Weilheim und Umgebung

Emotionaler Abschied von einem umstrittenen Kirchenmann

Hermann Ehrensperger ist gestern als Weilheimer Pfarrer mit einem Gottesdienst verabschiedet worden – Devise lautet: Nach vorne schauen

Für Hermann Ehrensperger ist es der letzte Akt in Weilheim gewesen: Nach 25 Jahren als Pfarrer der katholischen Franziskusgemeinde wurde er gestern offiziell verabschiedet. Rund 350 Menschen kamen zu der Zeremonie. „Nach vorne schauen“, lautete das Credo. Die Ereignisse der vergangenen Monate waren dennoch Thema.

Nach knapp 25 Jahren verlässt Pfarrer Hermann Ehrensperger die Franziskusgemeinde in Weilheim.
Nach knapp 25 Jahren verlässt Pfarrer Hermann Ehrensperger die Franziskusgemeinde in Weilheim.

Weilheim. So sehr Weilheims Pfarrer Hermann Ehrensperger zuletzt auch in der Kritik gestanden haben mag – in Weilheim ist er gestern mit offenen Armen empfangen worden. Rund 350 Menschen kamen zur Verabschiedung des 55-Jährigen mit Eucharistie-Feier und anschließenden Ansprachen in die katholische Kirche Sankt Franziskus nach Weilheim. Die Messe hielt Ehrensperger selbst – zum ersten Mal seit Monaten wieder. Im Oktober war er von der Diözese unter anderem wegen dienstrechtlicher Verstöße beurlaubt worden. Betreut wird die Kirchengemeinde derzeit übergangsweise vom Kirchheimer Pfarrer Franz Keil, der als Administrator eingesetzt wurde.

Anders als bei der Gemeindeversammlung im Januar dominierten während des rund dreistündigen, offiziellen Teils nicht Vorwürfe und Kritik, sondern Dank und Anerkennung. Dennoch waren die Ereignisse der vergangenen Monate stets gegenwärtig. Hermann Ehrensperger ließ immer wieder Anspielungen einfließen, gewährte Einblicke in sein Leben und zeigte sich dabei so, wie ihn die Gemeinde kennt: offen, lebensnah und jovial. Er erinnerte sich an Erlebnisse mit seinen Wegbegleitern in der Stadt zurück und bezeichnete sie als „großartig“. Auch eigene Errungenschaften hob er hervor.

Für die Weilheimer Kirchengemeinde war es ein emotionaler Nachmittag: So manchem schossen die Tränen in die Augen, und ihrem Pfarrer bescherten die Anwesenden Standing Ovations.

„Der Glaube hilft uns über vieles hinweg“, sagte Hermann Ehrensperger. Das habe er auch geantwortet, als er gefragt worden sei, wie er es ausgehalten habe, so im Kreuzfeuer zu stehen. „Wir alle nehmen uns selbst viel zu wichtig“, betonte er. Und angesichts der großen Krisen in der Welt seien viele Dinge nur Luxusprobleme und Skandälchen.

Er gab zu, darunter zu leiden, seit einem halben Jahr keine Pfarrei zu haben und keine Messe halten zu dürfen. „Ich gehe die nächste Zeit ins Kloster“, erzählte er. Danach hoffe er auf eine neue Stelle.

Eine Eigenschaft Hermann Ehrenspergers hoben gleich mehrere Redner hervor: seine Offenheit. „Die Tür von Pfarrer Ehrensperger steht immer offen“, sagte Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle. Auch ihm selbst sei er stets mit großer Offenheit begegnet. Zeichen habe Hermann Ehrensperger mit dem Bau des Gemeindehauses und der Renovierung der Kirche nicht nur nach außen hin gesetzt. „Er hat auch Spuren in den Herzen der Menschen hinterlassen.“ Auch Weilheims evangelischer Pfarrer Matthias Hennig und der portugiesische Pfarrer Padre Ivo Lisaki attestierten Hermann Ehrensperger stets offene Arme und Ohren. Aufgeschlossen war Hermann Ehrensperger zudem für den Verein „Hilfe für Guasmo“. Seit 18 Jahren fließt das Geld aus den Sternsinger-Aktionen in dessen Hilfsprojekte. „160 000 Euro sind in der Zeit aus Weilheim und Umgebung zusammengekommen“, hob die Ehrenvorsitzende des Vereins, Ursula Hauser, hervor und bat um Fortsetzung der Kooperation.

Und noch ein Satz fiel an diesem Nachmittag aus dem Munde verschiedener Redner – unter anderem des zweiten Vorsitzenden des Kirchengemeinderats, Ernst Hartmann: „Jetzt geht es darum, nach vorne zu schauen“, sagte er. Beigelegt scheint der Streit in der Kirchengemeinde nämlich immer noch nicht. „Ich bitte alle Beteiligten um den Geist der Versöhnung“, appellierte Domkapitular Paul Hildebrand an die Mitglieder von Sankt Franziskus. Schließlich gehe es um einen Neuanfang. Den wünscht sich auch Hermann Ehrensperger – für die Gemeinde ebenso wie für sich selbst. So formulierte er, an den Domkapitular gerichtet: „Sorgen Sie dafür, dass die Pfarrei einen neuen Pfarrer bekommt und der Pfarrer eine neue Pfarrei – auch wenn es in diesem Fall nicht deckungsgleich sein muss.“

Dem offiziellen Teil in der Kirche folgte gestern eine Abschiedsfeier im und am katholischen Gemeindehaus mit Darbietungen der p
Dem offiziellen Teil in der Kirche folgte gestern eine Abschiedsfeier im und am katholischen Gemeindehaus mit Darbietungen der portugiesischen Gemeinde. Fotos: Markus Brändli

Gemeinde Sankt Franziskus

Die Pfarrstelle in Sankt Franziskus in Weilheim wird Mitte Mai im Amtsblatt der Diözese zur Wiederbesetzung ausgeschrieben. Sankt Franziskus hat 3600 Mitglieder und gehört zusammen mit Mariä Himmelfahrt in Lenningen zur Seelsorgeeinheit Weilheim-Lenningen. Dem Ruf nach Rücktritt des Kirchengemeinderats, der im Januar laut wurde, sind zwei Mitglieder des Gremiums gefolgt, der Rest macht weiter. Mittlerweile ist ein neues Mitglied nachgerückt, einer der zehn Sitze bleibt damit vorerst unbesetzt.bil