Weilheim und Umgebung

Knackpunkt Albaufstieg

Diskussion mit Andreas Schwarz zur nachhaltigen Mobilität

Wie organisieren wir den Verkehr im Landkreis Esslingen? Eine Frage, die sich der Grünen-Landtagsabgeordnete Andreas Schwarz zunächst selbst stellen musste. Der Streik der Lokführer machte ihm nämlich einen Strich durch die Rechnung, mit öffentlichen Verkehrsmitteln pünktlich von Stuttgart nach Weilheim zu kommen.

Die Weilheimer wünschen sich bessere Busanbindungen.Foto: Deniz Calagan
Die Weilheimer wünschen sich bessere Busanbindungen.Foto: Deniz Calagan

Weilheim. Mit 20 Minuten Verspätung gab Schwarz dann in der Zähringer Stube zunächst einen Überblick zum Thema. Etwa ein Drittel der CO2-Emissionen kommen durch den Verkehr zustande. Da das Klimaschutzgesetz des Landes bis 2050 eine Reduktion beim Verkehr um die Hälfte vorsieht, bietet das nach Ansicht von Schwarz einen starken Anreiz für technische und soziale Innovation.

Die Verkehrsbelastung auf Straßen hat in den vergangenen Jahren lediglich leicht zugenommen. „Diese Zahlen verleiten uns dazu, vorrangig in die Erhaltung des vorhandenen Straßennetzes zu investieren“, sagte Schwarz und nannte die „Herkulesaufgabe“ Brückensanierung als Beispiel. Dabei liegt der Gesamtbedarf von elf Milliarden Euro weit über den verfügbaren Mitteln von jährlich 120 bis 230 Millionen Euro.

Nach dem Bundesverkehrswegeplan soll der Verkehr auf großräumigen Hauptachsen gebündelt werden. Dazu erstellt das Land ein eigenständiges Landeskonzept. Der Albaufstieg der A 8 sei hierbei besonders wichtig, weil er das Nadelöhr im Land ist. „Weshalb sage ich das als Grüner?“, fragte Andreas Schwarz seine Zuhörer und beantwortete sie auch gleich: „Wir wollen, dass vor allem der Schwerlastverkehr nicht übers Land fährt und auf die kleinen Steigen ausweicht.“ Für die 500 Millionen Euro, die der Ausbau des Albaufstieges kosten soll, erwartet Schwarz eine Sonderleistung vom Bund.

Der Bund forderte vom Land zunächst, die Finanzierung durch ein ÖPP-Modell (öffentlich-private Partnerschaft) zu ermöglichen. Das wäre eine Teilprivatisierung, die etwa durch eine separate Maut gedeckt werden könnte. Hierzu fand sich allerdings kein Interessent.

Für den Schienenverkehr geht es in erster Linie darum, flächendeckend attraktiver zu werden. Dazu soll es einen landesweiten Stundentakt von fünf Uhr bis Mitternacht geben. Zwischen den Oberzentren soll es stündliche Expresszüge geben. Moderne, klimatisierte Waggons, die barrierefrei und behindertengerecht zu nutzen sind, sollen die alten, inzwischen rot lackierten Silberlinge ablösen.

Erste Erfolge gibt es bereits. Insgesamt wird der Takt im Kreis dichter. So verkehrt der Interregioexpress (IRE) über Plochingen nach Lindau künftig stündlich.

Die Weilheimer wünschen sich eine bessere Busanbindung nach Göppingen. Die Zusammenarbeit mit dem Nachbarkreis gestaltet sich etwas mühsam. Immerhin gibt es nun einen Wanderbus zum Reußenstein. Den Einwurf eines Zuhörers, es gäbe doch bereits eine über hundertjährige Planung für eine Bahnlinie von Holzmaden über Weilheim und Boll nach Göppingen, konterte eine Frau mit der lakonischen Antwort: „Das wird auch noch mal über 100 Jahre dauern.“

Der S-Bahn-Ringschluss vom Flughafen nach Wendlingen wird wohl nicht in den nächsten Jahren zu verwirklichen sein. Diese Lücken sollen Expressbuslinien mit wenigen Haltepunkten schließen. Eine stündliche Verbindung von Kirchheim zu Messe und Flughafen soll im Dezember 2016 an den Start gehen.

Darüber hinaus soll ein einheitlicher Landestarif die Fahrten über Kreisgrenzen und die 22 Verkehrsverbünde hinweg deutlich vereinfachen. Auch hier wieder Thema: die unattraktiven Bedingungen bei Fahrten in den Kreis Göppingen.

Die Förderung des Fahrradverkehrs ist zwar ambitioniert – soll der Anteil doch von 8 auf 20 Prozent steigen. Schutzstreifen, Radwege und eine attraktive Infrastruktur wie Schließfächer kosten verhältnismäßig wenig Geld. „Den Großteil der innerstädtischen Strecken unter fünf Kilometern kann man mit dem Rad bewältigen,“ ist sich Andreas Schwarz sicher.

Nadelöhr beseitigenNachgefragt

Weshalb sind viele Planungen denn auf den Flughafen ausgerichtet? Fliegen ist ja nicht so ökologisch.

Schwarz: Es geht dabei nicht so sehr um den Flughafen als Flughafen, sondern um den Verkehrsknotenpunkt auf den Fildern. Es gibt hier gute Quermöglichkeiten, etwa zur Gäubahn nach Singen. Die Messe ist dort und auch viele Arbeitgeber.

Braucht man wirklich neue Waggons? Die Ressourcen für die alten sind doch schon verbraucht.

Schwarz: Die alten Waggons sind weder barrierefrei noch behindertengerecht. Und man muss sie zeitgemäß mit Klimaanlagen ausstatten. Die Deutsche Bahn verwendet immer noch ihr altes Material, da sie bisher ohne Konkurrenz war. Sie bekommt aber vom Land den überteuerten Betrag von 11 Euro pro Bahnkilometer und dazu die Einnahmen vom Fahrkartenverkauf. Wir wollen hier mehr Wettbewerb. Außerdem sollen das Land und seine Bürger profitieren und nicht bloß die DB.

Viele Autos kommen unnötig in Weilheim an, weil vor allem zu Ferienbeginn und an Wochenenden die Autobahn zu ist. Weshalb wurde denn klammheimlich die Ausfahrt Gruibingen geschlossen? Und wie geht es mit dem Albaufstieg nun weiter?

Schwarz: Die Frage nach der Ausfahrt Gruibingen nehme ich als Anregung mit. Für den Albaufstieg gab es im letzten Jahr eine Finanzierungszusage. Das heißt, wir können weiter planen. Die nötige tierökologische Prüfung und die Aktualisierung der Planfeststellungsunterlagen, die das Land bereitstellt, wird Anfang 2016 dem Bundesverkehrsministerium übergeben. Erst dann kann es vo­raussichtlich weitergehen. Denn es ist ganz klar im Landesinteresse, dieses Nadelöhr zu beseitigen.