Weilheim und Umgebung

Die Hühner sind verpflichtend

Gemeinderat So voll ist das Neidlinger Rathaus selten: 35 Bürger waren bei der Sitzung des Gemeinderats dabei.

Rathaus Neidlingen
Archiv-Foto: Rathaus Neidlingen

Neidlingen. Natürlich wollten die Neidlinger Feuerwehrleute dabei sein, wenn der Gemeinderat die Beschaffung eines neuen Löschfahrzeuges beschließt. Das tat er einstimmig. Der Vorgänger ist 30 Jahre alt, hat erhebliche Mängel und Ersatzteile sind nur noch schwer zu bekommen. Der Nachfolger bietet Platz für neun Einsatzkräfte und führt 1 600 Liter Löschwasser mit. Auch für einfache technische Hilfeleistungen bei Unwettern ist das neue Fahrzeug gerüstet. Atemschutzgeräte sind ebenfalls an Bord, so kann sich die Mannschaft schon während der Anfahrt ausrüsten. So ein Fahrzeug wird nicht einfach am Stück gekauft: Das Fahrgestell etwa liefert MAN aus Kirchentellinsfurt. Der Aufbau und die Löschtechnik, mit gut 200 000 Euro der größte Brocken, kommen von Magirus aus Ulm. Insgesamt kostet das neue Fahrzeug gut 360 000 Euro. Das Land gibt einen Zuschuss von 90 000 Euro.

Neubau des Aussiedlerhofs

Der zweite Grund für die vielen Besucher war der städtebauliche Vertrag zum Neubau eines Aussiedlerhofs. Armin Hägele plant eine landwirtschaftliche Mehrzweckhalle mit Verkaufsraum, Besenwirtschaft und Betriebsleiterwohnung, dazu einen Hühnerstall mit Freilaufgehege für 2 000 Hühner und eine Halle für Hackschnitzel und Geräte. Dafür hat die Gemeinde von einem Anwalt eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung ausarbeiten lassen. Die vertraglichen Regelungen zur Abwasserbeseitigung und Stromversorgung waren unumstritten. Deutlich schwieriger ist jedoch die Verkehrserschließung. Die Gemeinde will sicherstellen, dass sie nicht später einmal zu einer Verbreiterung oder Erneuerung der landwirtschaftlichen Wege verpflichtet wird: Der Bauherr nimmt die Wege so, wie sie sind. Sollte später ein Ausbau nötig sein, muss der Bauherr dies mit der Gemeinde vereinbaren und selbst bezahlen. Ein vorhandener Grasweg darf nicht als zweite Zufahrt verwendet werden. „Das scheint mir etwas ambitioniert zu sein“, wies Anwalt Dieter Weiblen im Gremium die Forderung zurück, diesen Weg zusätzlich zu erlauben.

Hofladen und Besenwirtschaft sind nur zugelassen, solange es auch den Hühnerstall gibt, denn die landwirtschaftliche Nutzung muss im Vordergrund stehen. Was aber, wenn der Hühnerstall, etwa wegen einer Tierkrankheit, vorübergehend nicht genutzt werden kann? Dazu nahm der Gemeinderat in die Vereinbarung eine Sonderregelung auf. Mit seinem Vorschlag, nicht auf Hühner zu bestehen und diese Bedingung als „Tierhaltung“ weiterzufassen, konnte sich Gemeinderat Christoph Heilemann nicht durchsetzen.

Was aber, wenn dem Bauherrn während des Baus das Geld ausgehen sollte? 440 Meter Leitungen führen über Gemeindegrund. Müsste dann die Gemeinde womöglich auf eigene Kosten den aufgerissenen Weg wieder zugraben? Nein, denn dazu sah der Vertragsentwurf während der Bauphase eine Bankbürgschaft von 100 000 Euro vor. Diese Forderung an den Bauherrn stieß im Gremium auf vehementen Widerspruch und wurde schließlich auf 50 000 Euro halbiert. Auch verzichtet die Gemeinde nun auf die Beweislastumkehr bei eventuellen Schäden.

So wurde der Vertrag einstimmig beschlossen. Der Anwalt arbeitet die gewünschten Veränderungen ein, die Gemeinderäte werden dies dann kontrollieren. Die Kosten des Vertrags trägt die Gemeinde. Peter Dietrich