Weilheim und Umgebung

„Der soll wieder in seine Gegend“

Krimilesung Wie Kommissar Lindner begab sich auch dessen Erfinder nach Neidlingen.

Jürgen Seibold lässt Kommissar Stefan Lindner in seinem vierten Fall die Gegend rund um Neidlingen erkunden.Foto: Peter Dietrich
Jürgen Seibold lässt Kommissar Stefan Lindner in seinem vierten Fall die Gegend rund um Neidlingen erkunden.Foto: Peter Dietrich

Neidlingen. Rund um Stuttgart ließ Jürgen Seibold seinen Kommissar schon ermitteln, sein dritter Fall spielte dann rund um Nürtingen. „Der soll wieder in seine Gegend“, befand Seibold nun, deshalb geht es in „Lindner und das schwarze Schaf“ in Gruibingen und Neidlingen um den Mord an einem alten Schäfer, drei Schafen und einem Hütehund. Ob „Mord“ der juristisch korrekte Begriff ist, blieb bei der Lesung in der Neidlinger Kelter vor rund 30 Zuhörern offen – schließlich könnte es ja doch der Wolf gewesen sein, der hier zugeschlagen hat. Wer der Täter war, gab Seibold auch nicht preis, als er den Schluss seines Buches las. Denn seine Schlüsse sind immer ein Anhängsel nach der eigentlichen Lösung, manchmal schon der Anfang oder Aufhänger der nächsten Geschichte.

Das Buch sei „sehr authentisch“, lobte Klaus Däschler. Er sprach dabei nicht nur als Neidlinger Bürgermeister, sondern noch mehr als erfahrenes früheres Mitglied einer echten Mordkommission. Um sich solch ein Lob eines echten Mörderjägers zu erarbeiten, betreibt Seibold als Autor einigen Aufwand.

Für diesen Fall besichtigte er unter anderem die Schauplätze und befragte ausgiebig einen Schäfer. Manche seiner Fragen für seine Krimis kam auch schon etwas merkwürdig herüber, etwa seine Erkundung bei der Polizei, welche Mordmethode denn von dieser nicht festzustellen sei. Oder die Nachfrage bei der Giftzentrale, ob wohl eine bestimmte Beigabe zum Most in einer gewissen Dosis tödlich sei.

Eine Pistole findet Seibold wenig spannend, deshalb wurden seine Mörder schon mit einem Holzscheit oder mit Äpfeln tätig: Eine Steinigung mit Mostäpfeln, das könnte eine Krimipremiere gewesen sein. Als in einem Krimi nacheinander die acht abgeschnittenen Finger des Opfers auftauchten, musste er sich die Frage seiner Verlegerin gefallen lassen, ob es denn auch mit etwas weniger Blut gehe. Na klar, wie wäre es mit einem Sturz und Genickbruch?

Seibold kann ja alles erfinden, der hat es gut. Könnte man meinen. „Es ist nicht immer einfach, alles zu erfinden“, sagte Seibold hingegen und erzählte zwischen den Kapiteln in Neidlingen einige Geschichten von Leuten, die sich genau in seinen Büchern entdeckt hatten und sich wunderten, woher Seibold dies alles über sie wusste. Der hatte aber wirklich alles erfunden und legt auch Wert darauf. Das Haus oder den Hof eines Mörders legt er bewusst dorthin, wo in echt kein Haus steht – es kam aber schon vor, dass kurz darauf genau an dieser Stelle ein Haus erbaut wurde.

Die Ortschaften lässt Seibold aber inzwischen so. Klaffenbach bei Schorndorf hatte er einst noch umbenannt, doch seitdem erreichten ihn immer wieder Anfragen im Stil von: „Können Sie nicht mal einen Krimi bei uns spielen lassen, mit einem Mord? Ich hätte auch schon eine Leiche.“ In Neidlingen, versicherte Seibold, habe er nicht so viel umgemodelt. Das Wohnhaus des Schäfers ist aber erfunden.

Lindner ist ein sehr guter, wenn auch wehleidiger Ermittler. Aber die Ermittlungen zum Tod von Seniorschäfer Ernst Meißner dauern ihre Zeit. „Das ist nicht wie bei Bienzle in 90 Minuten erledigt“, sagte Seibold. Er weiß natürlich, dass in einem echten Mordfall eine große Sonderkommission ermittelt. Doch sie sei zu groß für einen Krimi, die vielen Namen und Personen würden den Leser zu sehr verwirren. Also sind es bei Seibold nur wenige Personen, die die Fälle voranbringen. Wobei der Kniff mit Gruibingen und Neidlingen Seibold immerhin zwei polizeiliche Zuständigkeiten beschert, Göppingen und Reutlingen. Zwischen Lindner und dem Leiter der „SOKO Kornberg“ gibt es intern so einige Spannungen.

Weil Seibold – er wohnt im Rems-Murr-Kreis – vor seiner Lesung noch etwas Zeit hatte, sah er sich erneut in Neidlingen um und ließ sich dabei in der „Alten Kass“ bewirten. Danach war er sich sicher: „Hätte ich sie vorher gekannt, dann wäre Kommissar Lindner auch dorthin gegangen.“Peter Dietrich

Info „Lindner und das schwarze Schaf“ ist im Silberburg-Verlag erschienen und hat 288 Seiten.

„Es ist nicht immer einfach, alles zu erfinden.

Jürgen Seibold

über die Arbeit an seinen Krimis