Weilheim und Umgebung
Die Gemeinde Bissingen sucht neue Ideen für ihr altes Rathaus

Ortskern Im Zuge der Sanierung an Bissingens Aushängeschild haben die Experten Räume mit reizvollen Bauteilen wieder neu entdeckt. Diese könnten künftig für kulturelle oder soziale Events genutzt werden. Von Thomas Zapp

In seiner mehr als 350-jährigen Geschichte hat das Bissinger Rathaus schon einige Umbauten erfahren. Umso schwieriger wird es von Mal zu Mal, die ursprüngliche Struktur zu erkennen. Der Kirchheimer Architekt Jochen Stüber hat mithilfe neuester Techniken und des bekannten Bauforschers Tilmann Marstaller bei der aktuellen Renovierung viel herausgefunden. „Das ist so spannend wie ein Krimi“, schwärmt er im Laufe seines Statusberichts vor dem Bissinger Gemeinderat.

Mit viel Akribie hat er gemeinsam mit erfahrenen Zimmerleuten Balken und Pfosten ausgebessert und ausgetauscht und bauzeitliche Elemente erhalten. Im ehemaligen Bürgermeisterzimmer und der Ratsstube Wandvertäfelungen und Böden für die Renovierung entfernt und wieder originalgetreu verlegt. „Mitte Dezember kommt das Gerüst weg. Kurz nach dem Jahreswechsel ist der erste Bauabschnitt fertig“, freut sich Bürgermeister Marcel Musolf. Rund 400 000 Euro habe die Gemeinde investiert, nun müsse man die Planung für den Innenausbau angehen. 

Dafür gibt es noch keine konkreten Pläne und dementsprechend auch kein Budget. Jochen Stüber hat aber schon jetzt Ideen vorgestellt, die vielen Mitgliedern des Gemeinderats gut gefallen haben. Angrenzend an den Gewölbekeller, dessen Decke bis ins Erdgeschoss reicht, hat Tilmann Marstaller „schöne Holzstützen“ entdeckt. Zuvor hatte der Forscher ausgehend von der Dachkonstruktion Stützelemente gesucht und gefunden, in diesem Fall hinter Putz versteckt im Erdgeschoss. Sie tragen einen Raum, der sich perfekt für kleine Feiern, Ausstellungen, Vorträge oder eine Trauung eignen würde. Die kleinteilige Raumstruktur ist bei der Renovierung aufgelöst worden. Im ersten Stock würden sich Büros oder auch Wohnungen anbieten. 

Erhebliche Mittel notwendig

So oder so werden laut Marcel Musolf „erhebliche Mittel“ notwendig sein, um dem Aushängeschild der Gemeinde auch im Inneren zu neuem Glanz zu verhelfen. Ein neuer kultureller Mittelpunkt, das gefiele auch vielen Gemeinderäten. „Ein schlüssiges Konzept“, bescheinigt Martin Wahl von der Unabhängigen Wählervereinigung (UWV) dem Architekten. Nur eine Wohnung im ersten Stock hält er aufgrund der räumlichen Gegebenheiten für unrealistisch, denn die Struktur der kleinen Räume müsste erhalten bleiben. Andrea Bizer, ebenfalls von der UWV, freut sich, wenn künftig „mehr Personen die Räumen nutzen können“. Von der Gestaltung der oberen Räume hängt zudem noch ab, ob an der hinteren Außenfassade ein Fahrstuhl angebracht wird. Bei einer öffentlichen Nutzung wäre er aus Gründen der Barrierefreiheit unumgänglich. Denn die bisherige Treppe wird verschwinden, sie war ohnehin nur für viele Jahre ein Provisorium.

Noch sind das alles aber nur Ideen, denn nun geht es darum, bau- und denkmalsrechtlich die Möglichkeiten abzuklopfen und vor allem eins zu klären: wer das alles bezahlt. „Das wird wohl das dickste Brett“, weiß der Schultes. Die Zeit drängt zwar nicht, zu lange soll es aber auch nicht dauern. Das Ziel ist jedenfalls vorgegeben: „Wir wollen eine Struktur für unterschiedliche Formate, die es bislang im Ort nicht gab.“ Ausdrücklich soll im alten Rathaus keine Konkurrenz für Gaststätten entstehen, weder im Erdgeschoss, noch im Obergeschoss. Ein Grund: „Eine vollausgestattete Küche ist nicht möglich, nur eine Essensausgabe“, sagt Architekt Jochen Stüber. Auch sind die Kapazitäten begrenzt, örtliche Wirte müssen sich also keine Sorgen machen.

Soviel lässt sich vorhersagen: Die künftige Nutzung wird aller Wahrscheinlichkeit nach einen sozialen Aspekt haben oder zumindest ein Ort der Begegnung werden. Netter Nebeneffekt: Das würde neue Fördermöglichkeiten eröffnen. Die Planung wird also fortgesetzt, und dem konnte der Gemeinderat einstimmig zustimmen.