Weilheim und Umgebung
Die Landwirte haben nichts zu lachen

Landwirtschaft Corona und Schweinepest sorgen für sinkende Preise und machen Bauern zu schaffen. In Göppingen machten sie ihrem Ärger Luft. Von Thomas Zapp

Die Preise für Fleisch und Milch finden die Bauern der tierhaltenden Betriebe schon lange nicht mehr lustig. Dass sie ihre Forderung für bessere Preise bundesweit am Karnevalsanfang um 11 Uhr 11 übergaben, war dann wohl eher sarkastisch zu verstehen und der Slogan „Schluss mit lustig“ schon fast fatalistisch. Auch vor dem Göppinger Metzger-Schlachthof der Mega-Gruppe hat es einen Protest von knapp 50 Bauern gegeben, an dem auch die Landwirte Mathias Münsinger aus Holzmaden und Ulrich Alber aus Häringen teilnahmen.

Nun war es aber kein Protest gegen die Schlachthöfe und Molkereien, weil die zu niedrige Preise für Fleisch und Milch zahlen. Vielmehr war „Schluss mit lustig“ als ein gemeinsamer Aufruf an die Politik zu verstehen, gegen die aktuellen Corona-Maßnahmen im Konkreten sowie die EU-Agrarpolitik im Allgemeinen. In seiner Pressemitteilung verweist der Göppinger Betrieb auf den Wegfall seiner Kundschaft. „Unser Gastronomiegroßhandel wurde durch die behördliche Schließung von Gaststätten, Restaurants und Hotels leider von der Politik schon ein zweites Mal dieses Jahr von heute auf morgen quasi seiner Geschäftsgrundlage beraubt“, heißt es. Und weiter: „Obwohl kein wissenschaftlicher Beweis vorliegt, dass die Gastronomie ein Treiber der Pandemie ist und ein Lockdown die Infiziertenzahlen dauerhaft in den Griff bekommt.“ Sie kritisieren den „wenig zielgerichteten staatlichen Eingriff in die Freiheitsrechte“. Das sei umso schwerwiegender, da wegen Corona die meisten Schlachthöfe nur eingeschränkt arbeiten können. Dabei würden sie in Göppingen schon deutlich höhere Preise an die Bauern zahlen als die großen Schlachthöfe. Doch es reicht nicht. „So geht ein ganzer Wirtschaftszweig kaputt“, sagt Mathias Münsinger.

Überproduktion von Schweinen

Besonders in der Schweineindus- trie spitzt die Corona-Krise zu, was ohnehin im Argen liegt: die Überproduktion von Schweinefleisch in Deutschland. Nach Angaben der Mega-Gruppe werden jährlich mehr Schweine gezüchtet als im Land Bedarf besteht, der sogenannte „Selbstversorgungsgrad“ liege bei mehr als 120 Prozent . Zu diesen Problemen ist jüngst noch ein weiteres hinzugekommen: Bislang sind und rund 10 Millionen Schweine in den asiatischen Raum exportiert worden. Diese Möglichkeit habe sich aber mit dem ersten Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland zerschlagen. „Sie können die Produktion aber nicht einfach herunterfahren, Schweine sind Lebewesen, die können sie nicht wie eine Maschine abstellen“, sagt Mathias Münsinger. Die Fleischindustrie fordert daher eine Exporterlaubnis für Schweine aus ASP-freien Landkreisen in Drittländer.

Zusätzlich wird billiges Fleisch aus Osteuropa nach Deutschland importiert. „Die Discounter bauen dort riesige Mastbetriebe, gegen solche die Leute hier in Deutschland protestieren“, sagt der Häringer Ulrich Alber, der seine 200 Schweine direkt auf seinem Hofladen vermarktet oder im familieneigenen Landgasthof „Rössle“. „Wir kommen zurecht“, sagt er, „aber wir wollten Flagge zeigen für die Kollegen.“ Die Preise der Discounter sind ihm ein Dorn im Auge, der Druck zeige sich auch bei seinem Hofladen-Verkauf. Aber auch er sagt: „Das letzte Wort hat der Kunde.“ Denn für die Landwirtschaft und Zuchtbetriebe gilt, und das ist für Ulrich Alber kein Karnevalsscherz: „Die Preise müssen besser werden.“ Das heißt in diesem Fall: teurer. Der Göppinger Schlachtbetrieb hat dazu einen konkreten Vorschlag: „Ein Verbot der Preiswerbung für Fleisch, wie sie täglich praktiziert wird, wäre zu wünschen.“