Weilheim und Umgebung
Innovative Technik trifft auf moderne Architektur

Unternehmenswegzug Die Kirchheimer Firma Ortlieb verlässt die Teckstadt und zieht in den nächsten Wochen nach Zell unter Aichelberg um. Der Betrieb wurde im Landkreis Göppingen mit offenen Armen empfangen. Von Iris Häfner

Industriekomplexe und Ästhetik müssen sich nicht ausschließen. Diesen Beweis liefert die noch in Kirchheim ansässige Firma Ortlieb. Maßgeblich für die ins Auge fallende Architektur verantwortlich ist Dr. Dieter Simpfendörfer – Geschäftsführer, Ingenieur und Kunstsammler in Personalunion. Mangels adäquatem Angebot der Teckstadt hat es ihn mit seinem Betrieb über die Kreisgrenze nach Zell unter Aichelberg verschlagen, wo er mit offenen Armen empfangen wurde.
„Die beengten Produktionsverhältnisse und die überkommene Gebäudesubstanz in der Dettinger Straße in Kirchheim sind der Grund für den Neubau“, sagt Dieter Simpfendörfer. Das Grundstück im Zeller Gewerbepark „Wängen“ hat eine Größe von 14 500 Quadratmetern zuzüglich einer Optionsfläche von weiteren 5 500 Quadratmetern. Die Nutzfläche der Halle beträgt 5 800 Quadratmeter, das Verwaltungsgebäude 2 200. „Wir können hier bis zu 130 Mitarbeiter beschäftigen, im Moment haben wir rund 80“, erklärt der Geschäftsführer. Doch damit nicht genug: „Wenn die Situation es erfordert, können wir die Personalkapazitäten auf 200 bis 300 Mitarbeiter erweitern“. Fast alle Mitarbeiter gehen mit nach Zell, einige wenige sind nicht motorisiert und scheitern an den schwierigen Verbindungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Die Bauarbeiter und Handwerker wuseln noch an allen Ecken und Enden durch die große Produktionshalle und den Verwaltungsbau. Einem Ufo gleich, dockt der lichtdurchflutete Halbrundbau an die Produktionshalle an. Welcher Geist hier weht, wird dem Besucher schon im Eingangsbereich bewusst. „Hier wird eine Skulptur von Jan Meyer-Rogge stehen. Das Kunstwerk hat eine Art Wächterfunktion“, sagt Dieter Simpfendörfer und zeigt auf das solide Fundament, auf dem es künftig stehen wird. Das ist auch nötig: Es ist etwa drei Tonnen schwer und rund 2,80 Meter hoch. Den großzügig gestalteten Innenraum des Verwaltungsgebäudes wird ein Werk des Stuttgarter Künstlers Camill Leberer schmücken, mit dem der Firmenchef befreundet ist.
Dieter Simpfendörfer lebt mit der Kunst, sie soll deshalb auch Einzug in das Firmengebäude halten im Einklang mit der Architektur, denn ein attraktives Arbeitsumfeld für seine Mitarbeiter liegt dem umtriebigen Macher am Herzen. „Ich sehe das Gebäude als Gesamtbauwerk. Über Industriearchitektur lässt sich Identität mit dem Betrieb schaffen. Die Menschen merken, ob sie willkommen sind oder nicht. Meine Mitarbeiter müssen keine Bittsteller sein – sie sind ein hohes Gut“, sagt Dieter Simpfendörfer. Er ist überzeugt davon, dass ihm das neue Firmengebäude hilft, gut qualifizierte Fachkräfte leichter akquirieren zu können als dies jetzt in dem vergleichsweise bescheidenen und alten Bau in Kirchheim der Fall ist.
Auch die Technik hat es in sich, der Geschäftsführer setzt auf die neuesten Umweltstandards. „Das Gebäudeensemble dürfte eines der technisch anspruchsvollsten und innovativsten Industriebauwerke Baden-Württembergs und darüber hinaus sein“, sagt er selbstbewusst. Die Abwärme der Maschinen sorgt sowohl für die Heizung als auch die Kühlung des Gebäudes. In der Halle gibt es einen Luftaustausch von 60 000 bis 80 000 Kubikmetern pro Stunde und weitere 17 000 im Verwaltungsrund. Dazu kommt noch eine Fotovoltaikanlage auf dem Hallendach. Sie produziert etwa 370 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Zu 85 Prozent wird diese Energie von der Firma Ortlieb selbst genutzt. Das ist etwa ein Drittel des durchschnittlichen Strombedarfs. „Wir wollen so weit wie möglich energieautark sein“, sagt Dieter Simpfendörfer über sein Konzept.