Weilheim und Umgebung

Fisch aus Holzmaden entfacht Debatte

Bauvorhaben Eine geplante Halle für Aquakultur sorgt für Kontroversen in der Urwelt-Gemeinde. Die Entscheidung fällt nun in einer Extrasitzung. Einigen konnte man sich dagegen auf ein „Corona-Sparpaket“. Von Thomas Zapp

Die Aquakultur-Anlage soll auf der Fläche hinter den bestehenden Gebäuden gebaut worden und damit in Nähe zur Wohnbebauung. Foto
Die Aquakultur-Anlage soll auf der Fläche hinter den bestehenden Gebäuden gebaut worden und damit in Nähe zur Wohnbebauung. Foto: Jean-Luc Jacques
Dieses Haus an der Blumenstraße soll weichen. Anschließend will die Gemeinde einen Teil des Grundstücks als Bauland veräußern. F
Dieses Haus an der Blumenstraße soll weichen. Anschließend will die Gemeinde einen Teil des Grundstücks als Bauland veräußern. Foto: Jean-Luc Jacques

Fische, besser gesagt deren ferne Vorfahren, haben eine gute Tradition in der Urwelt-Gemeinde Holzmaden. Während die versteinerten Ur-Fische aus dem Jura-Meer im Urwelt-Museum Hauff zum beliebten Anziehungspunkt in Holzmaden geworden sind, haben die Gemeindevertreter bei den lebenden Artgenossen der Gegenwart ihre Zweifel. Konkret ging es in der Juni-Sitzung des Gremiums um den Bauvorbescheid für eine Fischzuchtanlage auf der „grünen Wiese“, die ein Landwirt sein Eigen nennt. Er plant auf dem Grundstück an der Breite Wiesen 2 nicht nur ein Blockheizkraftwerk sondern auch eine 375 Quadratmeter große Halle für Aquakultur, die mit der Abwärme beheizt werden könnte. Im warmen Wasser sollen dann Speisefische gezüchtet werden.

Während Bürgermeisterin Susanne Irion einen Konflikt der Außenanlage mit dem Landschaftsschutz sah, wollte sich der Gemeinderat auf eine Ablehnung des Projekts nicht ohne Weiteres festlegen. „Südseefische aus Holzmaden“ fand Rainer Stephan von der Holzmadener Bürgerliste (HBL) zunächst einmal gar nicht so schlecht. Andere würdigten das unternehmerische Denken des Antragstellers, der damit neue Formen des Wirtschaftens auslote. Allerdings halfen die nicht allzu umfangreichen Unterlagen, die dem Antrag beigefügt waren, dem Gremium nicht wirklich weiter, eine Entscheidung zu fällen. So wünschten sich einige Mitglieder Referenzen zu einer möglichen Lärmbelastung durch die Filteranlage oder vielleicht auftretender Gerüche durch den Fischkot, welche die Wohnqualität der Anwohner im nahe liegenden Wohngebiet beeinträchtigen könnte.

Steuerschätzung sieht Minus

Da aufgrund der vorgeschriebenen Fristen bis Ende des Monats eine Entscheidung fallen muss, ob der Bau so einer Anlage grundsätzlich möglich ist, trifft sich der Gemeinderat am Montag der kommenden Woche außer der Reihe noch einmal. Bis dahin hofft man, sich die nötigen Informationen für eine Entscheidung pro oder contra verschaffen zu können.

Rein wirtschaftlich betrachtet wäre eine solche Anlage durchaus interessant für die Gemeinde, denn durch die Corona-Krise erwartet die Verwaltung erhebliche Einbußen. Laut der Mai-Steuerschätzung geht Rathauschefin Susanne Irion von einem Negativsaldo in Höhe von 332 500 Euro aus. Da sind schrumpfende Einnahmen bei der Gewerbesteuer noch nicht einmal mit eingerechnet. Allerdings weiß man auch nicht, welche Hilfen noch von Bund und Land kommen.

Auf einer Klausurtagung im Mai hatte der Gemeinderat mit der Verwaltung bereits „Einsparpotenziale“ ausgemacht. „Wir haben kein Haushaltsdefizit im eigentlichen Sinne. Es handelt sich hier um eine Vorsichtsmaßnahme“, betonte Susanne Irion. So wolle man den Rotstift ausdrücklich auch nicht bei Kitas, Vereinen oder der Schule ansetzen, sondern eher bei Projekten, die zurückgestellt oder gestreckt werden. Wie etwa 100 000 Euro bei den Kosten für die Sanierung der Kanalisierung oder Verschiebungen beim Breitbandausbau. Der Brunnenplatz in der Rainstraße könnte ebenfalls noch auf seine Sanierung warten. In der Summe könnte man 549 200 Euro einsparen. „Das ist eine Liste der Vernunft“, lobte Rainer Stephan. Entsprechend einstimmig beschloss der Gemeinderat die Annahme des Sparpakets.

Ergänzt wird es noch durch eine geplante Netto-Einnahme in Höhe von rund 70 000 Euro: Die könnten durch den Verkauf des Grundstücks Blumenstraße 4 in die Gemeindekasse fließen. Dort gibt es schon seit vier Jahren Pläne für eine Nachverdichtung im Ort. Auf dem Grundstück im Besitz der Gemeinde befindet sich derzeit noch ein Haus, das abgerissen werden müsste. Ein Teil der Fläche würde für eine Straße vorgehalten, der andere könnte Bauland für ein kleines Haus sein, geeignet für eine junge Familie. Hier einigte sich der Gemeinderat noch auf Zuteilungskriterien für potenzielle Käufer. Dort wird man bald zur Tat schreiten. Manche Prozesse werden corona-bedingt dann doch beschleunigt.