Weilheim und Umgebung

Der Plan ist nicht genug

Schienenverkehr Die Deutsche Bahn will bis 2021 auf der Teckbahn die Übergänge erneuern. Das sollte laut Bahnexperten aber nicht alles sein. Von Peter Dietrich

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Foto: Peter Dietrich

Im Dezember 2017 war der grüne Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel auf der Teckbahn mitgefahren. Der grüne Sprecher für Bahnpolitik diskutierte mit Bahnvertretern die Probleme entlang der Strecke, es folgten viele Telefonate und E-Mails. Bis 2021 will die Bahn bis Oberlenningen zwei Weichen austauschen, die technische Sicherung an sechs bis sieben Bahnübergängen erneuern und ein bis zwei Bahnübergänge aufgeben.

Der Weichentausch in Oberlenningen und die Erneuerung der Bahnübergänge Bahnhofstraße und Friedensstraße in Unterlenningen haben für Fahrgäste keine Folgen. Das ist in Brucken anders. Dort werden die Bahnübergänge Kirchheimer Straße und Kanal-/Steigstraße erneuert, der Bahnübergang nahe der Straße „Am Mühlbach“ bekommt Lichtzeichen oder eine Schranke. Der nicht gesicherte Übergang am Bahnsteig fällt weg. Dadurch entfallen die bisher nötigen Pfeiftöne, eine Erleichterung für die Anwohner. Auf einer Länge von 1,4 Kilometern wird das Tempo von bisher 20 auf 55 Kilometer pro Stunde erhöht, das verkürzt die Fahrzeit um eine halbe Minute.

In Owen wird der Bahnübergang Schießhüttestraße/Unteres Feld erneuert. Ob der Bahnübergang Brühlstraße erneuert oder beseitigt wird, ist noch mit den Nutzern und dem Eisenbahn-Bundesamt zu klären. Bei einer Beseitigung entfiele auch dort das Pfeifen.

„Ich bin froh über die Investitionen“, sagt Matthias Gastel. Aber er ist dennoch nicht zufrieden: „Was fehlt, ist ein kurz- und mittelfristiges Konzept zur Fahrzeitverkürzung.“ Denn noch gilt auf der gesamten Strecke Tempo 60. Vom Reisetempo und den Fahrgastzahlen her ist die benachbarte Tälesbahn nach Neuffen der Teckbahn seit Langem davongefahren, vom Zugangebot her allerdings auch. Daran ändert auch die geplante Modernisierung der Triebwagen nichts. Die Baureihe 650, auch als Regio-Shuttle RS1 bekannt, würde Tempo 120 schaffen. Gastel fordert zudem den barrierefreien Umbau der Bahnsteige entlang der Teckbahn.

DB erwägt Hybrid-Fahrzeuge

In einem Schreiben von Mitte März bringt DB Netze den Einsatz von Hybridfahrzeugen ins Spiel, mit denen sich die S-Bahn nach Oberlenningen verlängern ließe. Ein Vorschlag, der Matthias Gastel sehr überrascht hat und den er für „reichlich unausgegoren“ hält. Ein Vorschlag, auf den Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht aber voll abfährt: Dadurch entfalle in Kirchheim die Umsteigezeit von neun Minuten, und Lenningen erhalte somit einen durchgehenden Anschluss an die Landeshauptstadt und den Mittleren Neckarraum.

Gastel fordert Untersuchungen

„Wir sollten die Dinge etwas größer denken“, sagt Matthias Gastel und fordert eine Untersuchung von Alternativen, Kosten und Fahrgastprognosen von Kirchheim aus für die Strecken nach Oberlenningen, Wendlingen und über Bad Boll nach Göppingen. Denkbar sei ein durchgängiger Betrieb von Oberlenningen oder auch Göppingen bis Wendlingen, eventuell mit Zugbegegnung in Ötlingen, später sogar ein Ringschluss über Plochingen zurück nach Göppingen.

Tempo 80 wäre möglich

„Wenn die Bahnübergänge erneuert werden, könnte man sie ohne Mehrkosten auf 80 Kilometer pro Stunde trimmen“, sagt Nahverkehrsberater Hartmut Jaißle. „Dass es kein Aufwand ist, die Einschaltkontakte in etwas größerem Abstand zu verlegen, hat mir die Bahn bestätigt.“

Wo ist dann das Problem? „Dazu müsste der Besteller der Bahn klare Vorgaben machen.“ Dieser Besteller ist der Verband Region Stuttgart. Dessen Kenntnisse vom Bahnverkehr enden allerdings jenseits des S-Bahn.

Betrieblich bringt es zwar nichts, wenn der Zug schneller fährt und an den Endpunkten länger steht. Ein Halbstundentakt mit nur einem Triebwagen, der auf der Tälesbahn knapp möglich ist, ginge im Lenninger Tal leider nicht, die Strecke ist zwei Kilometer länger. Aber eine Fahrzeitverkürzung von derzeit 20 Minuten auf circa 15 Minuten wäre drin.

Teckbahn: Vier mögliche Modelle

Hybrid-S-Bahn: „Die Hybrid-S-Bahn ist wahrscheinlich dem aktuellen Elektro-Hype geschuldet“, sagt Hartmut Jaißle. Um auf elf Kilometern mit Diesel, Akku oder Wasserstoff fahren zu können, müssten die Triebwagen auf den 73 Kilometern von Kirchheim bis Herrenberg die zusätzliche Technik unnötig herumschleppen. Ein S-Bahn-Langzug mit drei Triebwagen wäre fürs Lenninger Tal deutlich zu groß, würde sehr teure Umbauten und lange Bahnsteige erfordern.

Elektrifizierung und S-Bahn: Auch bei dieser Lösung könnte man Triebwagen in Kirchheim trennen, mit etwas Fahrzeitverlust. Man müsste dies auch fahrplantechnisch hinbekommen: Der Zugteil, der in Oberlenningen war, würde nach seiner Rückkehr nach Kirchheim an einen anderen Zug angehängt - denn der, mit dem er kam, ist ja längst wieder weg.

Diesel wie bisher: Bei dieser Option bleibt das Umsteigen in Kirchheim. Parallel zur elektrischen S-Bahn weiter bis Wendlingen zu fahren, wäre theoretisch möglich, den Protest der Anwohner kann man sich aber vorstellen. Ein Umstieg auf Brennstoffzelle wäre, sobald es solche Fahrzeuge gibt, denkbar. Der Zug von Oberlenningen könnte über Weilheim und Boll nach Göppingen fahren.

Elektrische Zweisystem-Stadtbahn: Sie könnte für das Lenninger Tal angemessener sein als die „große“ S-Bahn, könnte ebenfalls bis Göppingen oder Wendlingen durchgebunden werden. Sie würde die Durchfahrt durch Weilheim und Boll erleichtern und in Oberlenningen eine Verlängerung in die Ortsmitte und darüber hinaus möglich machen. Auf die Vorstellung einer Verlängerung reagiert Bürgermeister Michael Schlecht allerdings mit Entsetzen: „Warum sollen wir eine Teckbahnverlängerung in die Ortsmitte Oberlenningen wollen? Das würde absolut nichts an der Verkehrsbelastung ändern.“pd