Weilheim und Umgebung

Fest im Sattel auf allen Kontinenten

Dokumentation Die Fotojournalistin Gabriele Kärcher aus Weilheim hat Pferde und Reitervölker auf der ganzen Welt besucht. Über ihre zweijährige Reise in insgesamt 14 Länder hat sie ein Buch geschrieben. In Neidlingen berichtet sie nun von ihren Reiseerlebnissen. Von Bianca Lütz-Holoch

Auf kleinen, zähen Pferden preschen Kinder beim mongolischen Nationalfest durch die Steppe. Schon im Alter von drei Jahren reite
Auf kleinen, zähen Pferden preschen Kinder beim mongolischen Nationalfest durch die Steppe. Schon im Alter von drei Jahren reiten sie mit. Foto: Gabriele Kärcher

Wenn Gabriele Kärcher sagt: „Man soll sich seine Träume erfüllen“, dann weiß sie, wovon sie spricht. Denn die Weilheimerin hat es schon mehrfach getan. Zum Beispiel, als sie ihren Job als Redaktionsleiterin der beliebten Mädchen-Pferdezeitschrift „Wendy“ an den Nagel hängte, um fortan als selbstständige Fotografin und Buchautorin zu arbeiten. Oder als sie sich einen Pferdehof im Schwarzwald kaufte, um die allergikerfreundlichen Curly Horses aus Amerika zu züchten. Vor vier Jahren schließlich trennte sie sich von all ihrem Hab und Gut, um einen weiteren großen Lebenstraum zu verwirklichen: eine Pferdeweltreise.

„Zwei Jahre lang bin ich unterwegs gewesen“, erzählt die 59-Jährige, die Pferde seit ihrer Kindheit liebt. 14 Länder auf allen Kontinenten steuerte sie an. Gesucht hat sie überall das Gleiche: „Es ging mir darum, besondere Pferdemenschen und indigene Völker zu treffen, mehr über Wildpferde und die speziellen Pferderassen der jeweiligen Länder zu erfahren.“ Gabriele Kärcher hat sie gefunden: edle Berber in Marokko, schwarze Pferdeflüsterer in Südafrika, Indianer und wilde Mustangs in den USA und kleine zähe Steppenpferde in der Mongolei.

Schwierigkeiten, Kontakte zu knüpfen, Menschen kennenzulernen und Fotomodelle zu finden, hat Gabriele Kärcher nie gehabt. „Die Pferde verbinden und die Menschen sprechen gerne über das, was ihr Herz erfüllt“, sagt sie. Einfach so auf andere zugehen - das funktioniert in fremden Kulturen sogar leichter als in der eigenen. „Das gegenseitige Interesse ist größer, und es ist spannend, sich kennenzulernen“, hat sie festgestellt.

Ihre Erlebnisse hat die Fotojournalistin in einem Buch festgehalten, das dieses Jahr im evipo-Verlag erschienen ist: „Follow the Horses. Die Magie einer besonderen Weltreise.“ lautet der Titel. Es dokumentiert mit Fotos, Reportagen und Infotexten, wie die Menschen in anderen Kulturen und Ländern mit ihren Pferden leben. Davon berichtet Gabriele Kärcher übrigens auch in zwei Vorträgen im Lamm in Neidligen (siehe Info).

„Von solch einer Weltreise kommt man als anderer Mensch zurück“, sagt die Fotografin. „Man erfährt eine unglaubliche Horizonterweiterung, und der Blick aufs eigene Land wird geschärft.“

Ganz wichtig war es Gabriele Kärcher gewesen, den Menschen und ihren Traditionen vollkommen unvoreingenommen und neutral zu begegnen. „Es war ganz klar nicht mein Anliegen, deren Umgang mit Pferden zu kritisieren“, betont die Fotografin. „Ich bin sozusagen als Anfängerin reingegangen und habe versucht, offen für alles zu sein - auch für Dinge, die man bei uns aufgrund von Emotionen automatisch ablehnt.“ Dazu gehören beispielsweise die Stierkämpfe in Spanien. „Ich finde Stierkämpfe nach wie vor keine schöne Sache, aber ich sehe sie jetzt mit anderen Augen“, nennt Gabriele Kärcher ein Beispiel. „Mit ist etwa klar geworden, dass jedes Stallrind bei uns einen Kampfstier um sein Leben beneiden würde.“

