Weilheim und Umgebung
Im Wald braut sich was zusammen

Forstwirtschaft Eine Rundfahrt durch den Weilheimer Stadtwald offenbart, wie es um die grüne Lunge des Städtles bestellt ist. Fest steht, dass viele Herausforderungen warten. Von Bianca Lütz-Holoch

Die gute Nachricht zuerst: Der Weilheimer Stadtwald steht gut da. „Er ist gepflegt und sehr naturnah“, sagt Dr. Johannes Fischbach-Einhoff, stellvertretender Forstamtsleiter im Kreis Esslingen. Trotzdem wird an diesem Abend bei einer Fahrt des Weilheimer Gemeinderats durch den Stadtwald klar: Es braut sich etwas zusammen - und zwar nicht nur das Gewitter, das für eine Unterbrechung der Tour sorgt. Der Wald selbst, aber auch die Förster und die Stadt sehen sich einigen Herausforderungen gegenüber.

Eine davon hängt eng mit der Corona-Pandemie zusammen. „In den vergangenen eineinhalb Jahren hat sich die Nutzung des Waldes stark verschoben“, weiß Forstdirektor Johannes Fischbach. Immer mehr Menschen haben den Wald als Erholungs-, Sport- und Freizeitort entdeckt. „Das hat zu Konflikten geführt, die es vorher nicht gab.“ Wanderer etwa fühlen sich durch Mountainbiker gestört, Erholungssuchende klagen über Waldarbeiten und Jäger kritisieren, dass das Wild fast keine Ruhezonen mehr findet. Kurz: Das Gleichgewicht zwischen den drei Funktionen des Waldes - Holzlieferant, Biotop und Erholungsort - ist gestört.

Das ist aber nicht das einzige Problem. Der Stadtwald hat mit dem Klimawandel und Krankheiten zu kämpfen. Zu den Sorgenkindern gehören vor allem Eschen, Buchen und Fichten - und die sind in Weilheim stark vertreten.

Zu einer regelrechten Pandemie wächst sich im Wald das Eschentriebsterben aus. „Was Corona für uns, ist das Eschentriebsterben für die Eschen“, verdeutlicht Julia Usenbenz, Leiterin des Weilheimer Forstreviers. Sie führt die Stadträte zu einer Fläche am Roten Wasen, wo die Krankheit, die von einem aus Ostasien eingeschleppten Pilz verursacht wird, grassiert. Auf 1,5 Hektar müssen zunächst absterbende Bäume gerodet werden. Dann gilt es aufzuforsten. „Dabei setzen wir auf klimastabile Laubbaumarten wie Eiche und Hainbuche“, erläutert die Revierleiterin. Für die Stadt Weilheim hat das finanzielle Folgen: Die Anschaffung der Jungpflanzen, deren Schutz in jungen Jahren und die Pflanzarbeiten selbst kosten 70 000 Euro. Zwar fließen Spenden- und Fördergelder. „Rund 50 000 Euro bleiben aber voraussichtlich an der Stadt hängen.“

Neben Krankheiten wie dem Eschentriebsterben setzt dem Wald vor allem die zunehmende Trockenheit und die regelrechte Dürre der vergangenen Jahre zu. Besonders betroffen sind die Fichten. Hitzestress macht sie anfällig für Borkenkäfer. „In Weilheim beginnen an den Südhängen jetzt aber auch die Buchen zu leiden“, sagt Julia Usenbenz. Ein Massenphänomen ist das noch nicht, wie Johannes Fischbach betont. „Aber es fängt an.“ Eingreifen wollen die Förster an der Stelle, die der Gemeinderat an dem Abend besucht, nicht. Weil die betroffenen Buchen tief im Wald stehen und niemanden gefährden, dürfen sie fallen, werden zu Totholz und damit zu neuem Lebensraum.

Eine Bedrohung für junge Bäume stellt das Rehwild dar. Soll sich der Wald selbst verjüngen, braucht es nicht nur genug Licht am Boden. Vor allem muss auch der Appetit der Rehe gezügelt werden. Das lässt sich auf zwei Arten erreichen. „Tannen etwa verjüngen sich nur, wenn man scharf bejagt“, sagt Joachim Fischbach. Dafür gibt es ein gutes Beispiel im Weilheimer Wald, wo die Jungpflanzen nur so sprießen. An einer anderen Stelle gedeihen zwei Millionen junge Eichen, die sich alleine verjüngt haben - allerdings erst, nachdem die Förster einen Trick angewendet haben: Erst wurden zugunsten der klimastabileren Eichen junge Buchen abgesägt. Dann kam ein Zaun um die rund einen Hektar große Fläche - zwei Maßnahmen, die finanziell und vom Aufwand her ein Klacks gegenüber einer Neupflanzung von Eichen bedeuten.