Weilheim und Umgebung

„Die Lehrkräfte dürfen nicht abtauchen“

Interview Elke Amend-Gebühr, Leiterin der Weilheimer Werkrealschule, spricht über die aktuelle Fernlernphase.

Weilheims Schulleiterin Elke Amend-Gebühr im Gespräch mit Schülern, als dies noch ohne Maske erlaubt war. Archivfoto
Weilheims Schulleiterin Elke Amend-Gebühr im Gespräch mit Schülern, als dies noch ohne Maske erlaubt war. Archivfoto

Wie läuft es mit dem Homeschooling an der Werkrealschule in Weilheim?

Elke Amend-Gebühr: Bei uns funk­tioniert es ausgesprochen gut. Die Verbindung zu den Schülern ist nicht abgerissen. Alle sind beim Fernunterricht dabei.

Wie schaffen Sie das?

Amend-Gebühr: Das Mittel zum ­Erfolg sind aus meiner Sicht die Videokonferenzen. Das ist auch das, was ich als Schulleiterin einfordere. Da die Lehrkräfte größtenteils zu Hause arbeiten, lasse ich mir von ihnen Berichte geben.

Warum sind Videokonferenzen der Schlüssel?

Weil die Präsenz der ­Lehrkräfte unglaublich wichtig ist. Meine Schülerinnen und Schüler haben mir zum Beispiel direkt gesagt, sie brauchen im Unterricht auch ­meine Gestik und meine Mimik.

Und was, wenn die Schule eines Kindes keine oder kaum Videokonferenzen anbietet?

Dann sollten Eltern sich unbedingt an die Schule wenden und Videokonferenzen einfordern.

Wie läuft denn so eine Stunde per Videokonferenz bei Ihnen ab?

Im Prinzip gehe ich den Unterricht durch wie im Klassenzimmer. Ich sehe die Schüler auf dem Bildschirm, und sie sehen mich, wie ich an meinem Schreibtisch in meinem Arbeitszimmer sitze. Meine Kamera bleibt auch bewusst die ganze Zeit an. Ich begrüße die Klasse und dann machen wir uns an die ersten Aufgaben.

Und die Wissensvermittlung klappt auf dem digitalen Weg?

Wir können sehr gut per Video unterrichten. Zum einen funktionieren die Tools mittlerweile tadellos, zum anderen gibt es in den Videokonferenzen tolle Möglichkeiten, zum Beispiel für Gruppenarbeiten.

Dazu müssen sich aber alle mit den Programmen auskennen . . .

Das ist bei uns der Fall - und es ist auch kein Wunder. Schließlich hatten wir doch jede Menge Zeit, uns auf einen zweiten Lockdown vorzubereiten. Als Beamte haben wir eine Fortbildungspflicht, und die haben wir wahrgenommen. Was die Schülerinnen und Schüler angeht: Medienbildung gehört zu den Leitperspektiven des Bildungsplans. Darum halte ich eine ständige Medienbildung - unabhängig von Corona - für unabdingbar. Im Fall unserer Schule hat das jetzt erfolgreich dazu geführt, dass die Schüler mit diesen Kompetenzen hier in der Schule trainiert wurden und sie deshalb auch zu Hause anwenden können.

Wie konnten Sie alle Lehrer und Schüler mit Geräten versorgen?

Zum einen haben wir uns im Frühjahr bei einer großen Aktion der Diakonie beworben und Schüler-Laptops erhalten. Zum anderen haben wir jetzt sehr großzügig die schuleigenen Geräte an die Kinder ausgegeben. Die Schule hat außerdem einen Etat - und dass uns eine weitere Fernlernphase erwartet, wissen wir ja nicht erst seit ­gestern.

Das heißt, Sie erreichen auch Schüler aus sozial schwachen Familien und Kinder, die schlecht Deutsch sprechen?

Ja, das klappt ausnahmslos, sogar bei der Vorbereitungsklasse, in der Schülerinnen und Schüler mit geringen Deutschkenntnissen unterrichtet werden.

Viele Lehrkräfte sagen, dass Homeschooling eine höhere Arbeitsbelas­tung bedeutet. Sehen Sie das auch so?

Wir machen es sogar oft so, dass wir Klassen teilen, um online gut lernen zu können. Das heißt: Für jede Stunde Englisch unterrichte ich jetzt zwei - erst die eine Hälfte der Klasse, dann die andere. Meine Kollegen hier an der Schule machen das auch so. Sprich: Beim Unterricht ist der zeitliche Aufwand doppelt so hoch.

Aber das bekommen Sie ja gar nicht vergütet, oder?

Dazu kann ich nur sagen: Wir Lehrer haben keinen Urlaub, sondern sind im Dienst. Es ist lediglich eine andere Art des Arbeitens. Und wir haben eine 40-Stunden-Woche. Wenn die Schulleitungen das Engagement nicht einfordern, werden immer wieder Lehrkräfte abtauchen. Das darf nicht passieren.

Welche Rolle spielen die Eltern beim Homeschooling?

Bildung zu vermitteln, ist Job der Lehrer - und der hört in Zeiten der Pandemie nicht auf. Wir dürfen die Eltern nicht alleine rudern lassen. Allerdings können sie zu Hause unterstützen, indem sie für Strukturen und Ordnung sorgen, dafür, dass die Kinder morgens am Schreibtisch sitzen und die Videokonferenz nicht aus dem Bett verfolgen. Bianca Lütz-Holoch