Ein Urteil darüber, wo der Umgang mit Pferden am besten ist, möchte sich Gabriele Kärcher auch nach ihrer Rückkehr nicht erlauben. „Man kann nicht sagen, dass das eine besser ist als das andere“, findet die Pferdeliebhaberin. „Cowboys gehen mit ihren Pferden natürlich viel härter um als wir. Aber ob es besser ist, wenn die Pferde 20 Stunden im Stall stehen, gefüttert und gestreichelt werden, weiß ich nicht.“

Begeistert hat sie der natürliche Umgang mit den Tieren in der Mongolei. „Dort gibt es keine Ställe. Die Pferde leben bei Temperaturen von bis zu minus 40 Grad draußen und sind an Robustheit nicht zu überbieten.“ Zwar seien Pferde für die Mongolen Nutztiere. „Aber sie halten sie in Ehren und sorgen gut für sie.“ So singen die Steppenvölker Heil- und Schlaflieder für ihre Reittiere. Die Inder verwöhnen ihre Pferde unterdessen mit ayurvedischen Massagen. Den schönsten Ritt hat Gabriele Kärcher übrigens in Südafrika erlebt. „Die Boerpferde sind unglaublich trittsicher und superbequem zu reiten“, sagt sie.

Nicht neu sind für sie die USA gewesen. „Ich verbringe meine Sommer seit vielen Jahren in Montana, fühle mich dort wie zu Hause und habe Freunde gefunden“, erzählt die Weilheimerin. Ebony, ihr einziges eigenes Pferd, das sie noch besitzt, lebt dort nun auf einer riesigen Weide.

Eine weitere Tour um den Globus hat Gabriele Kärcher nicht geplant. Dafür aber weitere Pferdereisen. „In Russland bin ich gerade gewesen“, sagt sie. „Als Nächstes würde mich zum Beispiel der Iran interessieren.“

Jedes Land hat seine eigenen Pferderassen und Traditionen. Gabriele Kärcher - rechts im Bild zusammen mit einem südafrikanischen
Jedes Land hat seine eigenen Pferderassen und Traditionen. Gabriele Kärcher - im Bild zusammen mit einem südafrikanischen Pferdetrainer - hat sie kennengelernt. Foto: privat
Jedes Land hat seine eigenen Pferderassen und Traditionen. Gabriele Kärcher - rechts im Bild zusammen mit einem südafrikanischen
Foto: Gabriele Kärcher
Jedes Land hat seine eigenen Pferderassen und Traditionen. Gabriele Kärcher - rechts im Bild zusammen mit einem südafrikanischen
„Ich bin sozusagen als Anfängerin reingegangen und habe versucht, offen für alles zu sein", sagt Gabriele Kärcher. Foto: privat
Jedes Land hat seine eigenen Pferderassen und Traditionen. Gabriele Kärcher - rechts im Bild zusammen mit einem südafrikanischen
Foto: Gabriele Kärcher
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Foto: Gabriele Kärcher

Zweiteilige Live-Reportage in Neidlingen

Zwei Vorträge hält Gabriele Kärcher im November im Lamm in Neidlingen. Beide Vorträge drehen sich um Reitervölker und Pferde der Welt.

Teil eins ihrer Live-Reportage präsentiert Gabriele Kärcher am Dienstag, 7. November, um 19.30 Uhr, im Neidlinger Lamm. An diesem Abend geht es um Neuseeland, die USA, Indien, Argentinien, Spanien und das südliche Afrika.

Teil zwei der Live-Reportage folgt am Dienstag, 21. November, ebenfalls im Neidlinger Lamm. Der Abend führt die Gäste nach Marokko, Großbritannien, Kanada, Australien, Chile und in die Mongolei.bil