Weilheim und Umgebung

Knackpunkt: Fairness für alle Schüler

Ohmden stellt Antrag auf Ganztagsschule – Halbtagskinder sollen täglich bis 13 Uhr betreut werden

Die Stimmung zwischen Befürwortern und Skeptikern ist immer noch gereizt. Beschlossene Sache ist aber, dass Ohmden beantragt, die Grundschule zum kommenden Schuljahr zur Ganztagsschule auszubauen. Geklärt ist zudem ein weiterer Punkt: Auch Halbtagskinder sollen künftig verlässlich bis 13 Uhr betreut werden.

Ein fairer Stundenplan für alle und eine verlässliche Betreuung für Halbtagskinder bis 13 Uhr - das haben Schulleiterin Gabriele
Ein fairer Stundenplan für alle und eine verlässliche Betreuung für Halbtagskinder bis 13 Uhr - das haben Schulleiterin Gabriele Seitz (Foto) und Bürgermeister Martin Funk versprochen. Foto: Jean-Luc Jacques

Ohmden. Ein weiterer Schritt in Richtung Ganztag ist getan: Bei einer Gegenstimme hat der Ohmdener Gemeinderat beschlossen, die Einführung einer Ganztagsschule in Wahlform zum Schuljahr 2016/2017 zu beantragen. Damit haben Schule und Gemeinde den Weg für den Ganztagsbetrieb geebnet. Ob er tatsächlich kommt, hängt allerdings von den Eltern ab: „Nur wenn es mindestens 25 Anmeldungen gibt, dann gibt es auch die Ganztagsschule“, sagte Ohmdens Schulleiterin Gabriele Seitz. Das gelte übrigens nicht nur für den Start, sondern jedes Schuljahr aufs Neue. Im April oder Mai rechnet Gabriele Seitz mit einem endgültigen Ergebnis. „Dann wird es auch eine Infoveranstaltung geben“, sagte die Schulleiterin.

Einige Eltern und Gemeinderäte hatten gefordert, dass vor den Anmeldungen ein Konzept und genaue Stundenpläne für Ganztags- und Halbtagskinder vorliegen müssten. „Es wurde versprochen, dass es eine Infoveranstaltung gibt, bevor der Antrag rausgeht – aber die gab es nicht. Die Eltern sind nicht informiert worden“, ärgerte sich Gemeinderätin Anja Bezler. Informationen hat es aus Sicht von Bürgermeister und Schulleiterin dagegen genügend gegeben – und auch an der Reihenfolge sei nicht zu rütteln: „Vor dem ,Wie‘ kommt das ,Ob‘“, formulierte es Martin Funk, und Gabriele Seitz führte aus: „Erst wenn wir wissen, wie viele Kinder angemeldet werden, können wir sagen, wie das Konzept und der Stundenplan genau aussehen.“

Skeptisch zeigte sich Anja Bezler auch, ob der Ganztagsbetriebs tatsächlich Verbesserungen für alle bringe. Schließlich greife man in ein gut funktionierendes System aus Halbtagsschule und Kernzeitenbetreuung ein. „Mit dem Ganztagsbetrieb entfällt die Flexibilität“, kritisierte sie. Es gebe nun mal Familien, die nachmittags andere Aktivitäten bevorzugten oder ihre Kinder lieber zu Hause betreuen wollten. Diejenigen dürften nicht unter den Tisch gekehrt werden.

Fairness für alle war auch Daniela Haible-Lutz ein großes Anliegen. „Ich kann dem Ganztagsbetrieb nur zustimmen, wenn der Stundenplan auch für die Halbtagskinder fair ist“, betonte sie. Dieses Versprechen gab ihr Gabriele Seitz: „Wir wollen so viele Eltern wie möglich bedienen“, sagte die Schulleiterin. Der Musterstundenplan – der wegen der Schulendzeiten für Halbtagskinder im Vorfeld für Gerüchte und Ärger gesorgt hatte – sei lediglich eine pädagogische Idealvorstellung der Schule. „Man kann ihn anpassen, bei den Anfangs- und den Endzeiten“, betonte sie.

Beschlossen hat der Gemeinderat zudem, dass auch Halbtagskinder in Zukunft täglich bis 13 Uhr betreut werden sollen – an Tagen mit Nachmittagsschule bis zum Beginn des Nachmittagsunterrichts. „Wir haben die Kritik ernst genommen und wollen nun gemeinsam mit den Eltern eine Lösung finden“, sagte Ohmdens Bürgermeister Martin Funk. Wie die Betreuung aussehe, könne er noch nicht sagen. „Eine Möglichkeit wäre aber die Kindertagespflege“, sagte er. In jedem Fall kämen auf die Eltern aber Kosten zu.

Dass der Bedarf an umfassender Kinderbetreuung in Ohmden steige und die Ganztagsschule auch deshalb die logische Konsequenz sei, legte Gabriele Seitz dar: „Der Kernzeit-Bedarf ist jetzt schon groß und wird immer größer.“ Mittlerweile habe auch der Raum seine Grenzen erreicht, wie Bürgermeister Martin Funk betonte: „Und einen weiteren Raum haben wir nicht.“ Komme keine Ganztagsschule zustande und müsse die Kernzeitenbetreuung ausgebaut werden, stehe die Gemeinde vor einem Raumproblem – und die Eltern vor hohen Kosten. „Für eine zweite Kernzeitengruppe bekommen wir nämlich keine Förderung mehr“, so Funk.

Ein Zuviel gibt es nicht

Ob nun im Privatleben oder in der Politik: Ärger gibt es immer wieder, wenn zu wenig geredet wird. Den Vorwurf mangelnder Kommunikation und schlechter Informationspolitik in Sachen Ganztagsschule müssen sich nun auch Ohmdens Bürgermeister Martin Funk und Schulleiterin Gabriele Seitz gefallen lassen. Beide versichern, sie hätten Eltern und Gemeinderäte stets umfassend informiert. Das mag aus ihrer Sicht auch stimmen. Aber wenn die Wahrnehmung einiger Eltern und Gemeinderatsvertreter eine andere ist, dann ist etwas schiefgelaufen.

Statt auf ihrer Position zu beharren und die Ansicht zu vertreten, dass die Eltern schließlich auch auf sie hätten zukommen können, sollten sich Schulleitung und Rathauschef Gedanken darüber machen, wie sie ihre Kommunikation verbessern können.

Gelingt das nicht, gerät das gute und zukunftsweisende Projekt Ganztagsschule in Ohmden immer mehr in Verruf. Das schadet nicht nur dem Miteinander im Dorf, sondern gefährdet auch das Projekt. Denn, wie die Verantwortlichen selbst mehrfach betont haben: Letzten Endes entscheiden die Eltern mit den Anmeldungen, ob es eine Ganztagsschule geben wird oder nicht. Ein Zuviel an Kommunikation kann es da nicht geben, wohl aber ein Zuwenig. Und das gilt übrigens nicht nur fürs Thema Ganztagsschule.

BIANCA LÜTZ-HOLOCH