Weilheim und Umgebung
Krisen nehmen Betroffenen den Lebensmut 

Hilfsangebot Freitag, 9. September, ist der Welttag der Suizidprävention. Noch immer ist die Selbsttötung ein Tabuthema.

Kreis. Seit 1983 leistet der Arbeitskreis Leben (AKL) Krisenberatung und Suizidpräventionsarbeit im Landkreis. Der AKL wendet sich an Menschen, die eine krisenhafte Zeit durchleben. Die Auslöser dafür sind vielfältig und unterschiedlich. Beispielsweise kann einen der Tod eines nahestehende Menschen, ein Arbeitsplatzverlust, eine Trennung in eine Situation bringen, die aussichtslos erscheint und Menschen am Leben zweifeln und verzweifeln lässt. Manche Krisen können sich so zuspitzen, dass Betroffene sich fragen, wozu sie weiterleben sollen. Viele Menschen bleiben in ihrer Verzweiflung und Not alleine, entweder aus eigenem Entschluss oder weil sie mit niemandem darüber sprechen können. Der morgige 10. September, der Welttag der Suizidprävention, bietet den Anlass, das Thema Suizidalität ins Bewusstsein zu rücken. Im Landkreis starben im vergangenen Jahr 53 Menschen durch Suizid.

Dennoch ist das Wissen über das Thema Suizidalität, Krisen und Suizidprävention gesellschaftlich wenig verbreitet. „Einige Vorurteile über das Thema halten sich hartnäckig und verhindern eine Enttabuisierung. Immer wieder hören wir Menschen sagen, dass jemand, der davon spricht, sich das Leben zu nehmen, das doch sowieso nicht machen würde und nur Aufmerksamkeit will“, berichtet Lilly Weithofer. „Diese weit verbreitete Ansicht ist aber falsch. Dabei wird oft die verzweifelte Gefühlswelt der Betroffenen übersehen“, erklärt die Sozialarbeiterin.

Die meisten Menschen, die an Suizid denken, sind nicht sicher, dass sie sterben wollen. Die Spannung zwischen Todessehnsucht und dem Wunsch, anders weiterleben zu wollen, ist ein Merkmal. Das Leiden soll aufhören – nicht das Leben an sich. „Wir werden oft gefragt, wie man mit solchen Hinweisen auf Suizidalität gut umgehen sollte. Viele denken, dass es sicherer ist, mit einem Menschen in einer schweren Krise nicht über dieses Thema zu sprechen. Jedoch ist das Gegenteil der Fall: Wer bisher keine Suizidgedanken hatte, wird auch durch das Nachfragen keinen entwickeln“, erklärt AKL-Geschäftsführerin Alena Rögele. Für suizidgefährdete Menschen könne es eine echte Chance und eine Erleichterung sein, direkt darauf angesprochen zu werden, ob sie darüber nachdenken, nicht mehr leben zu wollen. Suizidgedanken oder -fantasien auszusprechen und im tatsächlichen Ausmaß der Verzweiflung wahrgenommen zu werden, sei entlas­tend.

Die Zahl nimmt ab

In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Zahl der Suizidtoten halbiert. In der selben Zeit intensivierte sich das Bemühen um die Enttabuisierung. Die Anzahl von Unterstützungsangeboten stieg und die Prävention wurde ver­stärkt. „Neben dem professionellen Beratungs­angebot durch Fachkräfte ist ein besonderes Angebot des AKL die Krisenbegleitung durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, berichtet Psychologin Hannah Brunold. „Das Hauptaugenmerk von Krisenbegleitung findet in der Begegnung auf Augenhöhe statt.“ 

Ein weiteres Angebot des Arbeitskreises Leben ist der offene Treff immer montags im Café ­Medla in Nürtingen. Unter dem ­Motto „Begegnung tut gut!“ gibt es die Möglichkeit, zwischen 15.30 und 18.30 Uhr mit anderen Gäs­ten sowie den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Treffs in Kontakt zu kommen. Im Mittelpunkt stehen das Miteinandersein und der Austausch untereinander. Der Treff ist für alle Personen offen, unabhängig von Alter, Lebenssituation, Geschlecht, Religion oder Nationalität. pm

 

Wer Interesse an den Angeboten hat, kann Kontakt zum AKL aufnehmen. Zu erreichen ist die Beratungsstelle unter der Nummer 0 70 22/1 92 98.