Weilheim und Umgebung
Die Luft ist zu 99,99 Prozent rein

Corona Die Gemeinde Neidlingen hat Luftreiniger angeschafft: vier für die Grundschule und einen für das Bürgerbüro. Von Peter Dietrich

Luftreiniger für die Neidlinger Grundschule und das Rathaus wollte Bürgermeister Klaus Däschler schon länger haben, doch die Kirchheimer Firma Keller Lufttechnik konnte zuerst nicht liefern. Als sich das änderte, wartete Klaus Däschler gar nicht erst die nächste Gemeinderatssitzung ab: Den Kaufbeschluss im Wert von zusammen rund 15 000 Euro plus Mehrwertsteuer traf der Gemeinderat kurzfristig per elektronischem Umlaufverfahren, bei einstimmigen Beschlüssen ist das möglich. Nun sind die fünf Geräte im Einsatz.

Zu übersehen ist der gut ein Meter hohe Würfel im Bürgerbüro nicht, aber leicht zu überhören, der Luftstrom klingt etwa wie ein leiser Beamer - ein leiser wohlgemerkt, es gibt auch lautere Exemplare. Im Büro läuft der Luftreiniger mit Stufe vier - von zehn möglichen Stufen. Das haben die Experten von Keller Lufttechnik errechnet, dann wird die Luft im Bürgerbüro in einer Stunde viermal gereinigt. Nicht nur von Viren, sondern auch von Bakterien, Pilzen, Pollen, Sporen und Feinstäuben, und zwar dank Hepa14-Filterstufe zu 99,995 Prozent. In der Schule sind die Klassenzimmer etwas größer, dort läuft der Luftreinger mit Stufe fünf von zehn. Er hat nur zwei Bedienelemente, eines zum Einschalten und eines zum Einstellen der Stufe. Es gibt keine App und keine Programmierung, es braucht zur Bedienung keinen Hausmeister mit Spezialschulung. Auch den nach einigen Jahren nötigen Filterwechsel kann die Gemeindeverwaltung selbst erledigen, dazu braucht es keinen Spezialisten.

„Die Technik gibt es schon lange“, sagt Heiko Sindlinger von Keller Lufttechnik. Bisher hat die Firma solche Geräte für Operationssäle von Krankenhäusern und die Industrie produziert, etwa für Reinräume, für die Chipproduktion und die Solarindustrie. Wegen Corona ist mit dem „AmiCube“ nun ein kleineres Modell erschienen. Es wird in Kirchheim-Jesingen gebaut und verbraucht bei Volllast 500 Watt. Durch den Einsatz fällt in der Schule aber das dauernde Lüften weg, was beim Heizen viel Energie spart. Nun reicht das Stoßlüften in der Pause, das ist schon wegen dem frischen Sauerstoff nötig, denn diesen produziert der Luftreiniger nicht. Er macht auch sonst nichts mit der Luft: Er heizt und kühlt nicht, er entzieht der Luft keine Feuchtigkeit und gibt auch keine hinzu, er reinigt die Luft nur, aber das extrem gründlich.

Heiko Sindlinger berichtet von einem aktuellen Test der Universität Stuttgart, und zwar mit echten Viren. Einen Teil der Messergebnisse hat er bereits vorliegen, sie zeigen, dass die Filterung funktioniert. Er sagt aber auch klar: „Der Lufteiniger ersetzt keine Hygienemaßnahmen: Wenn einer dem anderen direkt ins Gesicht hustet, hilft er nicht.“ Aber er helfe gegen die Aerosole. Diese sinken ab, werden von dem Würfel am Boden mit der Luft angesaugt.

Der sehr solide wirkende Würfel ist aus Metall und wiegt 85 Kilo, einfach von Stock zu Stock tragen lässt er sich also nicht. Aber er hat Rollen, damit man ihn von Zimmer zu Zimmer fahren kann. Die einzügige Neidlinger Grundschule mit ihren 60 Schülern hat aber für jedes Klassenzimmer ein Gerät bekommen. Die Rektorin der Grundschule, Maren Spachmann-Koch, ist sehr froh, dass dadurch wieder ein Unterricht ohne ständige Lüftungsunterbrechungen möglich wird.

Stellt sich die Frage wie das ist, wenn es wärmer wird? „Es ist kein Problem, wenn beim Betrieb des Reinigers parallel die Fenster geöffnet sind“, sagt Martin Kirschmann von Keller Lufttechnik. Es ist also nicht wie bei manchem klimatisierten Raum oder Zugabteil, wo die Fenster deshalb geschlossen bleiben sollen. Nur eine Frage kann Martin Kirschmann spontan nicht beantworten: Muss man im Neidlinger Bürgerbüro jetzt weniger abstauben, wenn die Luft so gut umgewälzt und gefiltert wird? Das werden erst die kommenden Wochen und Monate zeigen.