Weilheim und Umgebung
Im Tiny House spielt sich die Zukunft auf 23 Quadratmetern ab

Wohnen Der Pliensbacher Jörg Häfele erfüllt sich mit Ehefrau Birgit seinen Traum vom Feriendomizil.

Zell. Wenn Jörg und Birgit Häfele zusammen einkaufen gehen, kann es schon mal ein Tiny House sein. Entschieden hat sich das Ehepaar aus Pliensbach, einem Teilort von Zell unter Aichelberg, für das Modell „Wilhelm“, einen Basic-Rohbausatz mit Pultdach und Empore. Um voranzukommen, wählte der gelernte Zimmermann die Variante mit Helfer. Mit Bausatzprofi Milan machte er sich rasch ans Werk.

Aus einem Straßentrailer mit Bodenplatte, einem vorgefertigten Rahmenwerk, Dämmmaterial aus zertifizierter Schafschurwolle, Wetterschutzfolie und anderem mehr fertigte sich Jörg Häfele anhand der mitgelieferten Baupläne das Gerüst für sein neues Eigenheim. Innerhalb kurzer Zeit stand der komplette Rohbau, die zweite Etage war schnell eingezogen und auch die Fußbodenheizung installiert. Eine große Hilfe war ihm Milan bei der Innenverschalung mit heimischer, weiß gebeizter Fichte sowie beim Fenster- und Türeneinbau. Beim Fichtenholz hat sich Jörg Häfele für die höchste Qualitätsstufe entschieden, „A-Ware, da gibt es weniger Ausschuss durch Astlöcher.“ Sämtliche Kabel der autarken Stromversorgung sind bis zur noch fehlenden Photovoltaikanlage verlegt. Die schraubenlosen Plastikrohre des komplexen Brauch- und Abwassersystems sind auf Kante zusammengepresst und installiert. Ihre Endmontage und Druckkontrolle übernahm ein Installateur-Meister.

Nach den gröbsten Arbeiten schätzt der 49-Jährige: „Wenn ich alles zusammenrechne, komme ich da schon auf 52 000 bis 53 000 Euro.“ Mehrfach hat Jörg Häfele sowohl auf Nachhaltigkeit als auch auf Qualität großen Wert gelegt. So gibt es als Alternative zum Chemieklosett eine ökonomische und ökologische Komposttoilette. Baut man sich ein Haus, macht sich keiner Gedanken über das Gesamtgewicht. Jörg Häfele schon: Sein 7,28 Meter langes, 2,55 Meter breites und 3,98 Meter hohes Tiny House bringt ohne Mobiliar 3220 Kilogramm auf die Waage. Mit dem Führerschein der Klasse B dürfen 3,5 Tonnen bei maximal 80 Stundenkilometern bewegt werden. Doch das Wichtigste für den mutigen Hausbesitzer ist „die Verwirklichung eines Traums“, hinter dem auch seine Frau steht. „Einerseits habe ich mit diesem Haus einen Standort und anderseits die Möglichkeit, es morgen anzuhängen und wegzufahren“, sagt der Tiny-House-Besitzer zufrieden.

Genaugenommen beschäftigt ihn dieses Mikro- oder Minihaus schon seit ein paar Jahren, verrät Jörg Häfele. Er hat viel darüber gelesen und im „Traum von bezahlbarer Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit“ geschwelgt. Doch wohin ohne Grund und Boden? Und ist man damit so autark, wie man es gerne hätte? Jörg Häfele legte den Traum erst mal auf Eis, bis er sich im Februar 2021 aus emotionalen Gründen für ein Tiny House entschied. Vorausgegangen war der Tod seines Vaters Siegfried, der bei seinem jüngeren Sohn lebte und beiden Kindern eine Erbschaft vermachte. „Mein Vater war genügsam und bescheiden, legte jeden Monat etwas aufs Konto“, erzählt der 49-Jährige, der mit diesem unverhofften Geldsegen nie gerechnet hätte. 

Wie sein Vater gehört auch der gelernte Zimmermann zu den Menschen, die bodenständig geblieben sind. „Wie können wir die Erbschaft sinnvoll einsetzen?“, fragte er. Plötzlich stand das Tiny House wieder im Raum. Auch Ehefrau Birgit zeigte sich von Anfang an begeistert, ihr kam dann die Idee: „Anstelle Wilhelm, nennen wir das Tiny House Siegfried, das würde deinem Vater bestimmt gefallen.“ Sabine Ackermann

 

Kabel1 drehte für das Magazin „Abenteuer Leben“ einen rund 15-minütigen Filmbeitrag, der abrufbar ist unter http://www.kabeleins.de/tv/abenteuer-leben/videos/260-do-it-yourself-tiny-house-clip