Weilheim und Umgebung

Die Bürger unterm heißen Blechdach

Information Bei der Neidlinger Bürgerversammlung ging es heiß her, denn die Reußensteinhalle hat gerade keine Dachisolierung. Dagegen war von hitzigen Debatten keine Spur, alles blieb ruhig und sachlich. Von Peter Dietrich

Neidlingen liegt idyllisch zwischen Streuobstwiesen und Wald direkt am Albtrauf. Unproblematisch ist diese Idylle jedoch nicht.
Symbolbild

Bürgermeister Klaus Däschler hatte schon überlegt, die Bürgerversammlung zu verschieben. Weil das Dach der Reußensteinhalle saniert wird, brennt die Sonne derzeit direkt auf das Blech. Da half auch der Einsatz des Blasgeräts der Freiwilligen Feuerwehr in den Stunden vor der Versammlung nichts. Die Feuerwehr konnte nur mit kühlen Getränken helfen. Abgesehen davon ging es durchweg ruhig und sachlich zu. Zuerst informierte der freie Stadtplaner Manfred Mezger, Geschäftsführer von Mquadrat in Bad Boll, über die städtebauliche Entwicklung von Neidlingen. „Ihre Gemeinde ist an den Grenzen des Wachstums angelangt“, stellte er fest. Sie ist rundum von Schutzgebieten umgeben, durch den Vogelschutz wurde der Gürtel noch enger. Deshalb habe sich die Gemeinde der Innenentwicklung zugewandt, will Lücken im Ortskern schließen. „Da hätten wir uns mehr erhofft“, sagte Mezger zu den bisherigen Ergebnissen.

Außerhalb geht nur noch an zwei Ecken etwas. In den Haldenwiesen gibt es zwei Bauplätze, in der Verlängerung der Bergstraße. Ein paar weitere wären dort von den Schutzgebieten her zwar noch möglich. Wegen der vielen Leerstände im Ortsinnern versagt das Landratsamt aber die Zustimmung.

Im Gewann Schießhütte gibt es auch noch Platz. Dort kollidiert der Flächennutzungsplan mit dem Vogelschutzgebiet, aber es wäre ein Tausch möglich. Bis zu vier Baureihen ließen sich gut an die Landstraße anschließen. Mit einem Kreisverkehr, so Mezger, ließe sich zugleich der Verkehr auf der Landstraße bremsen. Allerdings müsste die Gemeinde für diesen Kreisel zahlen. Realistisch wäre die Erschließung dieses letzten Neidlinger Bauwinkels in drei bis fünf Jahren. Für Gewerbe sieht Mezger ebenfalls nur noch einen einzigen möglichen Bauplatz.

Diplom-Bauingenieur Siegbert Spies vom Ingenieurbüro Infra-teck in Dettingen erläuterte den Zuhörern, warum man nicht einfach schnell eine Straße reparieren kann. Zuerst müssen die Abwasser- und Wasserleitungen überprüft werden, es gibt eventuell Gasleitungen, Fern- und Nahwärme, Stromkabel und Leitungen der Telekom und anderer Kabelbetreiber. Alles muss abgestimmt werden. Die genaue Erfassung der Leitungen bringt auch Bauherren etwas, bei einem Umbau genauso wie bei einem Neubau. Mit Fotos zeigte Spies, was bei Kamerafahrten so alles in Abwasserkanälen entdeckt wird, von Einstürzen und Rissen über hineinragende Stutzen bis hin zu Ratten.

Gemeinsam mit einem Förderer bringt die Gemeinde das Betreute Wohnen voran. Es soll direkt in der Ortsmitte entstehen, im Sparkassengebäude und rechts daneben. Das Haus nebenan, Mühlstraße 1, wird abgerissen, an dieser Stelle wird wahrscheinlich ein Neubau an das umzubauende Sparkassengebäude angebaut. Doch auch ein kompletter Neubau wäre möglich. Dies müsse sorgfältig abgewogen werden, sagte Ann-Kathrin Stolz, Bachelor of Arts Architektur, bei der Vorstellung des Projekts. Die Gemeinde und der Förderer wollen als Eigentümer auftreten, die Betriebsführung aber in fremde Hände legen - Gespräche laufen. „Die Gemeinde und der Förderer wollen damit kein Geld verdienen, die schwarze Null reicht uns“, betonte Bürgermeister Klaus Däschler. Anfangs waren 16 Wohneinheiten geplant. Da sie etwas zu klein geplant wurden, werden es nun wohl ein paar weniger, dafür größer.

In einem kurzen Rückblick zeigte Däschler, was seit der letzten Bürgerversammlung vor zweieinhalb Jahren erledigt wurde, es kam einiges zusammen. Dann ging es um aktuelle Projekte wie den Gemeinschaftsschuppen. Die Planung ist fertig, die Bauherrengemeinschaft gegründet. „Momentan kann ich keine Hindernisse mehr erkennen“, sagte Däschler. Bald steht der Kauf eines neuen Feuerwehrfahrzeugs an für rund 320 000 Euro. Däschler sieht die Gemeinde derzeit für die Aufgaben gut gerüstet: „Wir haben sieben Millionen Euro Rücklagen und die stärkste Steuerkraftsumme im ganzen Landkreis.“

Die Neidlinger interessieren sich trotz der Hitze für das, was in ihrer Gemeinde passiert.Foto: Peter Dietrich
Die Neidlinger interessieren sich trotz der Hitze für das, was in ihrer Gemeinde passiert. Foto: Peter Dietrich