Weilheim und Umgebung

Frust über den neuen Fahrplan

Nahverkehr Pendler und Schüler im Raum Weilheim klagen über den Busverkehr. Vor allem Verspätungen, überfüllte Busse und Umstiege ärgern sie. Von Bianca Lütz-Holoch

Weg ist er, der Anschluss-Bus nach Neidlingen. Diese Erfahrung müssen seit Jahresbeginn viele Schüler und Pendler machen. Der Gr
Weg ist er, der Anschluss-Bus nach Neidlingen. Diese Erfahrung müssen seit Jahresbeginn viele Schüler und Pendler machen. Der Grund: Verspätungen auf vielen Linien.Foto: Carsten Riedl

Es ist 17.10 Uhr. Laut Fahrplan fährt der Bus der Linie 174 jetzt in der Weilheimer Ortsmitte bei der Kreissparkasse in Richtung Neidlingen ab. Das Problem: Die Fahrgäste, die er nach Neidlingen transportieren soll, sind noch nicht da. Sie sitzen noch im Bus der Linie 177, der an diesem Tag - wie so oft in letzter Zeit - Verspätung hat.

Die Uhr zeigt 17.13 Uhr. „Eigentlich muss ich jetzt losfahren“, sagt der Busfahrer mit Blick auf die leere Haltebucht hinter ihm. Die offizielle Vorschrift lautet, nicht länger als drei Minuten zu warten. An diesem Tag tut er es trotzdem: „Mit meiner Chefin habe ich vereinbart, dass ich fünf oder sechs Minuten abwarte“, sagt er. Pünktlich ist der weiße Gelenkbus der Linie 177 nämlich selten.

Um 17.16 Uhr wird der Busfahrer unruhig. „Jetzt muss ich wirklich los“, sagt er. „Sonst gerät der ganze Fahrplan durcheinander.“ Schließlich muss er noch nach Neidlingen, wieder zurück nach Weilheim und anschließend nach Kirchheim fahren. Wartet er zu lange, setzt sich die Verspätung fort.

Als der Busfahrer um 17.18 Uhr den fast leeren Bus startet, sieht er im Rückspiegel den weißen Gelenkbus in die Haltebucht fahren - mit zehn Minuten Verspätung. Jetzt geht alles ganz schnell: Pendler und Schüler drängen sich aus den Bus und steigen in den wartenden 174er. Manche rennen, alle eilen. Vielen Fahrgästen ist die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Wäre der Bus weg gewesen, hätten sie in der Kälte auf den nächsten warten müssen. Der käme laut Fahrplan in 18 Minuten.

Das Phänomen kennt Karl-Martin Kutteruf aus Neidlingen zur Genüge. Mehrfach ist es dem Berufspendler passiert, dass der Bus der Linie 174 Richtung Neidlingen schon weg war, als er mit der Linie 173 - verspätet - an der Kreissparkasse ankam. „Seither hat es das nie gegeben. Das hat immer gut funktioniert“, betont er.

So sieht es auch Isabel Hummel: „Mit den Verbindungen ist es seit diesem Jahr schlechter geworden“, sagt die Pendlerin aus Hepsisau. Verspätungen seien mittlerweile an der Tagesordnung. „In Kirchheim wartet der Bus oft noch, aber bei meinem Anschluss-Bus in Göppingen ist es mir schon passiert, dass er weg war“, erzählt sie.

Auch viele Schüler klagen über den neuen Fahrplan, der Anfang Januar in Kraft getreten ist. „Der Bus kommt regelmäßig zu spät in die Realschule“, beschwert sich einer. Nachmittags fahre er eine Minute nach Unterrichtsende an der Kreissparkasse ab: „Das kann man gar nicht schaffen und muss dann teilweise 40 Minuten auf den nächsten Bus in der Kälte warten.“ Darüber hinaus seien diese Busse dann häufig völlig überfüllt.

„Vor allem die Gelenkbusse haben ständig Verspätung“, klagt Gerrit Wöhr. Das bekommt der Schüler zu spüren, wenn er von Weilheim nach Kirchheim fährt. Noch problematischer ist es auf dem Weg nach Stuttgart: „Da habe ich sogar schon den Zug verpasst.“

„Es klappt überhaupt nicht mehr mit der Verbindung Kirchheim-Weilheim-Neidlingen“, kritisiert Ursula Rose, die in der Neidlinger Straße in Weilheim wohnt und in Kirchheim arbeitet. „Kein Bus fährt mehr durch. Man muss bei Wind und Wetter in Weilheim umsteigen.“ Ein Umstand, den der neue Fahrplan mit sich bringt. Er sieht keine durchgängige Verbindung von Kirchheim ins Neidlinger Tal mehr vor.

Darüber ärgert sich auch Karl-Martin Kutteruf, der täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Neidlingen nach Plochingen zur Arbeit und zurück fährt. „Für die Strecke brauche ich jetzt 62 statt 47 Minuten, also 30 Prozent länger“, rechnet er und stellt fest: „Wir Neidlinger sind die Verlierer des neuen Fahrplans.“

Schnell nachbessern

Der Frust der Fahrgäste im Raum Weilheim ist verständlich. Wenn Pendler bei Temperaturen im zweistelligen Minusbereich eine dreiviertel Stunde auf ihren Anschluss-Bus warten müssen, weil der Zubringer Verspätung hat, oder Schüler morgens regelmäßig zu spät zur Schule kommen, ist das nicht zumutbar. Auch dass die Neidlinger sich als Verlierer fühlen, lässt sich nachvollziehen. Über Jahre konnten sie eine durchgängige Verbindung nach Kirchheim nutzen. Dass sie jetzt plötzlich in Weilheim umsteigen und dabei noch warten sollen, stößt vielen sauer auf.

Ganz überraschend kommen die Probleme allerdings nicht. Es war abzusehen, dass es angesichts der Kombination aus einem neuen Betreiber - der größere Gelenkbusse und zumindest anfangs noch ortsunkundige Fahrer einsetzt - und einem völlig neuen Fahrplan zu Beginn ordentlich knirschen würde. Nicht umsonst heißt es: Aller Anfang ist schwer.

Jetzt gilt es allerdings nachzubessern - und zwar schnell. Denn die Verantwortlichen müssen signalisieren, dass ihnen etwas an ihren Kunden gelegen ist, und sie sie nicht an die Straße verlieren wollen. Auf dem Spiel steht aber noch mehr. Denn sollte sich bei den Fahrgästen schon nach den ersten europaweiten Bündelausschreibungen des Landkreises Esslingen der Eindruck verfestigen, dass auf ihre Kosten gespart wird, wäre das dem Ruf von Landkreis, VVS und Busbetreibern nicht zuträglich.