliniert abgelaufen, lobt er. Insgesamt 500 Impfungen hat er auf diese Weise geschafft, den Großteil „Booster“, aber auch mehr als ein Drittel Erstimpfungen.
So gut wie gar keine Wartezeit gab es während der bisherigen Impfaktionen in Holzmaden. Dort setzt man seit Beginn auf vollständige Digitalisierung, von der Anmeldung bis zum Impfzertifikat. Die Folge: Wer zum Boostern kommt und auf das Informationsgespräch verzichtet, hält sich inklusive Anmeldung kaum länger als drei Minuten im Schulungsraum der Feuerwehr auf, wo die Impfungen an vier Stationen stattfinden. „Falls jemand Fragen hat, steht immer ein Arzt zur Verfügung und kann den Patienten zur Seite nehmen“, betont Wolfgang Fink die Flexibilität der Teams. In den neun Gemeinschaftspraxen des Verbunds habe man die digitale Infrastruktur in mehr als zwei Jahren selbst entwickelt und mit jedem Mal optimiert. „Der erste Einsatz war während der Grippeimpfungen 2019, noch vor Ausbruch der Corona-Krise“, sagt Fink. Deshalb könne man die Organisation auch mit keiner anderen Impfstation vergleichen.
Kontakt durch Gemeinderätin
Der Kontakt zur Gemeinde Holzmaden kam letztlich über Gemeinderätin Isabel Wißt, die Mitarbeiterin einer Praxis in Wendlingen ist, die ebenfalls zur MVZ gehört. Ein erster Test mit den Fußballern des TSV Holzmaden vor dem Training verlief reibungslos, die anschließenden Gespräche mit Bürgermeister Florian Schepp ebenfalls. Geimpft wird in der Urweltgemeinde immer an den Wochenenden, bislang haben sich 4250 Menschen den Piks abgeholt. Der Erfolg des Projekts macht sich bemerkbar: „Derzeit haben wir viele Anmeldungen und verschicken die Anmeldungen nach Altersgruppen, die Unter-30-Jährigen kriegen nur Biontech, auch das muss berücksichtigt werden“, wirbt Wolfgang Fink um Verständnis, dass die Bearbeitungszeiten derzeit etwas länger dauern. Außerdem würden Erstimpfungen und Booster zeitlich getrennt. Wichtig sei aber im jeden Fall, eine FFP2-Maske zu tragen, betont er. An allen Adventswochenenden soll weitergeimpft werden in Holzmaden. Genug Impfstoff ist vorhanden: „Wir haben frühzeitig maximal bestellt.“
Auch Dr. Simon Driesel ist „sehr zufrieden, wie alles gelaufen ist“, will aber für den nächsten geplanten Einsatz am Freitag, 10. Dezember, eine Voranmeldung per E-Mail einbauen (siehe Kasten). „Wichtig ist, die Bestätigung abzuwarten“, betont er. Schließlich könne er nicht wissen, wie viele kommen wollen.