Holzmaden. „Die Mehrzweckhalle steht, das Dach ist drauf und die Wandverkleidung ist fertig“, sagt Andrea Münsinger und deutet auf den Neubau, der sich etwas versteckt hinter den älteren Gebäuden der Hofstelle in der Verlängerung der Holzmadener Brunnenstraße befindet. „Jetzt wird noch der Boden gepflastert." Dass sie die Halle bauen durften, ist für Andrea und Uli Münsinger ein kleiner Sieg. „Wir haben sieben Jahre darum gekämpft“, sagt Andrea Münsinger.
Noch vor einem Jahr hatte der Holzmadener Gemeinderat den Bauantrag der Landwirtsfamilie abgelehnt – und zwar zum wiederholten Male. Dabei lag zu diesem Zeitpunkt schon ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Stuttgart vor, das die Familie Münsinger nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren beim Regierungspräsidium angerufen hatte. Darin hieß es, dass die Erschließung der Halle über den vorhandenen Feldweg ausreichend gesichert und nicht mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen sei.
Im Gemeinderat war man aber nach wie vor der Ansicht, die Mehrzweckhalle samt Silos sei nur ein weiterer Schritt hin zu einer Expansion. „Und eine betriebliche Weiterentwicklung mit Direktvermarktung in einem landschaftlich besonders geschützten Gebiet steht aus unserer Sicht den öffentlichen Belangen entgegen“, sagt Holzmadens Bürgermeisterin Susanne Jakob: „An der Ausgangslage und an unserer Auffassung hat sich nichts geändert.“
Den Bau der Mehrzweckhalle konnte der Gemeinderat aber nicht mehr verhindern. „Nachdem die Gemeinde trotz des Gerichtsurteils bei ihrer Position geblieben ist, mussten wir das Einvernehmen erteilen“, sagt Peter Keck, Pressesprecher des Landkreises Esslingen – eine Sache, die sehr selten vorkomme. Das Landratsamt erteilte die Baugenehmigung.
Vor dem Gerichtsurteil hatte aber auch der Landkreis dem Vorhaben ablehnend gegenübergestanden. „Grund war, dass der Landwirt kein Gutachten zum Immissionsschutz eingereicht hatte“, begründet Peter Keck. Das Gericht habe dann einen Gutachter beauftragt. Er sei zu dem Ergebnis gekommen, dass keine schädlichen Immissionen vorliegen. Abgehakt ist die Sache aber immer noch nicht. „Es liegen zahlreiche Widersprüche vor“, informiert Keck. Sowohl die Gemeinde Holzmaden als auch Nachbarn hätten sich gemeldet – und auch die Familie Münsinger selbst. „Da geht es um Auflagen zum Brandschutz“, sagt Andrea Münsinger. Das Landratsamt fordere einen 30 Kubikmeter großen Löschtank neben der Halle – für die Landwirtin unverständlich: „Im Wohngebiet Brunnenstraße ist doch gleich der nächste Hydrant“, sagt sie.
Auch wenn die Halle steht – ein schaler Beigeschmack bleibt. „Damals, als wir den Bauantrag gestellt haben, hätten wir für eine Photovoltaikanlage auf dem Dach Fördermittel vom Land erhalten“, sagt Uli Münsinger. Die gab es jetzt natürlich nicht mehr. „Stattdessen haben wir viel Geld für Gutachten und Rechtsbeistand ausgegeben.“
Trotzdem blickt die Familie nach vorn: Uli Münsinger und sein Sohn Mathias streben an, einen Mutterkuhstall zu bauen. Allerdings gibt es mit allen potenziellen Standorten Probleme. Das Verfahren läuft bereits seit 2012. „Es gibt einen Dissens zwischen den Interessen der Familie Münsinger und den Positionen des Naturschutzes“, sagt Peter Keck: „Dort, wo das Gebäude hinkommen soll, ist ein komplett unbelastetes Landschaftsschutzgebiet.“ Nachdem Regierungspräsidium und Verwaltungsgericht die Interessen des Naturschutzes bestätigt hätten, gehe es nun in die nächste Instanz.
„Wir geben nicht auf“, sagt Uli Münsinger, und seine Frau betont: „Wir möchten doch für die Zukunft bauen.“ Sohn Matthias ist gelernter Landwirt und soll den Hof übernehmen – in fünfter Generation. „Unsere Angusrinder ziehen wir in Mutterkuhhaltung auf und lassen sie den Großteil des Jahres draußen weiden“, sagt Uli Münsinger. Im Winter jedoch müsse die Herde eingestellt werden.
„Bei uns ist ein Hofnachfolger da, es gibt ein gutes Konzept, die Politik fordert artgerechte Tierhaltung, wie wir sie betreiben – und trotzdem werden uns so viele Steine in den Weg gelegt“, klagt Andrea Münsinger. Unverständlich ist für die Familie auch, wieso der Hof in den Achtzigerjahren via Gemeinderatsbeschluss ausgesiedelt werden konnte, weil man dort Entwicklungspotenzial sah und jetzt kein Platz mehr für die Landwirtschaft in der Talaue sein soll: „Wie kann denn so ein Beschluss einfach erlöschen?“ fragt Uli Münsinger kopfschüttelnd.