Weilheim und Umgebung

Emilie züchtet ab sofort Schmetterlinge

Streuobst Schüler der dritten und vierten Klasse in Neidlingen pflanzen einen Apfelbaum.

Unterricht in der Natur statt am Schreibtisch, das gibt‘s in Neidlingen.Foto: Thomas Krytzner
Unterricht in der Natur statt am Schreibtisch, das gibt‘s in Neidlingen.Foto: Thomas Krytzner

Neidlingen. Die Natur liegt der Biosphärengemeinde Neidlingen am Herzen. Aus diesem Grund lernen bereits die Schulkinder den sinnvollen Umgang mit der Umgebung. Eine der vielen Aktionen im Rahmen der Streuobstpädagogik ist das Pflanzen eines Obstbaumes. Für die dritte und vierte Klasse der Neidlinger Grundschule ist der Unterricht direkt in der Natur eine willkommene Abwechslung.

Geplant war, dass der Apfelbaum direkt bei der Schule eingesetzt wird. Da aber der Boden auf dem Schulgelände ungeeignet ist, weichen Lehrerin Kerstin ­Deuschle und ihre Zöglinge auf eine Streuobstwiese aus, die den Eltern eines Schülers gehört. Warm eingepackt, mit Mütze, Schal und Handschuhen geht es also auf eine verkürzte Schulwanderung. Der Wind pfeift eisig um die Ohren, aber das stört die Kinder vorerst nicht. Viel zu gespannt sind sie, welche Arbeiten bei der Pflanzaktion nötig sind.

Streuobstpädagogin Ulrike Braun erwartet die Klasse bereits und erklärt, dass zwei verschiedene Aufgaben zu bewältigen sind: Einerseits gilt es, abgesägte Äste in kleinere Stücke zu schneiden und „Krähla“ zu binden, andererseits muss für den Apfelbaum ein Loch auf der Wiese gegraben werden.

In zwei Gruppen gehen die Schüler an die Arbeit und freuen sich, dass sie Spaten, Schaufel, Hacke und Zange selbst bedienen dürfen. Der Boden ist so hart, dass die Spaten selbst mit Schülergewicht nicht so recht in die Erde wollen. Da hilft nur kräftige Nachhilfe der Streuobstexpertin. Den Kindern macht es sichtlich Spaß, zuerst die Grasnarbe zu entfernen, um dann das Erdreich zu lockern und wegzuschaufeln.

Während das Loch für den Obstbaum gegraben wird, kommen die Schüler noch näher mit der Natur in Berührung, und plötzlich entdeckt ein aufgeweckter Junge einen Wurm. Sofort zieht er diesen aus der Erde und zeigt ihn seinen Schulkameraden. Einige schauen sich den Nützling interessiert von Nahem an, andere rennen schreiend weg.

Dann entdeckt Emilie eine größere Raupe, die gerade aus dem Boden guckt. Aufgeregt berichtet sie ihrer Freundin Paulina von dem Fund und beschließt: „Ich züchte ab jetzt Schmetterlinge. Das hat zwar beim letzten Mal nicht so gut geklappt, aber ich probiere es wieder.“

Die zweite Gruppe verarbeitet fleißig Äste von den Obstbäumen zu Kleinholz, und mit einem speziellen Krähle-Apparat binden sie die Holzbündel für späteres Feuerholz. Lange Zeit spielten die kalten zwei Grad keine Rolle, doch als ein Mädchen über kalte Hände klagt, bemerken plötzlich alle der Astschneide-Gruppe, dass ihnen auch kalt ist. Lehrerin Kerstin Deuschle hat Abhilfe bei frierenden Fingern und Füßen: Hüpfen und Rennen. So unterbrechen die Schüler ihre Holz- und Grabe-Arbeiten und wärmen sich auf.

Schließlich ist das Loch für den Apfelbaum groß genug, und er kann eingepflanzt werden. Ulrike Braun zeigt am lebenden Beispiel, wie ein Baum funktioniert. „Jetzt haben wir das Loch ausgegraben, nun können wir es wieder zuschaufeln“, meint einer der Schüler kopfschüttelnd und nimmt die Schaufel in die Hand. Nachdem der Stützpfosten in den Boden gehämmert ist, kann die ausgegrabene Erde wieder ins Loch. Damit Mäuse die Wurzeln des Apfelbaumes nicht gleich abfressen, werden diese mit einem Gitterdraht geschützt.

Der Baum steht jetzt bolzengerade in der Erde, und nachdem kräftig angegossen ist, gibt es zur Belohnung hausgemachtes Apfelmus aus Neidlinger Äpfeln. Während die Schüler „ihren“ Baum voller Stolz betrachten, erklärt die Streuobstpädagogin, dass die nächsten naturnahen Unterrichtsstunden die Vielfalt der Streuobstwiesen beinhalten und einen Teil Blumenkunde. Ein Besuch im Backhaus steht auch demnächst an. „Im Herbst ernten wir gemeinsam mit den Schülern das Obst und produzieren mit der Handpresse frischen Apfelsaft.“Thomas Krytzner