Weilheim und Umgebung

Erinnerungen an Kindertage

Vortrag Poesiealben kennt jeder. Aber wer kennt schon ihre Geschichte?

Neidlingen. Welch ein Glückspilz, wer noch im Besitz eines Poesiealbums ist, wer in der Vergangenheit blättern, in Nostalgie schwelgen und sich über nette Verse freuen kann. Das Poesiealbum ist ein persönlicher Schatz. Dass es eine bemerkenswerte Geschichte hat, machte Wolfgang Ott, ehemaliger Museumsleiter in Weißenhorn, in einem Vortrag bei den Neidlinger Landfrauen deutlich.

In seinem Referat „Vom Stammbuch zum Poesiealbum - Geschichte eines Mediums der Erinnerungskultur“ gab Wolfgang Ott einen Einblick in die Verwandlung der Büchlein. Bis ins 16. Jahrhundert zurück gelten Stammbücher nachweislich als „Denkmal der Freundschaft“. Studenten waren es, die sich in jener Zeit schon in Freundschafts- und Erinnerungsbüchern Widmungen von verehrten Professoren, Kommilitonen und Freunden erbaten. Damals war es noch keine „reine Mädchenangelegenheit“ - wie heute oft. Der Stammbucheintrag erweiterte sich zusehends, wie Ott erklärte, und wurde von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen - Ärzten, Wissenschaftlern, Dichtern, Malern - übernommen. Die Bürger bedienten sich dieser Tradition ab dem 17. Jahrhundert und die Alben aus jeder Zeit rezitierten Miniaturen, kleine Kupferstiche oder gar Familienwappen.

Ein Zeuge des Zeitgeists

Seit wann gibt es nun das Poesiealbum, das heute neun- bis zwölfjährige Mädchen nutzen? Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wird aus dem Stammbuch die moderne Version des Albums. Immer spielt dabei der Zeitgeist eine große Rolle in den Bildern und Botschaften. Zu der Veranstaltung brachten viele der Neidlinger Landfrauen ihr eigenes, über Jahrzehnte aufbewahrtes Poesiealbum mit. Denn: Von so einem Album trennt man sich einfach nicht.pm