Weilheim und Umgebung

Die Zeller zieht es nach Kirchheim

Verkehrspolitik Schüler aus Zell unter Aichelberg haben es nach Kirchheim näher als nach Göppingen. Doch die schlechte Busverbindung schreckt manche Eltern ab. Ein Vater will das jetzt ändern. Von Jürgen Schäfer

Von Zell nach Weilheim gibt‘s einen Bus. Leider passen die Anschlüsse nicht für Schüler, die dort umsteigen wollen, um nach Kirc
Von Zell nach Weilheim gibt‘s einen Bus. Leider passen die Anschlüsse nicht für Schüler, die dort umsteigen wollen, um nach Kirchheim aufs Gymnasium zu gehen. Sie müssen um 6.09 Uhr los, damit sie um 7.30 Uhr an der Schule sind, klagt ein Vater.Foto: Tilmann Ehrcke

Welches Gymnasium soll es sein? Familie R. (Name geändert) aus Zell hatte sich umgeschaut. In Göppingen und in Kirchheim im Schlossgymnasium. Für Letzteres hat sie sich entschieden. Die Familie wusste aber schon, worauf sie sich einließ: es würde nicht einfach sein mit dem Schulweg. Die Busverbindung nach Kirchheim sei schlicht katastrophal, klagt der Vater.

Sie haben es trotzdem gewagt. Weil Daniel R. in Dettingen arbeitet und die Kinder morgens mitnehmen kann. Und wenn er mal krank ist oder sonst wie verhindert, kann die Mutter einspringen. Allerdings muss sie dann umdisponieren, weil sie auch berufstätig ist. Sie bringt die Kinder zur Schule, fährt dann zum Bahnhof, nimmt die S-Bahn nach Stuttgart und fängt dort später an.

Im Sommer ist es einfach. Da können die Kinder mit dem Rad zum Schlossgymnasium nach Jesingen. Das sind achteinhalb Kilometer ohne Steigung, das ist zu machen. Die beiden Fünftklässler haben das im September bewiesen. Kein Einzelfall. Ganze Rad-Völker sind zur Schule nach Kirchheim unterwegs, sagt Hans-Ulrich Lay, stellvertretender Schulleiter im Schlossgymnasium. Er ist selbst Zeller und fährt mit dem Rad zur Schule. Dazu braucht er keine halbe Stunde. Ab Ohmden ist die Radstrecke mit Schülern bevölkert, sagt der stellvertretende Schulleiter.

Aber ab Oktober ist es morgens dunkel, die Strecke bis Ohmden nicht beleuchtet, und so nimmt Daniel R. seine Kinder jetzt zur Schule mit. Mittags bleibt ihnen nur der Bus, und das kann dumm laufen. Nach dem Mittagessen in der Schule fährt er um 13.15 Uhr los, genau eine Minute Umsteigezeit in Weilheim, betont Daniel R. Arbeitsgemeinschaften wie Chor und Theater enden um 14.10 Uhr, da ist der Bus gerade weg, der nächste kommt in zwei Stunden. Diese Lücke habe auch schon die Gemeinde Aichelberg beklagt, sagt der Vater.

Morgens könnte es so einfach sein, sagt Daniel R. Der Bus um 6.55 Uhr ab Zell müsste nur zehn Minuten früher fahren, dann würde es knapp reichen zum Anschluss um 7.07 Uhr in Weilheim. Warum kriegen das die Busunternehmen und Landkreise nicht hin, fragt er. Und warum gebe es keine Verbindung von Zell nach Ohmden? Die Zeller hätten sich das bereits gewünscht, seien aber beim Filsland Mobilitätsverbund abgeblitzt.

Und dann die Kosten: Die Kinder bräuchten gleich zwei Tickets für die Fahrt nach Kirchheim, eines für den kreisüberschreitenden Verkehr. Das koste allein 31 Euro pro Monat und Kind. Daniel R. hat sein Leid schon dem Zeller Gemeinderat geklagt und hofft, dass sich doch noch etwas bewegt. Die Familie erwägt auch schon, in den Nachbarkreis zu ziehen.

Nur zehn Schüler aus Zell und Aichelberg gehen ins Schlossgymnasium. Aber: „Es ist ein Trend“, sagt Lay. Vor drei Jahren habe das noch keiner gemacht. Jetzt seien es immerhin fünf pro Schuljahr. Es könnten auch 50 sein, sagt Daniel R. „Wenn der logistische Aufwand nicht wäre.“ R. könnte sich das auch für Schüler aus Hattenhofen vorstellen. „Es gibt noch mehr, die hinterm Schlagbaum sitzen.“ Jetzt hofft er auf den Fahrplanwechsel im Dezember.

Kreis-Verkehrsplaner Jörg-Michael Wienecke kann ihm wenig Hoffnung machen. Die Busunternehmer hätten in den meisten Fällen gute Gründe, warum sie ihre Fahrten so und nicht anders organisierten. Und zum Umsteigeticket von 31 Euro: „Das ist historisch so gewachsen.“

Der Landkreis könne nicht auf Zuruf eine Busverbindung einrichten. Für ihn gelte das Schulzentrum Göppingen. Jede weitere Linie bedeute Kosten ohne einen Cent Einnahmen. Für eine Route nach Kirchheim müsste man über Beiträge des Kreises Esslingen sprechen. Aber eine Hoffnung gebe es. Der Kreis sei interessiert, einen Taktverkehr nach Kirchheim aufzubauen.

Das alte Oberamt wirkt heute noch nach

Mit dem neuen Nahverkehrsplan ist der Wunsch verbunden, eine Verbindung nach Kirchheim aufzubauen, sagt der Göppinger Kreis-Verkehrsplaner Jörg-Michael Wienecke. Ob es gelinge, werde sich in den nächsten ein bis zwei Jahren herausstellen. Der Kreistag in Göppingen müsste dies absegnen und Geld bewilligen.

Vater des Gedankens ist der Berufsverkehr. Nicht wenige pendeln von Kirchheim in den Raum Bad Boll, beispielsweise zur Wala oder künftig zur Firma Ortlieb in Zell. Der Schülerverkehr wäre ein weiteres Argument. Aber welche Route wäre geschickt: über Weilheim, Holzmaden oder Ohmden?

Etwa 15 Schüler aus Aichelberg und Zell besuchen die Realschule Weilheim. Aichelberg ist traditionell stark nach Weilheim orientiert. Auch Zell gehörte früher zum Oberamt Kirchheim. Für Schlierbach ist Kirchheim sogar Nachbarstadt. Von dort gehen 21 Schüler ins Schlossgymnasium Kirchheim.js