Weilheim und Umgebung

Junge Rittersleut’ und alte Weisen

Mittelalter Der dritte Zähringer-Markt lockte Tausende Besucher nach Weilheim. Historische Lieder, Schwertkämpfe und Zauberkunststücke sorgen für Begeisterung. Von Daniela Haußmann

Thelonius Dilldapp und Severin der Jüngere sorgten beim Weilheimer Zähringer-Markt für Mittelalter-Flair. Foto: Daniela Haußmann
Thelonius Dilldapp und Severin der Jüngere sorgten beim Weilheimer Zähringer-Markt für Mittelalter-Flair. Foto: Daniela Haußmann

Thelonius Dilldapp und Severin der Jüngere lassen sich einiges einfallen, um die Gäste auf den Marktplatz im Herzen der Zähringerstadt Weilheim zu locken. Mit Schlüsselfidel, Flöte und Laute stimmen die Spielleute vor dem Stadtbrunnen historische Lieder an. Schulter an Schulter scharen sich die Besucher zwischen Rathaus und Kirche, um Klängen aus einer anderen Zeit zu lauschen. „Under der linden“, ein Stück Walthers von der Vogelweide, ist eines von wenigen wirklich mittelalterlichen Liedern, die Thelonius und Severin zum Besten geben.

Es sind vor allem barocke und romantische Nachempfindungen des Mittelalters, die bis in die hintersten Winkel der Gassen schallen und die Menschen beim dritten Zähringer-Markt zum Flanieren und Verweilen einladen. Als die beiden Mainzer Künstler einen Dudelsack aus ihrem Holzkarren ziehen, kommen einige Zuschauer ins Grübeln. Über 400 Jahre lang war die Sackpfeife in Schwaben ein weit verbreitetes Instrument. „Noch bevor der Dudelsack Schottland erreichte, wurde bei uns auf ihm gespielt“, klärt Thelonius auf. Ob Fürst, Bürger, Schäfer, Bauer oder Knecht, zu den Klängen des Holzblasinstruments wurde in früheren Zeiten gesungen und getanzt. „Mit den Kreuzzügen kam die Sackpfeife aus Indien nach Europa, wo sie sich in unterschiedlichster Bauart verbreitete“, so der Spielmann.

Während die aus dem Raum Kirchheim stammende Mittelalter- und Bogenschützengruppe Pfeilgesindel auf dem Marktplatz Schwerter und Harnische im Streit erklingen lässt, prägt Uwe Steinmann im Schatten der Kirche Drachenmünzen. Mit einer Kraft von 300 Tonnen wird der Drache, der sich auf der Unterseite des Stempels befindet, ins Messing gestanzt - für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ein faszinierendes Spektakel. „In früheren Zeiten war Deutschland in zahllose Kleinstaaten zersplittert. Jeder hatte sein eigenes Geld, das aus Gold, Bronze oder Silber bestand“, erzählt Uwe Steinmann. „Diese Metalle sind deutlich weicher als Messing und daher mit Hammer und Stempel leicht zu prägen.“

Der Flickenteppich an Kleinstaaten bescherte dem Hobbyhistoriker zufolge vor allem Geldwechslern ein gutes Geschäft. Bei jedem Grenzübertritt wurde über das Metallgewicht der Wechselkurs bestimmt, und dabei fiel natürlich auch für den Wechsler etwas ab: „Der Zähringertaler war also längst nicht überall ein anerkanntes Zahlungsmittel.“

Neben schwäbischem Feuerwasser, Gsälz von heimischen Streuobstwiesen, lokalen Kräutermischungen und handwerklichen Produkten sorgt - hinter den 23 Marktständen versteckt - das Pferdchenspiel für Begeisterung. Dabei handelt es sich um ein Angebot des Vereins zur Pflege des Brauchtums Schelklingen. Auf einem Holzpferd, das am Seil über eine hölzerne Bahn gezogen wird, stechen junge Rittersleut’ mit der Lanze einen Kranz von einem rund zwei Meter hohen Balken. Nicht nur die Kinder, auch zahlreiche Eltern finden es gut, dass beim Zähringer-Markt auch allerhand für die Kleinen geboten ist.

Dass sich der Zähringer-Markt auf dem besten Weg befindet, Kultstatus zu erreichen, zeigt für Bürgermeister Johannes Züfle die Resonanz. „Ich merke, dass deutlich mehr Menschen dieses Angebot wahrnehmen. Ich denke, dass sich herumgesprochen hat, was wir hier bieten.“ Immerhin hat Weilheim seit 1319 das Marktrecht. Schon im Mittelalter wurde deshalb im Herzen Weilheims wöchentlich Handel betrieben, wie Stadtführerin Elisabeth Bosch weiß. Mit dem Zähringer-Markt bewegt sich die Stadt also innerhalb einer weit zurückreichenden Tradition, die zwischenzeitlich Tausende Besucher aus Nah und Fern in ihren Bann zieht.