Weilheim und Umgebung

Keine Reden, keine Plakate

Björn Eckel aus Holzmaden tritt als Einzelbewerber zur Landtagswahl am 13. März an

Chancen und Prognosen ­interessieren ihn nicht. ­"Alle jammern nur. Ich möchte was tun." Auch wenn nicht viel mehr als Symbolik von seiner Kandidatur ausgeht, der ­26-jährige Björn Eckel aus ­Holzmaden ist einer von drei Einzelbewerbern bei der Landtagswahl in einer ­Woche.

Wirbt für mehr Chancengleichheit in Ausbildung und Beruf: Björn Eckel lebt selbst seit seiner Geburt mit einer Behinderung.Foto:

Wirbt für mehr Chancengleichheit in Ausbildung und Beruf: Björn Eckel lebt seit seiner Geburt mit einer Behinderung. Foto: Carsten Riedl

Holzmaden. Das Landeswahlrecht macht's möglich. Drei Einzelbewerber im Land werden am 13. März auf dem Stimmzettel stehen, wenn 7,7 Millionen Wahlberechtigte in Baden-Württemberg zum Urnengang gerufen sind. 789 Kandidaten gehen für eine der insgesamt 22 zur Wahl zugelassenen Parteien an den Start. Nur drei haben weder Parteibuch noch einen Ersatzkandidaten, und ihr Wahlprogramm, das sind sie selbst.

Björn Eckel hat im Einzelkampf Erfahrung. Der 26-Jährige aus Holzmaden ist mit einem Handicap zur Welt gekommen. Er ist eines von jährlich mehreren Tausend sogenannten Cleft-Kindern, die mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte leben müssen. Sieben Operationen musste er bisher über sich ergehen lassen. Mit Erfolg. Sein Äußeres lässt kaum mehr auf sein Schicksal schließen. Lediglich Sprache und Gehör sind nach wie vor beeinträchtigt. Gehör, das will er sich nun auf andere Weise verschaffen.

Im Oktober hat er sich entschieden, als Einzelbewerber bei der Landtagswahl anzutreten. Eine spontane Entscheidung, von der eine Botschaft ausgehen soll, wie er sagt. Er will die Aufmerksamkeit auf Kinder lenken, die ein ähnliches Schicksal haben wie er, die wegen ihres andersartigen Aussehens benachteiligt und isoliert würden. Die Familie, Bekannte und Freunde haben ihn dabei unterstützt und ermutigt, schließlich galt es bis zum Bewerber-Stichtag Mitte Januar, 150 Unterstützer-Unterschriften zu sammeln. So will es das Wahlgesetz.

Seit 19. Januar steht sein Name auf der Liste der zugelassenen Bewerber im Wahlkreis Kirchheim. Über Facebook hält er Kontakt mit seinen beiden Mitstreitern in den Wahlbezirken Schwäbisch Hall und Biberach. Ob er sich nun wie ein richtiger Politiker fühle? "Ich mache keinen richtigen Wahlkampf und häng‘ auch keine Plakate auf", meint Björn Eckel. Sein Wahlkampf-Budget umfasst knapp hundert Euro. Davon hat er 5 000 Flyer drucken lassen und sich im Fotostudio ablichten lassen. So viel Ernsthaftigkeit muss sein.

Vieles von dem, was er als sein Wahlprogramm beschreibt, scheint bei der Konkurrenz abgekupfert zu sein, auch wenn er der Einzige auf dem Stimmzettel sein dürfte, bei dem das Thema Flüchtlinge nirgendwo auftaucht. Ihm sind andere Punkte wichtiger. Wenn er für mehr Chancengleichheit im Beruf kämpfen will, dann steht dahinter seine eigene Geschichte. Oder wie er sagt: "Das Programm bin ich." Im Berufsbildungswerk der Paulinenpflege in Winnenden hat er sich 2012 zum Fachwerker im Malerhandwerk ausbilden lassen. Doch er wollte mehr: eine Regelausbildung, ein normales Berufsleben, Anerkennung. In einem Malereifachbetrieb in Weilheim hat man ihm die Chance gegeben, und er hat sie genutzt. Inzwischen arbeitet er als Malergeselle zur Zufriedenheit von Arbeitgeber und Kunden.

Am 13. März setzt er auf die Vielzahl unentschlossener Wähler. Ansonsten sei er ganz entspannt. Falls das Wetter gut sein sollte, meint Björn Eckel, werde er am Wahlsonntag einen ausgedehnten Spaziergang unternehmen – und am Montag mal sachte im Landratsamt anklopfen, ob irgendjemand sein Ergebnis kennt.