Weilheim und Umgebung

Der Mann, der einen Nachnamen braucht

Stefanie Werner aus Holzmaden übersetzt die Bücher von Fredrik Backman – eines davon ist „Ein Mann namens Ove“

Die Bücher des schwedischen Erfolgsautors Fredrik Backman bewegen sich auf den Bestseller-Listen. Was kaum jemand weiß: Die Übersetzerin der Bücher, Stefanie Werner, lebt und arbeitet in Holzmaden.

Der Mann, der einen Nachnamen braucht
Der Mann, der einen Nachnamen braucht

Wie kommt man zu einer Übersetzertätigkeit?
STEFANIE WERNER: Schon während der Schulzeit habe ich mich sehr für Literatur und Sprache interessiert, und da habe ich dann sogenannte Orchideenfächer studiert: Skandinavistik, Völkerkunde und Publizistik. Einen Übersetzungsauftrag von einem Verlag zu bekommen, ist nicht leicht. Man muss lange Kontakte pflegen, Gutachten schreiben, immer auf dem Laufenden sein und seine Chance ergreifen.

Wie gelingt es Ihnen, sich in die Sprache des Schriftstellers einzufühlen?
WERNER: Natürlich liest man den Roman, um den es geht, vorab und in der Regel auch mehr aus seinem Werk. Es gehört schon ein bisschen Übung dazu, den Tonfall zu treffen – und auch etwas Mut, von den wörtlichen Bezeichnungen mal Abstand zu nehmen, sich die Freiheit zu nehmen, authentisch zu übersetzen. Je länger man den Job macht, desto einfacher wird das.

Worin bestehen die Herausforderungen bei so einer Übersetzung?
WERNER: Bei Fredrik Backman ist es so, dass er alle Register zieht. Deshalb lieben die Leser seine Texte und deshalb ist er eine wunderbare Aufgabe für einen Übersetzer. Gleichzeitig bietet er auch jede Herausforderung, die man sich denken kann: brüllend komische Szenen, pointierte Dialoge, Dialekte, Szenesprache, Erfindungen von fantastischen Namen und Orten, dazu schrecklich traurige Szenen und dann wieder welche, bei denen man auch als Übersetzer laut lacht. Dass der Leser durch falsche Nuancen der einzelnen Worte nicht aus der Stimmung fällt, ist dann mein Hauptaugenmerk, dass die Atmosphäre so dicht erhalten bleibt wie im Original.

 

Wie übersetzen Sie kulturelle Unterschiede, beispielsweise wird in Schweden ja geduzt, in Deutschland nicht?
WERNER: Ich kann ein Beispiel aus dem Buch „Ein Mann namens Ove“ nennen: Am Ende steht ein Arzt an Oves Bett und spricht ihn einfach mit „Ove“ an. Da hab ich Fredrik erklärt, dass ich mindestens an der Stelle einen Nachnamen brauche, weil das in Deutschland absolut nicht funktioniert, dass ein Arzt einen Patienten duzt. Am Ende hat er es eingesehen.

 

Hätten Sie bei der Übersetzung des ersten Buches schon gedacht, dass das ein Senkrechtstarter werden würde?
WERNER: Niemand hat gedacht, dass Ove derart erfolgreich wird, auch Fredrik selbst nicht. Er wurde zwar auf der Buchmesse 2012 schon als Geheimtipp gehandelt, aber was auf dem Buchmarkt passiert, kann niemand vorhersagen. Das macht es ja so spannend. Ich mag ehrlich gesagt alle Titel von Fredrik, weil er ein hervorragender Geschichtenerzähler ist. Das Oma-Buch ist ein kleines Crossover, aber auch das ist schön zu lesen, wenn man sich darauf einlässt, sehr fantasievoll und emotional. Britt-Marie ist ein Kaliber wie der Debütroman.

Gab es Besonderheiten bei der Übersetzung der beiden aktuellsten Titel?
WERNER: Besonderheiten in der Übersetzung gibt es immer. Beim Oma-Buch waren es die vielen Fantasienamen der Märchenreiche und -gestalten, die man für die deutsche Sprache neu erfinden musste, bei Britt-Marie zum Beispiel der Slang der Nachbarin, die eine Einwanderin ist.

 

Haben Sie eine Idee, warum die Bücher von Fredrik Backman so ein Erfolg geworden sind?
WERNER: Ja, das habe ich, weil man als Leser von Fredriks Büchern alles bekommt, was man sich von einem Buch wünscht: man kann herzlich lachen, heulen wie ein Schlosshund und lernt etwas übers Leben, ohne es gemerkt zu haben. Er kann emotional schreiben wie wenige männliche Autoren, schafft sehr ambivalente, menschliche Hauptfiguren und findet unglaublich treffende Bilder.

 

Und wie finden Sie persönlich die Verfilmung von „Ein Mann namens Ove“?
WERNER: Ich habe den Film bereits zweimal gesehen und finde, die Romanvorlage ist sehr gut umgesetzt. Literaturverfilmungen können ja heikel sein. Zudem ist die Besetzung genial: Rolf Lassgård, den die Deutschen aus dem Fernsehen als Kommissar in den Mankell-Krimis kennen, spielt den Ove hervorragend und Bahar Pars als Parvaneh ist eine Riesenentdeckung. Ein toller Film fürs Sommernachtskino.