Weilheim und Umgebung

Kita-Planung sorgt für Ärger

Betreuung Der Weilheimer Gemeinderat ist mit den Entwürfen des beauftragten Architekturbüros unzufrieden. Auch wenn die Zeit drängt, wollen die Räte Alternativen sehen. Von Bianca Lütz-Holoch

Der Standort steht fest: Die Kita soll an der Schellingstraße hinter Wühle-Sporthalle und Jugendtreff gebaut werden.Foto: Jean-L
Der Standort steht fest: Die Kita soll an der Schellingstraße hinter Wühle-Sporthalle und Jugendtreff gebaut werden. Foto: Jean-Luc Jacques

Eigentlich sollte es an dem Abend nur um den richtigen Platz für die neue Weilheimer Kindertagesstätte gehen. Die Standortfrage - die Wahl fiel geschlossen auf die Schellingstraße - war dann aber schnell abgehakt. Dafür ging es um die Kosten für den Neubau, die Entwürfe und darum, wie sie präsentiert wurden.

Gemeinderat Rainer Bauer (UWV) stieß sich an der Kostensteigerung. „Im März haben wir den Haushaltsplan verabschiedet, in dem 1,8 Millionen Euro für die Kita eingestellt sind.“ Einen Monat später gehe man von 2,9 Millionen Euro aus. „Die Verwaltung muss doch schon bei der Haushaltsverabschiedung gewusst haben, dass 1,8 Millionen nicht reichen“, mutmaßte er. Dagegen wehrte sich Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle: „Die Kosten sind enorm gestiegen - aber sie lagen uns nicht früher vor“, betonte er. Auch die Stadt habe erst kurzfristig vom Architekten erfahren, dass die Hochkonjunktur die Zahlen nach oben getrieben habe.

Steffen Meckes (SBV) thematisierte den Grundriss, den Architekt Jens Rannow vorgelegt hatte. Vorgesehen ist ein Komplex, der einer Hand mit Fingern ähnelt - in jedem Finger ist eine Kita-Gruppe untergebracht. Zunächst wird es drei Gruppen geben, später kann auf fünf erweitert werden. Mit Erweiterung würde die Kita rund vier Millionen Euro kosten. „Wenn so verschachtelt gebaut wird, ist es doch viel teurer als ohne Ecken und Kanten“, gab Steffen Meckes zu bedenken. „Ich wünsche mir eine Alternative dazu.“

Der gleichen Ansicht war Bernd Kautter (UWV): „Bei so vielen Außenwänden ist die Sanierung und Unterhaltung des Gebäudes zu teuer“, sagte er und fügte hinzu: „Was an dieser Geschichte clever sein soll, erschließt sich mir nicht.“ Damit spielte er auf das Konzept „Die clevere Kita“ an, das das Architekturbüro gemeinsam mit der Stadt Ulm entwickelt hat. Die Architekten werben damit, schnell und kostengünstig kindgerechte Kitas zu bauen.

Kritik übte Kautter auch an dem Material, das Architekt Jens Rannow dem Gremium vorab zur Verfügung gestellt hatte: „Das ist doch keine Vorentwurfsplanung, sondern sieht aus wie Skizzen aus dem ersten Lehrjahr“, ging er auf die handgezeichneten Entwürfe ein. Die sprach auch Martin Pfauth (SBV) an: „Es wäre hilfreich, wenn man die Schrift lesen könnte.“ Er sprach sich dafür aus, erst einmal „durchzuschnaufen“ und noch mal anders zu planen. Ähnlich sah es Gerd Sindlinger (UWV): „Wenn die Kosten so gestiegen sind, sollten wir es vielleicht doch erst mit Containern oder Modulen versuchen, bevor wir einem Neubau ohne Alternative zustimmen.“ Rainer Bauer verwies darauf, dass man beim Kindergarten Bahnhofstraße damals einen Architekten-Wettbewerb ausgelobt habe. „Und jetzt heißt es, es pressiert.“

Dringend Kita-Plätze benötigt

Bürgermeister Johannes Züfle stellte klar, wie dringend Weilheim eine neue Kita braucht. „Wir sind quasi voll im U3- und im Ü3-Bereich“, betonte er. „Und es gibt nun mal einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.“ Jede Verzögerung werfe die Stadt in der Planung um Wochen zurück.

Stadtverwaltung und Architekt verteidigten die Entwürfe. „Wir wollen alle Gruppenräume nach Süden ausrichten und von der Schule absetzen“, erläuterte Jens Rannow. Da das Gebäude quasi Passivhaus-Standard habe, sei Energieverlust durch Außenwände kein Thema. Zu den Kosten sagte er: „Wenn man sich dafür entscheidet, statt einem Passat einen Mercedes zu kaufen, dann wird es eben teurer.“ Kurt Linsenmayer vom Hochbauamt der Stadt gab zu bedenken, dass auch der Kindergarten Bahnhofstraße verschachtelt gebaut sei. „Er hat lediglich ein durchgängiges Dach, auch über den Freiflächen, deshalb wirkt er anders.“

Dr. Hansjörg Egerer (FWV) befürwortete den Bau gemäß dem Vorschlag: „Ich kann mich mit dem Entwurf anfreunden“, sagte er. „Ich sehe den harten Zeitplan, schließlich wollen wir Anfang nächsten Jahres Kinder dort unterbringen.“ Eine Mehrheit des Gemeinderats jedoch stimmte dem Antrag Bernd Kautters zu. Er hatte gefordert, das Architekturbüro möge zunächst Alternativen zu dem Entwurf vorlegen, bevor weitergeplant wird.

Partnerwahl mit Bedacht

Dass die Chemie zwischen dem Weilheimer Gemeinderat und dem renommierten Ulmer Architekturbüro nicht stimmt, hatte sich schon im Februar abgezeichnet. Jetzt hat eine Mehrheit der Bürgervertreter angesichts der Kosten und der Entwürfe des Büros für den Kita-Neubau erst einmal die Notbremse gezogen und Alternativen gefordert. Zu Recht.

Denn zum einen ist der Ärger der Räte über das vorgelegte Material verständlich: Von Hand gemalte Skizzen, unleserliche oder fehlende Beschriftungen und der Verzicht auf professionelle Karten und Pläne lassen daran zweifeln, ob der Architekt das - für Weilheim durchaus große - Projekt überhaupt ernst nimmt.

Zum anderen liegt die Kostenschätzung für die Kita nun bereits um 1,1 Millionen höher als noch im März. Da ist es nicht nur legitim, sondern sogar die Pflicht des Ratsgremiums, günstigere Alternativen zu fordern.

Dass der Architekt sein Konzept selbst auch noch als „Mercedes“ unter den Kitas bezeichnet, für das eben höhere Kosten entstehen, wirft Zweifel auf, ob er überhaupt der richtige Partner für die Stadt ist.

So einfach rückgängig machen lässt sich die Beauftragung des Architekturbüros nicht. Die Beteiligten können jetzt nur versuchen, trotzdem gemeinsam eine gute, bezahlbare und für alle akzeptable Lösung zu finden.

Für die Zukunft können Stadtverwaltung und Gemeinderat aber daraus lernen: Auf Schnellschüsse sollten sie bei großen Projekten besser verzichten - auch wenn es eilt. Seinen Partner mit Bedacht zu wählen, kann später nämlich viel Ärger, Zeit und Kosten sparen. Bianca Lütz-Holoch