Weilheim und Umgebung

Für den Holzwurm fällt der Vorhang

Stiftskirche Das Gebälk der alten Cyriakuskirche in Bad Boll ist zerfressen. Jetzt geht es den Schädlingen an den Kragen.

Bad Boll. Dass der Holzwurm in der Bad Boller Cyriakuskirche nagt, weiß man schon länger. „Man hat die Wurmhäufle gesehen“, sagt Christoph Banhart, der sich als Kirchengemeinderat ehrenamtlich um die Schädlingsbekämpfung kümmert. Die Population des Käfers, der als Larve Holz frisst, hat sich über Jahrzehnte aufgebaut, sagt Banhart. Das Kirchengestühl ist 110 Jahre alt, irgendwann muss es angefangen haben. „Noch sind die Schäden nicht gravierend.“

„Kaum, dass der Hausschwamm bekämpft ist, steht eine neue He­rausforderung an“, klagt Pfarrer Tobias Schart. Voriges Jahr wurde ein Gutachten eingeholt, das die Begasung mit einem Biozid empfahl. Die Begasung gilt als schonend. Sie greife das Holz nicht an, und es blieben keine für den Menschen bedenkliche Spuren zurück. „Das Gas entweicht wieder vollständig.“ Allerdings sei die Methode nicht nachhaltig. Der Käfer kann wiederkommen. Aber die Kirchengemeinde wappnet sich: Krypta und Sakristeikeller werden belüftet, damit die Feuchtigkeit entweicht, bei der sich der Käfer wohlfühlt.

Zu schützen gibt es eine Menge: das Kirchengestühl, Treppe und Geländer, Decke und Votivtafeln, sagt Banhart. Im Turm hockt der Käfer auch, bohrt sich dort aber nur in rohes Holz. Dort bildet eine Art Gerüst mit Zwischenebenen den Aufgang zum Turm.

Der Eingang der Kirche ist mit Folie drapiert. Schläuche und Kabel für die Mess­technik führen hi­nein. Die Kirchenfenster sind längst abgedichtet, die Holzdecke ebenfalls. Sogar die Nahwärmeleitung vom benachbarten Alten Schulhaus ist zu. Gut für die Kirchengemeinde: Die Abdichtung endet über der Holzdecke, das Dachgestühl bleibt also frei. „Das ist nicht befallen“, sagt Banhart. Sonst hätte man die Kirche einhüllen müssen. Der Countdown läuft. Begasungstechniker Uwe Rascher geht mit einem Kollegen noch mal rein in die Kirche. Dann wird der Eingang dicht gemacht. Für den Holzwurm fällt der Vorhang.

Für die Spezialfirma aus Franken ist das Routine. Woche für Woche haben sie Einsätze in ganz Deutschland. Die Verantwortung ist immer gleich groß. Bei der Abdichtung, bei der Gaskonzentration, denn die muss über 72 Stunden hochgehalten werden. Und dann kommt der Kehraus. Das Gas muss „kontrolliert abgelüftet“ werden. Das geht auch wieder über Tage. Mit Abbau dauert die ganze Prozedur bis Mittwoch, sagt Rascher.

Banhart hat noch einen Mehrwert aufgetan. Er bot der Bevölkerung über die Kirchengemeinde an, holzwurmbefallene Möbel zur Begasung in die Kirche zu bringen. Gegen eine Spende. Das wurde genutzt. Ein Sammelsurium an Holzstücken ist im Seitenschiff zusammengekommen. Jürgen Schäfer