Weilheim und Umgebung

Im Wald Natur und Kunst erleben

Ausflugstipp Der Erlebnispfad „Sinneswandel“ in Bad Boll ist einzigartig im Landkreis Göppingen und darüber hinaus. Von Jürgen Schäfer

Beim „Roten Feld“ werden die Bäume regelmäßig mit roter Biofarbe ummantelt. Foto: pr
Beim „Roten Feld“ werden die Bäume regelmäßig mit roter Biofarbe ummantelt. Foto: pr

Auf nackter Erde, über Wurzeln, geht es ein bisschen rauf und runter, neben einem Bach sprießt es bärlauchgrün. Licht flutet durch die Wipfel der Bäume, die hier am Wasser stehen und unglaublich hoch hinaufgeschossen sind. Ein schöner Trampelpfad. Man muss freilich schauen, damit man sicheren Tritts geht, und jetzt noch besonders, weil es steil hochgeht, und plötzlich wird der Horizont weit, und man hat einen Platz vor Augen, der kultisch wirkt. Als hätten hier Riesen kleine Felsbrocken in den Boden gesteckt, schön regelmäßig im Kreis.

Riesen waren’s nicht, aber gesteckt ist richtig: Das Felsenlabyrinth ist eine Station des Naturerlebnispfads Sinneswandel. Bad Bolls Bürgermeister Hans-Rudi Bührle kennt nichts Vergleichbares. Allein schon das Felsenlabyrinth. Steinbrocken, die Kinder und Erwachsene begeistern, an denen man so ein bisschen herumturnen kann, und in dessen Mitte eine kolossale Eiche steht. „Mindestens 400 Jahre ist sie alt“, sagt der frühere Revierförster Martin Gerspacher.

Vor gut zehn Jahren wurde der „Sinneswandel geschaffen“, und am Anfang wurde mit den Bürgern stark diskutiert. Förster Gerspacher und der Schultes haben den Anstoß gegeben, aus dem beiderseitigen Gefühl heraus, dass der alte Wald-Lehrpfad, den es hier gab, nicht mehr zeitgemäß ist. Auch wenn auf Tafeln noch so schöne Einblicke in die Natur stehen. „Wer will das lesen?“, fragte sich Gerspacher. Natur hautnah erleben, den Wald mit den Sinnen erfassen, das schwebte ihnen vor. So war die Idee zum „Sinneswandel“ geboren, und viele brachten sich ein. Es gab Arbeitsgruppen über ein Jahr lang, bis zu 20 Leute erdachten elf Stationen für den Rundweg, der am Badwäldle startet und hier auch endet - am Grill- und Spielplatz. Das passt wunderbar für Familien. „Der Rundweg schlängelt sich um zwei parallele Bachläufe“, sagt Gerspacher.

TÜV kontrolliert Stationen

An den Stationen hat man sehr gefeilt. Zum Beispiel bei der Baumbrücke, die schon kurz nach der Huteeiche über den Bach führt: Wie bei einem Viadukt gibt es Hölzer, die in die Bachklinge gesteckt sind und eine Eiche tragen, die über die Klinge gelegt ist. Das Brückle ist schmal, gerade mal zwei Fußbreit, und fürsorglich ragt ein Brückengeländer so hoch, dass nun wirklich keiner runterfallen kann. Trotzdem musste das vom TÜV abgenommen werden, wie auch die anderen Stationen.

Schon TÜV-sicher erworben sind auch die Baumwipfelmatten. Robuste, leicht schalenförmige Konstruktionen aus Holz, die an Bäumen aufgehängt sind. „Langsam schaukeln uns die Bäume in Entspannung“ heißt es im Flyer, und es sollen hier sogar schon Leute übernachtet haben. Bad Boll ist damals günstig zu der hölzernen Hängematte gekommen. Sie gehörte zur Landesgartenschau in Bad Rappenau und wurde dort nicht mehr gebraucht.

Kunst in Rot

An einer anderen Station wird es farbig: Beim „Roten Feld“ sind die mitten im Wald stehenden Buchen und Kiefern rot bemalt. Erst letztes Jahr haben die Forstwirte Martin Schöllkopf und Alexander Kretzschmar die Stämme neu besprüht, mit Biofarbe, versteht sich. Doch bis heute scheiden sich die Geister an diesem „Kunstraum“: Was sagen uns die roten Bäume, die auf einem kahlgefegten Boden stehen? Ein Märchenwald? Eine verfremdete Natur, die auf die Schönheit der „richtigen“ verweist? Gerspacher hat manche Kritik gehört. Er findet das Experiment gut. Weil es die Besucher zum Nachdenken anregt.