Weilheim und Umgebung
In den Slums mangelt es an allem

Corona Armin und Inge Bedke aus Weilheim sind Gründungsmitglieder des „Kinderwerk Lima“ und sehen die aktuelle Entwicklung in Peru mit Sorgen. Von Irene Strifler

Die Corona-Pandemie hat die Welt fest im Griff. Besonders hart trifft es wirtschaftlich schwache Länder wie das südamerikanische Peru. Dort versucht das „Kinderwerk Lima“, die größte Not zu lindern und den ärmsten Kindern einen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Zu den Gründungsmitgliedern des Kinderwerks zählen Armin und Inge Bedke aus Weilheim. Vielen sind sie ein Begriff, weil Armin Bedke 18 Jahre lang, bis 1999, Pfarrer in Owen war.

Doch das Engagement für die Ärmsten in Peru hat Wurzeln, die noch weiter zurückreichen. Damals lebte das Paar in Heidenheim, und Armin Bedke arbeitete als Gießerei-Techniker bei der Firma Voith. Ein brasilianischer Missionar, der in Peru tätig gewesen war, besuchte Heidenheim und schilderte dort das Leid und die Armut in den Slums um Lima. Fortan formierte sich das internationale christliche Kinderwerk Lima. Als Erstes wurde ein Kindergarten gebaut. „Dazu musste erst mal eine Fläche an den kargen, steilen Andenhängen planiert werden“, erinnert sich Bedke.

An die armen Familien, die in Häusern aus Müll in den Slums leben, werden Grundnahrungsmittel verteilt. Dennoch fehlt es derzeit

Den armen Familien fehlt es derzeit an allem, Bildung bleibt auf der Strecke. Fotos: privat

Längst ist der Kindergarten, unter anderem mit Unterstützung der Firma Voith, um Schulen, Werkstätten und vieles andere erweitert worden. Der Verein engagiert sich auch in Paraguay.

Jetzt aber hat Corona die ganze Region zurückgeworfen. Das Gesundheitssystem in Peru ist schon vor Monaten zusammengebrochen. Auch die ökonomischen Folgen sind dramatisch. Fast drei Viertel der Bevölkerung in der Hauptstadt Lima arbeiten als Tagelöhner, Hausangestellte oder Straßenverkäufer. Durch die Ausgangssperren haben sie ihr Einkommen verloren. Staatliche Unterstützung bekommen die Betroffenen nicht. Es fehlt am Allernötigsten, selbst am „täglichen Brot“.

Das Kinderwerk kämpft gegen diese Not mit Lebensmittelpaketen, die Grundnahrungsmittel wie Reis, Linsen, Nudeln und Öl enthalten. Vor der Pandemie wurden täglich rund 2500 Kinder mit Essen versorgt. Seit März 2020 werden Lebensmittelpakete an über 4000 Familien geliefert, das sind rund 21 000 Menschen.

Grundnahrungsmittel für die Ärmsten.

Hinzu kommt, dass alle Schulen geschlossen wurden. Präsenzunterricht blieb das ganze Jahr über verboten. Zudem wurden ab März alle Kinder bis zwölf Jahren sowie Senioren in häusliche Quarantäne geschickt. Erst im November, acht Monate später, wurde die häusliche Quarantäne gelockert. In den engen Hütten der Armensiedlungen, in denen ganze Familien in einem einzigen Zimmer leben, kam es zu erheblichen Konflikten. Existenznöte, Krankheit und fehlende Zukunftsperspektiven zermürben die Menschen. Die Auswirkungen sind verheerend.

Die Schulen des Kinderwerks Lima gehörten zu den ersten Schulen im ganzen Land, die Fernunterricht anboten. Die Lehrer stellten meist telefonisch den Kontakt zu ihren Schülern her. Oft müssen sich mehrere Kinder mit ihren Geschwistern ein Smartphone teilen, sollten aber alle zur selben Zeit am Unterricht teilnehmen. Gebraucht wird das Smartphone aber eigentlich von den Eltern. Die Gefahr ist groß, dass gerade Kinder, deren Förderung und Begleitung besonders wichtig ist, gar nicht am Fernunterricht teilnehmen könnten. Mithilfe von Spenden aus Deutschland und der Schweiz wurden vom Kinderwerk Lima 300 Smartphones samt Internetzugang angeschafft, die leihweise ausgegeben werden.

Noch ist nicht klar, ob und wie im Jahr 2021 Unterricht möglich wird. Die Mitarbeiter des Kinderwerkes suchen den Kontakt zu den Bedürftigen und überreichen nicht nur Lebensmittel, sondern auch Hoffnung und die Gewissheit, dass die Not leidenden Menschen nicht vergessen sind. Schulpastoren kontaktieren via Internet Eltern und Schüler. Die Pandemie und ihre Folgen sind aber längst nicht überwunden. Es zeigt sich, dass bedürftige Menschen, die in armen Nationen leben, dem Virus und seinen Begleiterscheinungen nahezu schutzlos ausgeliefert sind und dringend Unterstützung brauchen. Nur dank Spenden aus Deutschland und der Schweiz konnte das „Kinderwerk Lima“ seine Hilfsmaßnahmen durchführen. Mitarbeiter, Lehrkräfte und Schüler an den Schulzentren hoffen darauf, dass bald wieder eine Rückkehr zum „Normalbetrieb“ möglich ist. Von spielenden und lachenden Kindern auf den Schulhöfen ist man in den Slums von Lima noch weit entfernt. „Im Moment sitzen alle Betroffenen verlassen in ihren armseligen Hütten“, bedauert Armin Bedke.

1 Weiterführende Infos finden Interessierte unter www.kinderwerk-lima.de